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Gesänge des Brigidenordens (Vox Silenti)

Memento mei. Mittelalterliche Ostergesänge

Info Musikrichtung: Mittelalter vokal VÖ: 18.04.2011 (Proprius / Naxos / CD / 2010 / DDD / Best. Nr. PRCD 2060) Gesamtspielzeit: 58:42

Nicht nur das Repertoire diese CD mit mittelalterlichen Gesängen zum Osterfest ist ungewöhnlich. Auch die Interpretation von Memento mei lässt aufhorchen. Johanna Korhonen und Hilkka-Liisa Vuori, die gemeinsam das Duo Vox Silenti bilden, haben für ihre inzwischen zehnte CD aus Sammlungen mit liturgischer Musik des Brigidenordens geschöpft. Für diese Musik haben sie nach eigenem Bekunden eine besondere Vorliebe, der sie durch ihre spezielle Interpretation Rechnung tragen.
Sie singen die Musik in hypnotischer Langsamkeit und in reiner Stimmung. Die Gewölbe der alten Kirchen, die sie für ihre Aufnahmen bevorzugen, reflektieren diese reinen Töne besonders schön und betten den Vokalklang in eine Art Nimbus aus Obertönen. Der Effekt ist sehr schön: Zwar sollen die frommen Texte ja eigentlich im Mittelpunkt stehen, doch ist es hier der völlig entrückte, überirdisch schwebende Klangeindruck, der gefangen nimmt. Engelmusik.
Obschon die beiden Damen das Programm ganz allein bestreiten, kommt keine Eintönigkeit auf. Jedes Stück wird individuell interpretiert: mal Unisono, mal solistisch, mal in einfacher organaler Zweistimmigkeit, dann wieder mit einem Bordunton unterlegt. Mitunter wird jeder Einzelton gestaltet. Herbe Reibungen und obertönige Färbungen kosten die SängerInnen mit großer Wachheit aus. Trotzdem hat die Darbietung nichts Angestrengtes, Gekünsteltes gar, sondern die Musik fließt ganz natürlich in ihrem ‚harmonischen Bett‘.
Der Sturm, der während der Aufnahme um die ehemalige Klosterkirche des Brigitten-Ordens im finnischen Naantali brauste, stört gar nicht, sondern vertieft den Eindruck räumlicher Weite eher noch. Ist eine solche mystische Versenkung in den Klang zu esoterisch? Wenn die Musik geistliche Musik und Seelenführer sein soll, der in die Tiefe des Augenblicks hineinführt, dann ist es so genau richtig! Mit dem Nazarener-Kitsch auf dem Coverfoto hat das nichts zu tun.

Georg Henkel