Flor, Ch. – Buxtehude, D – Mattheson, J. u. a. (Resch, R.)
Wenn ich nur Dich hab (Norddeutsche Barocklieder und -kantaten)
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Info |
Musikrichtung:
Barock Lied
VÖ: 04.11.2022
(Carpe Diem / Note 1 / CD / DDD / 2022 / Best. Nr. Carpe Diem Records CD 16330)
Gesamtspielzeit: 73:04
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ERSCHÜTTERND EXISTENZIELL
Eine außergewöhnliche Aufnahme und eine Sternstunde für dieses schwierige, noch immer etwas unbekannte Repertoire: Tenor Richard Resch und das Ensemble „La Silla“ interpretieren eine Auswahl von norddeutschen Barockliedern und -kantaten, die um das Thema Vergänglichkeit und Trauer, Erlösungshoffnung und Seelenfrieden kreisen.
Reschs charakteristische, baritonal eingedunkelte Stimme verfügt über einen leuchten Kern, wird von ihm dabei sehr diszipliniert und mit einem Minimum an Vibrato geführt. Der daraus resultierende Klang ist dennoch von bezwingender Intensität. Dabei will der Sänger mit seiner Gestaltung offenbar nicht einfach in geschmackvoller Weise „gefallen“ oder betören – was Resch mit seinem schönen Ton gleichwohl vermag – sondern existentiell berühren und erschüttern. Und dies gelingt ihm auf besondere Weise.
Abgesehen von Dieterich Buxtehude sind die auf dieser CD versammelten Komponisten nicht unbedingt populär, eher Nischenrepertoire. Dennoch haben Franz Tunder, Christian Flor oder auch Johann Mattheson wie die übrigen „Kleinmeister“ Substantielles zum deutschen Barock beigetragen, wie man hier hören kann.
Manche Stücke kennt man auch schon in anderen Interpretationen, auch in anderer Stimmlage. Doch dürfte man Matthesons überwältigende Absalom-Klage, Christian Flors sich zum Himmel ausstreckendes Bekenntnis „Inter Brachia Salvatoris mei“ oder auch den verhaltenen Jubel von Buxtehudes „Herr, wenn ich nur dich hab“ selten derart eindringlich und beseelt gehört haben.
Resch wägt dazu jedes Wort und die musikalische Rhetorik genau ab und scheut auch nicht vor starker, ergreifender Emphase und Schmerzenstönen zurück, ohne je ins Gekünstelte abzudriften. Das ist immer auch eine Gratwanderung, die dieser affektgeladenen Musik gleichwohl sehr gut ansteht. Die spannungsvolle Langsamkeit seines Vortrags und die vielen bestürzenden Momente tiefer Stille – man hält als Zuhörender dabei selbst den Atem an – steigern die Wirkung zusätzlich. So intensiv dargeboten rückt dieses scheinbar ferne Repertoire auf eine beunruhigende Weise an die heutigen Zuhörenden heran.
Dem korrespondiert die nicht minder sensible instrumentale Begleitung durch das Ensemble „La Silla“, bei dem die oft sehr sparsam eingerichtete Musik mitunter nur an einigen wenigen Tönen hängt. Der innere Reichtum dieser Musik verbirgt sich hinter vordergründiger, oft erzwungener Beschränkung der Mittel, eine Folge des Dreißigjährigen Krieges. Diesen Reichtum gerade in der strengen Einfachheit der Musik hörbar zu machen, ist eine große Kunst.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | Gottfried Philipp Flor: Neujahrskantate "Redet untereinander" |
2 | Christian Flor: Inter Brachia Salvatore mei; Es ist genug |
3 | Johann Friedrich Meister: Ach Herr, strafe mich nicht |
4 | Dieterich Buxtehude: Herr, wenn ich nur dich hab |
5 | Franz Tunder: An Wasserflüssen Babylon; Ach Herr, lass deine lieben Engelein |
6 | Nikolaus Bruhns: Wein, ach wein jetzt um die Wette |
7 | Johann Mattheson: Ach Absalom |
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Besetzung |
Richard Resch, Tenor
Ensemble „La Silla”
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