Faber
I fucking love my life
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Für mich hat der Schweizer Faber (eigentlich heißt ja die Band so und er Julian Pollina) zwei Alben bereitgestellt, die ganz oben ins Ranking gehören. Das liegt daran, dass ich ihn 2017 mit seinem Debüt nicht mitbekommen und erst dieses Jahr durch die wohl böseste (oder besser ehrlichste und wütendste) Single “Das Boot ist voll kennengelernt habe. Allein diese wohl bissigste und treffendste Beschreibung des Gefühls das mich Gutmensch überfällt, wenn ich an die Hutbürger denke, ist eine Sensation. Die herausgeschriene Wut zu dem düsteren, schon klassischen Piano und Streichersounds sind einfach nur beeindruckend. Danach musste ich mir natürlich seinen Erstling Sei ein Faber im Wind beschaffen und fand ein so ausgefeiltes, schwung- und gefühlvolles Album mit jazzig angehauchtem Chanson / Jazz / Rock / Pop mit extrem guten, rotzigen Texten und einer exzellenten Band vor.
Einen solchen Erstling und dann natürlich auch noch diese ungewöhnlich (gute) Single zu toppen scheint unmöglich. Meine Erwartungen waren auf jeden Fall sehr hoch.
Und diese bestätigt der Schweizer vollumfänglich. Musikalisch bleibt er dem erfolgreichen Konzept treu, lässt das Album mit einem mächtigen, sehnsuchtsvollen Streicherintro beginnen und steigt dann mit dem melancholischen und düsteren Intro zu “Highlight“ ein. Und da ist sie dann sofort, seine lakonische und doch sehnsüchtige Stimme, die sich langsam erhebt. Rhythmustruppe donnerst gleich los und die Bläser kommen sofort auf gute Betriebstemperatur und man ist voll im Album drin.
“Jung und Dumm“ scheppert dann gekonnt durch einen schnellen Parkour mit eingewobener Gitarre und einem beschwingten Piano. Und so treibt die Band weiter durch bekanntes, aber bekannt gutes Terrain. Und auch die schwere Single “Das Boot ist voll“ wird perfekt in das Album eingebaut. Nach einem klassischen Intro (was der Videoversion hinten anhängig war) eingeleitet, eröffnet es Seite zwei mächtig und wird dann gleich vom lakonisch-frechen “Generation Youporn“ in andere Stimmungsfelder getrieben. An manchen stellen hat man sich erlaubt etwas poppiger zu werden, so wird “Das Leben sei nur eine Zahl“ von schwebenden Keyboards zum vertrackten Rhythmus dominiert. Musikalisch schließt I fucking love my life also nahtlos an dem Vorgänger an, ist vielleicht noch ein Stück weit ausgefeilter und abwechslungsreicher, was schon eine starke Leistung ist.
Kommen wir dann zu den Texten und zur Gesangsdarbietung. Der Gesang ist genau der geblieben, für den wir Faber lieben. Rotzig, frech, lakonisch, wütend, verzweifelt und all das am besten in nur einem Stück. Textlich liefert er ebenfalls wieder Großes ab: ironische Selbstbeschreibungen “Highlight“, beißende Kritik an den modernen Medien und deren Nutzer (“Generation Youporn“), Vorführung von sexistischen Rappern “Top“ und zum Abschluss der arme verlassene Trinker, der besoffen und allein am Weihnachtsbaum sitzt („Heiligabig Ich Bi Bsoffe“). Und natürlich die politische Lagebeschreibung in “Das Boot ist voll“.
Und das ist mein einziger kleiner Kritikpunkt, wenn man sowas denn kritisieren darf. Von diesen politisch angehauchten ist es weniger, als ich erwartet hätte. Auf der anderen Seite bieten alle Texte wie gehabt Stoff zum Lachen, Weinen oder Wütendsein.
Er ist also wieder da, der Faber im Wind. Und wie.
Wolfgang Kabsch
Trackliste |
Seite A
Ouverture 1:24
Highlight 3:46
Jung Und Dumm 3:02
Top 3:29
Das Leben Sei Nur Eine Zahl 4:05
Seite B
Intermezzo 1:08
Das Boot Ist Voll 2:53
Generation Youporn 3:01
Nie Wieder 3:43
Sag Mir Wie Du Heisst Pt. 1 3:06
Sag Mir Wie Du Heisst Pt. 2 3:43
Seite C
Coda 1:11
Ihr Habt Meinen Segen 3:27
Vivaldi 3:11
Komm Her 6:19
Heiligabig Ich Bi Bsoffe 2:53
Seite D
Untitled Track 2:00 |
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Besetzung |
Faber (Julian Pollina): Gesang, Gitarre
illmann Ostendarp: Posaune, Schlagzeug
Goran Koč (bürgerlich Silvan Koch): Klavier, Orgel
Janos Mijnssen: E-Bass, Cello
Max Kämmerling: E-Gitarre, Darbuka, Bouzouki, Saxophon
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