Sun Ra
Fate In A Pleasant Mood+Bad And Beautiful plus
|
|
|
Ist man ein Freund dieses exzentrischen Musikers und besitzt die eine oder andere Platte noch nicht, so wird man mit dieser als Doppel-CD ausgelegten Veröffentlichung wahrlich belohnt.
So finden wir hier vier vollständige LPs: “Fate In Pleasant Mood“, “Bad And Beautiful“, “When Sun Comes Out“ und “Jazz By Sun Ra“, sowie vier Singles, alle 24 Bit digital remastered.
Die Platten stammen, in obiger Reihenfolge, aus den Jahren 1965(rec.1960), 1961, 1963, 1957.
Sun Ra lebte vom 22. Mai 1914 bis zum 30. Mai 1993 auf diesem Planeten. Sein Geburtsname lautet Herman “Sonny“ Blount. Musikalisch war er dem avantgardistischen und experimentellen Jazz im Umfeld des Bereichs Big Band anzusiedeln. Nicht Wenige bezeichnen ihn noch heute als Scharlatan, und so polarisierte er sogar unter Jazzfreunden, zwischen Genialität und Wahnsinn wird sein Werk angesiedelt. Unbestritten ist jedoch seine hohe Wichtigkeit innerhalb der Entwicklung neuer Ideen im Jazz, unter anderem in Verbindung mit dem Free Jazz. Was bleibt, ist der Mythos um seine Person, er, der oft behauptete, er sei gar nicht auf der Erde geboren, sondern stamme vom Planeten Saturn. So benannte er dann auch seine Plattenfirma, unter der unzählige Veröffentlichungen erschienen. Stets war er am Puls der Zeit und nahm aktuellen Strömungen mit in die Musik auf, egal, ob er vom akustischen Piano zum Synthesizer wechselte, oder ob er die sich verändernde Popularmusik der Sechziger integrierte.
Hinsichtlich seiner angeblichen Herkunft einst von einem Reporter befragt, schließlich stünde in seiner Geburtsurkunde Birmingham, Alabama als Geburtsort, soll der Musiker mit der Frage geantwortet haben, ob der Reporter nicht den Song „“Stars Fell On Alabama“ kennen würde. Dieses würde es letztlich erklären. Nun, wohin Sun Ra letztlich nach seinem Tode entschwand, bleibt uns verborgen, sein weltlicher Körper ist jedoch zu Grabe getragen worden auf dem Elmwood Cemetery in Birmingham, auf dem Grabstein ist zu lesen: "Herman Sonny Blount aka Le Sony'r Ra".
Die verschiedenen Ausprägungen seines Orchesters, mit so unterschiedlichen Namen wie Arkestra, Solar Arkestra, Myth Science Arkestra, Astro Infinity Arkestra, Intergalactic Arkestra, Intergalactic Research Arkestra oder Outer Space Arkestra usw., wären sicher nicht denkbar gewesen ohne zwei Stützen, die ihm stets zur Seite standen, einmal war das der Saxofonist Marshall Allen, der die Band noch heute im Alter von 92 Jahren leitet, und der bereits verstorbene Saxofonist John Gilmore, der eine sehr erfolgversprechende Solo-Karriere zugunsten des musikalischen Kollektivs aufgab.
Auf den Aufnahmen der beiden CDs, eingespielt zwischen 1956 und 1962, zeigt sich die ganze Bandbreite des musikalischen Spektrums, von Ragtime, Swing, Big Band-Tradition über Bebop, Free Jazz hin zu elektronischen Experimenten, und schließlich – zur Space Music!
“Fate in a Pleasant Mood“, das sind die #1-7 auf CD1. Entgegen der sonst üblichen Bandstärke gab es hier die Reduzierung auf ein Septett. Die Aufnahmen entstammen der späten Ära in Chicago, bevor es zum Wechsel nach New York kam. Die Musik war relativ gemäßigt und mit "Lights on a Satellite“ gab es gar einen recht „schön“ klingenden Song. Und mit "Ankhnaton” klingt es recht mystisch und über dem perkussiven Hintergrund mit diesem ganz elegant dahinschleichen Rhythmus kann sich Marshall Allen mit der Flöte vorstellen. Die nächsten neun Songs für die Platte “When Sun Comes Out” sind dann in New York entstanden, dorthin waren Sun Ra und einige Bandmitglieder umgezogen, der Sound war nun anders geworden, afrikanische Elemente waren stärker vorhanden, und Songs wie “We Travel The Spaceways“ kündigten eine umfassendere kosmische Reise an, auf diesem und einigen weiteren Stücken zeigt der großartige Saxofonist John Gilmore sein brillantes Können. Bevor wir zur nächsten Platte, “Bad and Beautiful” kommen, gibt es auf den restlichen Stücken der ersten CD noch Aufnahmen von Singles zu hören, “Sunman Speak To Earthman“, davon erfahren wir recht impulsiv auf “Message To Earthman“, Yochannan heißt der Rezitator. Der gleiche Mann singt auf dem swingenden R&B-Song “The Sun One“.
CD 2, #1-7, das ist also “Bad And Beautiful“, und beginnt mit einer ganz besinnlichen Ballade, fast schon ungewöhnlich für die sonst eher „schräg“ klingende Formation. Aber unter diesem Aspekt erscheint die Musik der ganzen Platte relativ ruhig und beschaulich, aber die kompliziert wirkenden Arrangements sind es auch hier, die das Besondere herausstellen. Der Rest der zweiten CD gehört nun wieder älteren Aufnahmen, und das bemerkt man dann auch, denn all‘ die ganzen Ideen, die sich später ausweiten sollten und reifen, sind hier ansatzweise vorhanden. Eigentlich ist ”Jazz By Sun Ra” (später auch bekannt geworden unter “Sun Song”) des Meisters Debütalbum. Herrlich, wie sich noch die Bläsersätze an Formen der Big Bands von Duke Ellington orientieren und doch bereits ihre eigene Sprache entwickeln. Und ebenso herrlich ist es, den Solisten zu lauschen, die wirklich vorzügliche Soli bieten, und noch stets relativ brav und gesittet, ja, der Free Jazz war noch ein wenig entfernt, wir befinden uns in Chicago, 1956.
Wolfgang Giese
Trackliste |
CD 1:
Fate in a Pleasant Mood:
1 The Others in their World (2:20)
2 Space Mates (7:14)
3 Lights of a Satellite (3:44)
4 Distant Stars (2:59)
5 Kingdom of Thunder (3:56)
6 Fate in a Pleasant Mood (2:48)
7 Ankhnaton (3:30)
When Sun Comes Out:
8 Circe (3:56)
9 The Nile (4:56)
10 Brazilian Sun (3:56)
11 We Travel The Spaceways (3:26)
12 Calling Planet Earth (5:36)
13 Dancing Shadows (6:00)
14 The Rainmaker (4:38)
15 When Sun Comes Out (4:59)
16 Dimensions in Time/Primitive (3:53)
Bonus Tracks, Singles:
17 Big City Blues (3:14)
18 Message To Earthman (2:25)
19 The Sun One (2:31)
20 Hours After (2:45)
CD 2:
Bad And Beautiful:
1 The Bad and the Beautiful (2:50)
2 Ankh (5:16)
3 Just in Time (3:53)
4 Search Light Blues (5:42)
5 Exotic Two (4:53)
6 On The Blue Side (5:34)
7 And This is My Beloved (3:17)
Jazz By Sun Ra:
8 Brainville (4:15)
9 Call for all Demons (5:17)
10 Transition (3:43)
11 Possession (4:59)
12 Street Named Hell (3:41)
13 Lullaby for Realville (4:44)
14 Future (2:56)
15 Swing a little Taste (4:27)
16 New Horizons (3:07)
17 Fall off the Log (4:01)
18 Sun Song (3:37)
|
|
|
|
|
Besetzung |
Sun Ra (piano, Hammond B-3 organ, percussion, vocals, bells, gong, electric celeste
Art Hoyle (trumpet, percussion)
Dave Young (trumpet, percussion)
Julian Priester (trombone, percussion)
James Scales (alto sax)
John Gilmore (tenor sax, percussion, clarinet, vocals, drums)
Pat Patrick (baritone sax, percussion, bongos)
Richard Evans (bass)
Wilburn Green (electric bass, percussion)
Robert Barry (drums)
Jim Herndon (tympani, bells)
Eutrice Shell (arranger)
Phil Cohran (trumpet, cornet)
George Hudson (trumpet)
Marshall Allen (alto sax, flute, bells, flying saucer, vocals)
Ronnie Boykins (bass)
Eddy Skinner (drums)
Nate Pryor (trombone, bells)
Jon Hardy (drums)
Tommy Hunter (drums, percussion)
Walter Miller (trumpet)
Teddy Nance (trombone)
Bernard Pettaway (trombone)
Danny Davis (alto sax)
Clifford Jarvis (drums)
Lex Humphries (drums)
Theda Barbara (vocals)
Ensemble vocals
Lucious Randolph (trumpet)
Minerva Colon (cowbell)
Yochannan (vocals)
Walter Strickland (trumpet)
Everett Turner (trumpet)
James Spaulding (alto sax)
Charles Davis (baritone sax)
William Cochran (drums)
Alvin Fiedler (drums)
|
|
|
|