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Saxon

Unplugged And Strung Up


Info
Musikrichtung: Heavy Metal

VÖ: 22.11.2013

(Rykodisc / Warner)

Gesamtspielzeit: 129:19

Internet:

http://www.saxon747.com


Zuerst dachte ich an einen Scherz als ich hörte, dass Saxon ein Unplugged-Album veröffentlichen wollen. Von daher war ich schon sehr gespannt, wie das Teil dann letztendlich klingen würde. Rein in den CD-Player und los geht’s.

Zuerst knallt es mit dem Remix von „Stallions Of The Highway“ erst einmal recht ordentlich. Dieser Song ist um einen Zacken härter als der alte Klassiker und ist vom Unplugged-Sektor Lichtjahre entfernt. Weiter geht es mit der Orchester-Version von „Crusader“. Irgendwo cool, einen derart hymnischen Brecher mit Orchester-Parts zu versehen. Das Problem ist nur: Es kommt eher der Eindruck auf, Sänger Biff Byford und sein Produzent haben sich die Heimorgel geschnappt und damit an einem kalten Sonntagnachmittag ein paar Hintergrund-Klimpereien eingefügt. Ich bin alles andere als begeistert. Aber bevor ich mich drüber ärgern kann, brettert „Battle Cry“ in einem Guss aus den Boxen. Ich schreie laut mit und strecke die Faust in die Luft. Ja, so muss unplugged sein! Nun gefällt mir das Konzept schon besser. Bis mir auffällt: Da war ja gar nichts „unplugged“. Wo bleibt denn die Ankündigung?

Nun kommen vier Songs am Stück, die mit Orchester-Parts ausgestattet wurden. Hier muss man ehrlicherweise sagen: Sämtliche vier Stücke haben enorm an Tiefe gewonnen! Vor allem „Red Star Falling“ oder „Call To Arms“ klingen durch die ergänzten Orchester-Parts noch bombastischer. Aber auch hier hätte man mit einem echten Orchester viel bessere Effekte erzielen können. Mit „Militia Guard“, „Forever Free“ und „Just Let Me Rock“ sind dazwischen wieder drei alte Stücke neu durch den Fleischwolf gedreht worden. Bei allen drei Songs tut die Runderneuerung hörbar gut und spätestens bei „Just Let Me Rock“ ist die Faust gen Himmel gereckt.

Nun kommen fünf Akustik-Songs am Stück. „Frozen Rainbow“, der Uralt-Klassiker vom ersten Album klingt saustark und zeigt, dass der gefrorene Regenbogen auch im unverstärkten Stil einiges an Raffinesse vorweisen kann. „Iron Wheels“ wurde live aufgenommen und zeigt Saxon und ihr treues Publikum wieder einmal in Bestform. Es stellt sich hier jedoch die Frage, warum der Song so gut wie nie tatsächlich live gespielt wird. „Requiem“ glänzt durch Minimalismus, kommt jedoch an die Magie der elektrischen Version bei weitem nicht ran. Trotzdem macht gerade dieser Song Lust, sich die alte „Solid Ball Of Rock“-Scheibe wieder einmal zu Gemüte zu führen. Als besonders originell stufe ich „Coming Home“ ein, der mit einem für Saxon-Verhältnisse eher untypischen Bottleneck-Wettstreit der beiden Gitarristen Paul Quinn und Doug Scarrat glänzt.

Von mir bekommt die Scheibe 10 Punkte, das heißt „mit großen Einschränkungen empfehlenswert“. Eigentlich bieten Saxon ihren Fans immer gute Ware fürs Geld - das ist dieses Mal jedoch nicht so. Ganze fünf Songs auf dieser CD waren bereits als Bonus-Disc des letzten Studio-Albums Sacrifice erhältlich. Beinharte Saxon-Fans werden die Songs somit schon seit einem halben Jahr in ihrem Schrank stehen haben. Sämtliche Songs sind zwar qualitativ hochwertig eingespielt und am Sound gibt es absolut nichts zu meckern. Wenn ich jedoch ein Album Unplugged And Strung Up nenne und ich satte 10 Lieder überstehen muss, bis ich den ersten Unplugged-Ton höre, kommt mir das ein bisschen dämlich vor. Außerdem sind die Orchester-Parts teilweise nur halbherzig drüber gedudelt und zum Beispiel bei „Crusader“ eher nervig und ohne jegliche Durchschlagskraft. Zum Vergleich sei das Rage-Album Ghosts genannt. Zieht man hier den Song „Back In Time“ heraus, hört man ganz deutlich, wie ein Orchestersound satt und fett eingesetzt werden kann. Hier hätte man wesentlich mehr Mut beweisen und dann aber auch klotzen statt kleckern müssen. Die „Unplugged“-Songs sind darüber hinaus teilweise lieblos zusammengesucht. Meiner Meinung nach hätten Saxon Material für ein komplettes derartiges Album! Sie hätten sich vielleicht bei der Suche mehr Mühe geben sollen.

Mit der Dreingabe der Heavy Metal Thunder-CD von 2002 ist lediglich eine bereits seit über zehn Jahren erhältliche Scheibe dazu gelegt worden. Auch hier werden die meisten Saxon-Fans schon im Besitz dieses Silberlings sein. Von daher stellt sich für mich fast schon die Sinnhaftigkeit dieser Veröffentlichung. Ich bin der Meinung, dass man entweder eine Orchester-Scheibe oder eine Unplugged-Scheibe produzieren hätte sollen. Das vorliegende Teil klingt wie Stückwerk, das notdürftig zum Weihnachtsgeschäft zusammengeschustert wurde. Von daher: Wenn ihr Euch das Teil wirklich anschaffen wollt, wartet noch ein Jahr. Dann bekommt man es auf diversen Wühlkisten zum Ramschpreis.



Stefan Graßl



Trackliste
CD1: Unplugged And Strung Up
1. Stallions Of The Highway (Remix)
2. Crusader (Orchestrated Version)
3. Battle Cry
4. The Eagle Has Landed (Orchestrated Version)
5. Red Star Falling (Orchestrated Version)
6. Broken Heroes (Orchestrated Version)
7. Call To Arms (Orchestrated Version)
8. Militia Guard
9. Forever Free (Re-Recorded Version)
10. Just Let Me Rock (Re-Recorded Version)
11. Frozen Rainbow (Acoustic Version)
12. Iron Wheels (Live Acoustic Version)
13. Requiem (Acoustic Version)
14. Coming Home (Acoustic Version)

CD2: Heavy Metal Thunder
1. Heavy Metal Thunder
2. Strong Arm Of The Law
3. Power & The Glory
4. And The Bands Played On
5. Crusader
6. Dallas 1 PM
7. Princess Of The Night
8. Wheels Of Steel
9. 747 (Strangers In The Night)
10. Motorcycle Man
11. Never Surrender
12. Denim & Leather
13. Backs To The Wall
Besetzung

Biff Byford (Gesang)
Paul Quinn (Gitarre)
Doug Scarrat (Gitarre)
Nibbs Carter (Bass)
Nigel Glockler + Fritz Randow (Schlagzeug)


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