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Auch mit neuer Stimme noch topp: Gotthard live in Filderstadt (+ Support Unisonic)
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Eigentlich wollte ich mir Gotthard ohne den 2010 leider tödlich verunglückten Steve Lee nie anschauen. Ich würde den neuen Sänger Nic Maeder immer mit ihm vergleichen, so viel steht fest. Nachdem ich die neue CD Firebirth gehört hatte, dachte ich anders darüber. Die Songs sind gut und bleiben im Ohr. Der neue Sänger klingt klasse und ich wollte sehen, wie er live rüberkommt. Die Halle in Filderstadt ist sehr edel aufgemacht und hat ein luxuriöses Ambiente. Die Bedienungen hinter der Theke tragen weißes Hemd und schwarze Weste - eher untypisch für ein Rockkonzert. Am Merchandise-Stand ist großes Gedränge - die T-Shirts beider Bands gehen weg wie warme Semmeln. Das könnte auch am Preis liegen. 20 Euro sind durchaus in Ordnung.
UNISONIC legen fast genau um 20 Uhr mit dem Song „Unisonic“ los. Der Sound ist nicht gut, eher matschig und Sänger Michael Kiske hört man zu Beginn nur schlecht. Was man wirklich gut hört ist das Schlagzeug - das walzt fast alles andere nieder. Der Sound wird nur langsam besser und das überträgt sich auch auf die Stimmung im Publikum. Die Band bekommt Höflichkeitsapplaus von den ersten paar vorderen Reihen, mehr nicht. Aber es ist auch nicht weiter verwunderlich. Sänger Michael Kiske, an diesem Abend die Lustlosigkeit in Person, macht nicht zu einer Sekunde den Anschein, als würde er gerne auf der Bühne stehen. Noch dazu kommt sein Outfit mit Skifahrer-Ausrüstung und Sonnenbrille überhaupt nicht gut an. Auch die restlichen Bandmitglieder schleichen eher lustlos über die Bretter. Die Allstar-Truppe müsste schon ein bisschen mehr Einsatz zeigen, um das Publikum zu überzeugen. Das Songmaterial ist durchschnittlich und reißt mich nicht vom Hocker. Außerdem ist Michael Kiske ein Sänger aus dem Heavy Metal-Bereich und passt nicht wirklich zu den Hardrock-lastigen Songs der Band. Kai Hansen merkt auch, dass es stimmungstechnisch besser sein könnte. Er reißt einen typisch hanseatischen Witz, der leider auch nicht ankommt: „Leute, das ist ein Konzert, kein TV-Programm. Also legt Eure Chipstüten und die Fernbedienung wech!“ Als auch das nichts hilft, werden Helloween-Kracher ausgepackt. Einmal „Future World“ in der Version vom Album Live In The U.K.. Das Lied wird wie Kaugummi ewig in die Länge gezogen und wird dadurch leider nicht besser. Michael Kiske singt hier zwar wie zu seligen alten Zeiten, aber der Song zündet nicht. „I Want Out“ beendet den Gig, das Publikum applaudiert artig und die Band geht ohne Zugabe von der Bühne.
Setlist Unisonic:
Unisonic
Never Too Late
King for a Day
My Sanctuary
No One Ever Sees Me
Star Rider
We Rise
Never Change Me
Future World
I Want Out
Nach einer längeren Umbaupause geht das Licht aus und die Schweizer Eidgenossen von GOTTHARD preschen auf die riesige Bühne. „Dream On“ ist als Opener sehr gut gewählt und der glasklare, druckvolle Sound lässt jeden einzelnen Musiker perfekt zur Geltung kommen. Wie schlägt sich Sänger Nic Maeder? Er wirkt auf der Bühne ziemlich sicher und er hat das Publikum schnell im Griff. Gesanglich klingt er wirklich sehr nach Steve Lee, kopiert ihn jedoch nicht. Er hat seinen eigenen Stil, auch wie er auf der Bühne agiert. Das ist natürlich, das kommt gut bei den Fans an. Die restliche Band präsentiert sich wie aus einem Guss. Gitarrist Leo Leoni ist ein Aktivposten und sprintet dauernd auf der Bühne hin und her. Nebenbei spielt er noch eine ausgezeichnete Gitarre. Die Rhythmussektion ist mit Hena Habegger (Schlagzeug) und Bassist Marc Lynn ebenfalls hochkarätig besetzt. Die beiden sorgen für einen ordentlichen Drive und Marc Lynn ist an diesem Abend ebenfalls bestens aufgelegt und ständig auf der Bühne unterwegs.
Der neue Song „Starlight“ kommt bei den Fans sehr gut an und er reiht sich perfekt ein in die Klassiker. Überhaupt werden sehr viele Songs vom neuen Album gespielt. Das ist für mich ein klares Statement: Wir fangen wieder von vorne an. Das Ganze geht auf. „Remember It’s Me“ ist definitiv ein Highlight des Konzerts bei dem es vor Highlights jedoch nur so wimmelt. Gänsehautfeeling pur kommt auf, als Nic Maeder zusammen mit Leo Leoni „One Life, One Soul“ anstimmt und den Song Steve Lee widmet. Hier bebt die Halle, das Ganze ist wirklich sehr ergreifend. Das Konzert ist insgesamt unglaublich abwechslungsreich. Es werden zu einem Akustikset noch diverse Gastmusikerinnen mit Streichinstrumenten auf die Bühne gebeten. Auch hier ist wieder einiges für die Ohren geboten und man merkt, welche Klasse-Musiker die Jungs von Gotthard doch sind.
Der Song „Fist In Your Face“ macht seinem Titel alle Ehre. Man hat das Gefühl, eine Dampflok walzt da gerade übers Publikum hinweg. Das Publikum quittiert die auf permanent hohem Level gezeigte Leistung mit viel Beifall. Die Stimmung ist spitze und die Rock'n'Roll-Party nimmt an Fahrt auf. Das fabelhafte „Mountain Mama“ und der Stampfer „Lift U Up“ beenden schon viel zu früh den regulären Set. Doch als ich auf die Uhr schaue merke ich, dass schon fast 80 Minuten gespielt sind. Die Band lässt sich nicht lange bitten und legt mit „Master Of Illusion“ und „Anytime, Anywhere“ nach. Auch hier: Die Stimmung kocht und das Publikum lässt die Schweizer nicht von der Bühne. Die Musiker kommen doch tatsächlich noch einmal zurück und spielen eine Zugabe, die nicht geplant war. Was jetzt kommt, ist wirklich lustig. Sänger Nic Maeder, Leo Leoni und Hena Habegger legen brachial los und merken gar nicht, dass ihre Mitmusiker noch gar nicht wieder angestöpselt sind! Gleich kurz danach stoppen sie, lachen und ein ziemlich verdutzter Marc Lynn entschuldigt sich beim Publikum und betont, dass der Song wirklich nicht mehr geplant war. Danach steht das Publikum Kopf, klatscht sich die Hände blutig und ein sichtlich gerührter Leo Leoni bedankt sich beim Publikum.
Als das Licht angeht, schaut man durchwegs in begeisterte Gesichter. Mehr kann man sich von einem Konzert nicht erwarten. Bis in die Haarspitzen motivierte Musiker, die einem die Hardrock-Keule verpassen und mit Begeisterung bei der Sache sind. Danach ist es am Merchandise-Stand noch voller wie zu Beginn und es wird gekauft, was das Zeug hält. Fazit: Gotthard sind definitiv zurück, so viel steht fest. Leo Leoni wurde in einem Interview im Vorfeld der Tour gefragt, was passiert, wenn es mit Nic Maeder nicht funktioniert. Er hat nur geantwortet: „Das Ganze wird funktionieren“. Und da hatte er recht - es funktioniert verdammt gut!
Setlist Gotthard:
Dream On
Gone Too Far
Starlight
Remember It's Me
Sister Moon
Fight
Hush
One Life, One Soul
Shine
The Story's Over
Fist in Your Face
Give Me Real
Schlagzeug-Solo
Tell Me
Mountain Mama
Right On
Lift U Up
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Master of Illusion
Anytime Anywhere
Top Of The World
Stefan Graßl
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