Damals England; morgen die Welt? Cryptex aus Hannover greifen nach der Krone
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Gesprächspartner: Simon Moskon (Voc, Keys)
Zeit: November 2011
Ort: Berlin - Salzgitter
Interview: E-Mail
Stil: Rock
Internet: http://www.cryptexmusic.com
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Ob sich Cryptex eher viktoianisch (das sagt die Band) oder edwardianisch fühlt (dem wiederspricht sie nicht), bleibt im Interview mit Norbert von Fransecky offen. Aber die Beziehung der Hannoveraner zu England wird nicht nur in musikalischer Hinsicht zugegben. Kein Wunder: Immerhin wurde England lange Jahre von hannoverschen König regiert.
Und nun reißen sich wieder mal Hannoveraner „den Popo auf“, um dieses Mal die musikalische Weltherrschaft zu erringen. Wenn sie uns dadurch vor Lady Gaga und ähnlichen musiklischen(?) „Größen“ bewahren, kann uns das nur recht sein.
Sänger und Tastenmann Simon Moskon verrät, wer und was hinter Cryptex steht.
MAS: Hallo Simon, Euer Album Good Morning, how did you live? habe ich mit viel Spaß gehört und natürlich fängt man als Routinemensch sofort an zu vergleichen. Ich habe reichlich Parallelen zu Queen und – vor allem bei ruhigeren Stücken – zu den Styx der 80er Jahre gefunden.
Würdest Du dem zustimmen?
Simon Moskon: Das freut mich sehr, dass Dir unser Album so gut gefällt. Danke für die schmeichelhaften Assoziationen. Dem selbst zu zustimmen ist ja schon fast ein wenig vermessen... Dennoch ist man natürlich stets bemüht, gewisse Vergleiche und Parallelen bei Bands unseres „Genres“ herzustellen, welche diese Art von Musik maßgeblich geprägt haben. Demnach stimme ich Dir zu, dass wir uns natürlich auch von Queen und Co. beeinflussen lassen. Sind ja auch verdammt geniale Burschen gewesen!
MAS: Ihr strahlt aber eine ganz andere Atmosphäre als diese „ernsthaften“ Stadionbands aus. Gleich „Hicksville, Habitus and itchy Feet“ hat auf mich einen eher skurril witzigen Eindruck gemacht und mich an das Image der Sparks erinnert.
Irgendwie passt dazu auch Eure Selbstpräsentation im Booklet als edwardianische Dandys, bz.w. Zirkusartisten.
Bevor ich ins Detail gehe, zwei Fragen zur Band. Zum einen wäre es nett, wenn Du einen kurzen Überblick über die Bandgeschichte geben könntest, da Ihr den wenigsten unserer Leser ein Begriff sein dürftet...
Simon Moskon: Gerne. Cryptex gibt es in dieser Konstellation seit dem Frühjahr 2008. Das Konzept eine Band zu gründen, welche sich nicht an den konventionellen, stereotypischen deutschsprachigen Teenie-Pop / Rockbands und/oder Metalcore-Bands orientiert (welche zur Zeit ja überall aus dem Boden sprießen), sondern sich auf ein möglichst großes „Outstanding“ ohne Genregrenzen mit eigenem unverkennbarem Stil besinnt (allerdings ohne dabei die kommerzielle Vermarktbarkeit außer Acht zu lassen), wurde von Ramón Fleig (,dem Cryptex-Drummer; NvF) und mir initiiert. Im April 2008 kam dann unser Gitarrist Martin Linke in die Band, welcher durch seinen teilweise doch eher untypischen Gitarrensound die Idee abgerundet hat. Zudem wurde durch seine gute Ausstrahlung on Stage eine noch stärkere Front geschaffen.
Seit Januar 2009 sind wir ständig auf den Bühnen der Republik unterwegs, haben Newcomercontests gewonnen, arbeiten hart an unserem Ziel und versuchen uns von Tag zu Tag immer ein Stückchen mehr zu professionalisieren, ohne den Spaß an der Sache zu verlieren. (was für ein Reim :-))
MAS: Was war das bisherige Highlight Eurer Karriere?
Simon Moskon: Uff... Wir haben in den letzten drei Jahren das große Glück gehabt, mit so vielen tollen Leuten zusammen zu arbeiten und ganz viele positive Erfahrungen machen zu dürfen, dass es mir ein wenig schwer fällt die Frage konkret zu beantworten.
Jedoch waren die europaweite Veröffentlichung unseres Mammutprojektes „Debütalbum“, dem daraus resultierenden hammermäßigen Zuspruch durch die Medien, den für einen Newcomer in unserem Segment überdurchschnittlich guten Verkaufszahlen, sowie die Zusammenarbeit mit dem Musikverlag der Warner Music Group rückblickend ein echtes Highlight.
MAS: Wer sind Cryptex ausserhalb des Plattenstudios? Ich gehe mal davon aus, dass Ihr Euer Leben (noch) nicht mit der Band finanziert, sondern andere Brötchenjobs habt.
Simon Moskon: Yo. Ramón hängt sekundär in einem Büro, versucht aber jede freie Minute (neben den regulären Proben, Terminen, Konzerten etc.) für die Band zu opfern. Martin absolviert zur Zeit eine Ausbildung „auf Kommission“ (lacht) zum Informatiker (kümmert sich demnach auch um unseren kompletten Internetauftritt). Ich habe mich als freiberuflicher Musiker selbstständig gemacht und über die Band eine steuerpflichtige GbR angemeldet, während ich nebenbei als Mediengestalter jobbe. Wir wünschen uns aber alle von ganzem Herzen in Zukunft vollends unseren Lebensunterhalt mit der Musik verdienen zu können. Es ist zwar ein hartes Brot, aber wir reißen uns ja auch ziemlich unsere süßen Popos dafür auf.
MAS: Welche Bedeutung haben die Texte für Euch. Immerhin druckt Ihr sie komplett ab. Ich habe beim besagten „Hicksville“ die Begegnung mit einer (realen?) Stadt gesehen. Das Thema scheint Euch nicht ganz unwichtig zu sein. Es folgt später in „The big Easy“ wohl noch mal.
Simon Moskon: Wir finden Texte extrem wichtig. Ich mag es zum Beispiel sehr mit Floskeln, Zweideutigkeiten und ab und zu auch mit Metaphern zu arbeiten. Unter anderem gerne auch mit `nem kleinen Augenzwinkern, wenn man sich jetzt ein „super ernstes“ Thema vornimmt, um es textlich zu verarbeiten. Texte für ein Album oder Songs im generellen zu schreiben, hat für mich immer etwas von einer Rückführung oder manchmal auch Selbsttherapie. Sie spannen den Bogen um das gesamte Konstrukt und machen die Gefühle und Kopfkinos beim Komponieren der Songs, die man in jenem Moment hatte, plötzlich greifbar und gießen sie in eine Form. „Hicksville“ handelt von dem viktorianischen Zauber, welchen die Küstenstadt Brighton in Großbritannien ausstrahlt. Ich war vor einiger Zeit oft in England und habe dort eine Menge an Inspiration gesammelt. Dieser teilweise hymnische Song, weckt in mir persönlich ein sehr starkes Freiheitsgefühl in Verbindung mit Fernweh ... und indem wir alle Texte haben abdrucken lassen, im Kontext mit der Attitüde der Musik, den Melodien und Songstrukturen, hoffen wir, dass wir dem Hörer dies alles gut vermitteln und er es im besten Fall nachempfinden kann.
MAS: In dem Longtrack „A Colour called gently“ scheint Ihr einen christlichen, oder zumindest relgiösen Einschlag zu haben.
Simon Moskon: Jap...man darf ja auch mal Fehler machen oder? (lacht)
MAS: Wer oder was ist „Bagheera“, die im gleichnamigen Titel geritten werden soll? Eine Anspielung auf’s Dschungelbuch?
Simon Moskon: Mit „Bagheera“ ist tatsächlich der schwarze Panther aus dem Dschungelbuch gemeint. Letztlich ist die Nummer aber genau wie „Leviathan“ ein sozialkritischer Song. Der schwarze Panther (bitte nicht mit der „Black Panther Party“ verwechseln) versinnbildlicht in seiner Agilität und Aggressivität (der Song selbst ist ja sehr energetisch, kraftvoll und dynamisch), seiner Fähigkeit blitzschnell zuschlagen zu können und hinterher wieder im Schutz der Nacht zu verschwinden, sowie in seiner Mystifizierung die Zeit in Deutschland zwischen 1968 und 1977. Der in Halftime gespielte Mittelteil ist zugegebenermaßen etwas aus dem Zusammenhang gerissen. Darin geht es um häusliche Gewalt und um Drogenabusus.
Lange Rede kurzer Sinn: Ich habe „Bagheera“ als Namen gewählt, um einen Titel zu haben der Interesse weckt, Fragen aufwirft und nicht zu plump ist.
MAS: Ihr kommt aus Hannover. In den 70er Jahren war die Stadt eine (Kraut)Rock-Hochburg mit Bands wie Jane, Eloy, den Scorpions und Fargo. Später war sie zwischen Glocksee und Chaostagen Punk-Metropole.
Gibt es dort heute eine Szene, die Bands wie Euch trägt?
Simon Moskon: Hannover „Rock-City“ hat einen richtigen Buckel, was die Musikszene(n) angeht... Das Erbe dieser bereits seit Jahrzehnten andauernden Identifikation mit Künstlern und/oder Kultur jeglicher Art ist, dass es eine großartige und überaus vielfältige Livekultur, sowie hervorragende Fördermaßnahmen für Bands gibt. Wir haben in den letzten zwei Jahren sehr viel in Hannover gemacht, sind in die Szene eingetaucht und haben nicht zuletzt wegen der guten Lokalpresse einen echten Geheimtipp-Status bekommen. Das rege Mitmischen von unserer Seite hat in Kombination mit unserer ständigen Livepräsenz eine wirklich gute Fanbase in dieser Region heranwachsen lassen. Coole Stadt!
MAS: `Good Morning, how did you live?´war, wenn ich eure Homepage richtig deute, Eure erste Veröffentlichung. Da sie nun gerade mal ein halbes Jahr alt ist, frage ich lieber nicht nach neuem Material.
Was ist von Euch ansonsten in der näheren Zukunft zu erwarten?
Simon Moskon: Wir haben vor der aktuellen Scheibe im Jahr 2008 bereits eine in Eigenregie produzierte „EP“ über einen kleinen Digitalvertrieb veröffentlicht, von welcher wir eine neu aufgenommene „revisited-Version“ des Songs „Camden-Town“ mitgenommen haben.
Was die Zukunft angeht: Wir werden weiter mit voller Power am Ball bleiben, möglichst viele Festivals und Clubshows im kommenden Jahr spielen, evtl. auf Tour gehen (um endlich auch mal unsere schöne Republik für ne Weile hinter uns lassen zu können), viele hoffentlich gute Songs für den nächsten Streich schreiben und mit Sicherheit noch einige neue Kontakte knüpfen, bis wir die Bühnen der Welt erobert haben!
MAS: Liebe Grüße
und danke für die Antworten
Simon Moskon: Die besten Grüße zurück! Vielen dank für Deinen Support, Dein Interesse und für das positive Review.
Natürlich auch viele Grüße an alle Fans und an die, die es noch werden wollen.
Norbert von Fransecky
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