Prégardien, Ch. / Gees, M.
Between Life and Death
MITTEN WIR IM LEBEN SIND
Man kann die Auswahl gleichermaßen als willkürlich oder als sehr persönlich bezeichnen, wenn sich auf diesem Album der Bogen von Bach bis Mahler spannt, vom Lied bis zur Opernarie. Was ist also das verbindende Element? Nun, es geht um Todessehnsucht, Lebensmüdigkeit, um Weltschmerz, Abschied und düstere Vorahnungen. Doch auch in diesem Spektrum ist noch reichlich Raum für höchst unterschiedliche Empfindungen, wie die Vertonungen zeigen. Mehr Rechtfertigung braucht es für ein derartiges Programm eigentlich nicht und Prégardiens Erklärung, man habe durch die Zusammenstellung wieder ein klein wenig bewusster machen wollen, "dass der Tod mitten unter uns ist" wirkt doch eher bemüht. Aber gerade den deutschen Kulturschaffenden war ein Hang zum Pädagogischen ja irgendwie schon immer eigen.
Wie dem auch sei: Musikalisch ist diese Zusammenstellung gerade wegen der Vielgestaltigkeit der Werke und des epochenübergreifenden Charakters für den Hörer außerordentlich ertragreich und überraschend.
Das gilt zumal deshalb, weil Christoph Prégardien und Michael Gees sich nicht auf das Standardrepertoire beschränkt haben. Statt etwa für den "Erlkönig" auf das bekannte Schubert-Lied zurückzugreifen, haben sie sich für Carl Loewes dramatisch bewegte, im Ausdruck erstaunlich differenzierte Vertonung entschieden. Und ein Paradestück der romantischen Oper, Lenskis Arie "Wohin seid ihr entschwunden" (aus: Eugen Onegin) schrumpft passgenau auf Lied-Format zusammen und fügt sich dank Prégardiens sensiblem Ansatz vollkommen bruchlos ein.
Mit gewohnter Sicherheit und einer gewissen melancholisch-träumerischen Versonnenheit stellt Prégardien darüber hinaus die Lieder der Romantik von Schubert, Schumann, Brahms und Mendelssohn vor. Sein unbedingter Gestaltungswille und die damit erzielte Eindringlichkeit machen eine gewisse Flackrigkeit der Stimme mehr als wett.
Michael Gees begleitet am Klavier in gewohnt differenzierter Manier und schafft damit einen teils ausmalenden, teils erläuternden Hintergrund.
Eine mutige, nachdenklich machende Produktion, bei der man sich lediglich wünschen würde, dass der Platz auf den zwei CDs konsequenter ausgenutzt worden wäre. Genug musikalisches Material halten die vergangenen Jahrhunderte dazu ohne weiteres bereit.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
CD1
1 Bach: Komm, süßer Tod BWV 478
2 Mahler: Symphony no. 2, no.4
3 Schubert: Schwanengesang op. 23, no. 3
4 Schumann: Stirb, Lieb’ und Freud! op. 35, no. 2
5 Schubert: Auflösung D 807
6 W.A. Mozart: Abendempfindung KV 523
7 Brahms: Feldeinsamkeit op. 86 no. 2
8 Brahms: Wie rafft’ ich mich auf op. 32, no. 1
9 Loewe: Edward Op.1, no. 1
10 von Weber: Freischütz - Durch die Wäder durch die Auen
CD 2
11 Wolf: Mörike-Lieder, no. 39
12 Schubert: Der Jüngling und der Tod D 545
13 Schubert: Der Tod und das Mädchen D 531
14 Wolf: Goethe-Lieder, no. 29
15 Wolf: Eichendorff-Lieder, no. 4
16 Mendelssohn-Bartholdy: Neue Liebe op.19, 4
17 Loewe: Erlkönig op. 1 no. 3
18 Wolf: Spanisches Liederbuch - Weltliche Lieder, no. 22
19 Tschaikowsky: Eugen Onegin op. 24
20 Schubert: Kriegers Ahnung D 957 no. 2
21 Mahler: Revelge
22 Mahler: Fünf Rückertlieder, no. 4
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Besetzung |
Christoph Prégardien: Tenor
Michael Gees: Klavier
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