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Anyone's Daughter

Piktors Verwandlungen


Info
Musikrichtung: Melodic Kraut

VÖ: 21.11.2008 (1981)

(InsideOut / SPV)

Gesamtspielzeit: 63:38

Internet:

http://www.anyonesdaughter.de


Der Name Anyone’s Daughter fällt relativ selten, wenn über Krautrock gesprochen wird. Das mag daran liegen, dass die Band zu „normal“ ist. Sie tritt dem Hörer mit klaren melodischen Strukturen, kraftvollen Gitarrrensoli und, wenn den gesungen wird, mit einem angenehmen, „guten“ Gesang entgegen.
Da springen keine Tischtennisbälle vom rechten zum linken Lautsprecher. Da bohrt sich kein Elektrolurch in die Gehörgänge. Da drehen sich keine verkifften Soli in 45-minütigen Improvisationen durch nie gekannte galaktische Sphären. Da stehen nie Töne im Raum, von denen niemand weiß, wo sie herkamen und wo sie hingehören.

Anyone’s Daughter machen schlicht und ergreifend schöne kraftvolle Musik, die sich recht problemlos in einem gemäßigten Neo-Prog einordnen ließe und oft mehr melodischer Hard Rock, als ausufernder Prog ist. Soli sind hier punktuelle Verzierungen, die gelegentlich, wie ein zusätzlicher, dieses Mal nicht gesungener Vers in den Kompositionen auftauchen, und nicht die primäre Visitenkarte der Band.

Piktors Verwandlungen spielt aus verschiedenen Gründen eine Sonderrolle im Oeuvre der Band. Zum einen haben wir es hier mit der musikalischen Verarbeitung eines literarischen Stoffes zu tun. Ich sage bewusst nicht Vertonung. Denn der Text von Hermann Hesse aus dem Jahre 1922 wird in fünf Teilen zwischen rein instrumentalen Musikblöcken verlesen. Das Konzept ähnelt sehr den in der gleichen Zeit entstandenen Alben von Flaming Bess.
Somit weicht Piktors Verwandlungen in doppelter Weise von den vorhergehenden beiden Scheiben ab. Es gibt nur einen Vocaltrack mit einem von der Band geschriebene Text („Der Doppelstern“), der quasi als zusammenfassendes Fazit am Ende des „philosophischen Märchens“ steht.
Außerdem markiert das Album den Wechsel von der englischen zur deutschen Sprache, ein Wechsel der Anfang der 80er ebenso in der Luft lag, wie die Wahl des Textes.
Märchen für Erwachsene von „Der kleine Prinz“ über „Momo“ bis hin zur „Unendlichen Geschichte“ und dem „Herrn der Ringe“ hatten massive Konjunktur. Peter Maffay hatte sich vor nicht allzu langer Zeit mit dem ebenfalls von Hesse inspirierten Album Steppenwolf zumindest zeitweise aus dem Schlagerlager heraus gespielt.

Die „Zwischen“musik greift die spirituelle Suche Piktors hervorragend auf. Vom heftigen „Der Baum” mit seine Gitarren- und Synthesizer-Soli über „Piktoria, Viktoria“, dem Finale mit seinem leicht triumphalistischen Touch, bis hin zum sphärischen „Sehnsucht“ werden die unterschiedlichsten emotionalen Färbungen transportiert.

Piktors Verwandlungen war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon mehrere Jahre Teil des Liveprogramms der Band. Eine Demoaufnahme, die dem Re-Release als Bonus beigefügt ist, ermöglicht es, einen Blick auf die Entwicklung der Interpretation zu werfen.
Die Veröffentlichung ging nicht ohne Hindernisse vor sich. Die Plattenfirma wollte das Risiko der Veröffentlichung eines Albums mit nur einem 45-minütigen Longtrack nicht eingehen. Trotz erfolgreicher Voralben mussten Anyone’s Daughter Piktors Verwandlungen daher aus eigener Tasche bezahlen. Man hat sich daher für die kostengünstige Variante eines Livemitschnitts entschieden. Zu hören ist eine völlig unbearbeitete Aufnahme vom 18. Januar 1981 im Konzerthaus Heidenheim. Das merkt man der Aufnahmequalität aber an keiner Stelle an.
Auch der Suhrkamp Verlag, der die Rechte an dem Hesse-Text besitzt, musste zur Jagd getragen werden. Eine kleine Anekdote, wie Verlagschef Siegfried Unseld dann doch gewonnen werden konnte, steht in den ausführlichen Linernotes der Neu-Ausgabe. Die im normalen Jewel-Case verpackte CD steckt in einem zusätzlichen Pappschuber, der als Dreingabe die Reproduktion eines Konzertplakats von 1982 in einer Größe von etwas mehr als Din A3 enthält.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Piktor 2:12
2 Erstes Vorspiel 0:39
3 Erster Teil der Erzählung 2:22
4 Purpur 2:55
5 Zweites Vorspiel 0:54
6 Zweiter Teil der Erzählung 2:19
7 Der Baum 7:14
8 Dritter Teil der Erzählung 2:37
9 Sehnsucht 5:37
10 Vierter Teil der Erzählung 4:29
11 Piktoria, Viktoria 0:26
12 Fünfter Teil der Erzählung 0:43
13 Der Doppelstern 4:30
14 Piktors Verwandlungen (Demo 1977/78)26:43
Besetzung

Harald Bareth (B, Voc)
Uwe Karpa (Git)
Matthias Ulmer (Keys, Voc)
Kono Konopik (Dr)


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