Christian Sands
Embracing Dawn
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2018 hatte ich mich den Drachen gestellt: Facing Dragons. Der Pianist Christian Sands hat mit Embracing Dawn nun ein neues Album vorgestellt.
Laut Pressemitteilung ist "Das neue Konzeptalbum des Grammy-nominierten Pianisten eine Reise von Schmerz und Heilung." Weiter im Text: "Die Jazzgeschichte ist voll von mitreissenden Balladen und Songs - brillante Ausdrucksformen des Leidens nach einer gescheiterten Liebe." So soll diese CD mit neun Songs eine filmische Erzählung über die Phasen der Trauer, geschaffen von einem der besten jungen Komponisten des Jazz darstellen. Es seien Kompositionen die eine Trennung dokumentieren sollen, komponiert von Sands, während er den Schmerz erlebte, den nun die plötzluiche Abwesenheit von Liebe hervorrufem kann.
Diesem in Songs gepackten Liebeskummer versuche ich nun, auf den Grund zu gehen, in der Hoffnung, dass ich die ausgedrückten Gefühle nachvollziehen kann. So wache ich dann am frühen Morgen bereits auf mit einer ordentlichen Portion Herzschmerz, "Good Morning Heartache", mit melancholischem Streicherarrangement von Yuma Sung, im Übrigen klingt es eigentlich so gar nicht unbedingt nach Jazz, sondern weist diverse andere Elemente in diesem kurzen Song auf, ein wenig Soundtrack-Stimmung atmet es gleichwohl, mithin wohl ein Soundtrack der Traurigkeit.
Doch diese weicht bereits mit dem zweiten Song, "Divergent Journeys", eines der beiden Stücke, bei denen Warren Wolf als Vibrafonist gastiert. Diese Komposition ist wohl durchdacht und weist eine große Tiefe, Komplexität und Vielseitigkeit auf, nun ist es Jazz der ganz feinen Art, der dezente Swing wird durch die Streicher noch geschmeidiger und geht eine feine Partnerschaft ein, die äußerst elegant ist. Diese Eleganz strahlt grundsätzlich dann, wenn die Streicherarrangements eingesetzt werden.
Und so gesellen sich weitere stilistische Zugaben zum bereits weit ausgelegten Spektrum, dezente Fusion- und auch Blues-Anteile spürt auf "Ain't That The Same", "Thought Bubbles I (Can We Talk?)" schwebt wie gedankenverloren dahin und das sehr schöne andächtige "Serenade Of An Angel" mag vielleicht die Gedanken an die Verflossene symbolisieren.
Eine hervorragende Band unterstützt Sands durchgehend, besondere Farbtupfer fallen mir vom Gitarristen Marvin Sewell auf, sehr pointiert, nicht effekthaschend, aber auf den Punkt genau die jeweilige Stimmung treffend. So gehen Post Bop und Fusion eine sich elegant vereinende Verschmelzung ein, die sehr unterhaltend dargeboten wird. Zum Schluß wird noch einer der Kandidaten (neben Warren Wolf), die für das Album auf der Wunschliste des Protagonisten standen, Mundharmonikaspielter Grégoire Maret, aktiv und verleiht dem Song "Embracing Dawn" noch eine besondere Farbe. Inwieweit das nun hinsichtlich der Trennungsgeschichte eine Bedeutung haben soll, wenn man die "Dämmerung umarmen" möchte? Vielleicht wird hier dann auch das mögliche Gefühl von Einsamkeit ausgedrückt? Auf jeden Fall strahlt die Musik ein großes Maß an Emotionalität aus, das ist gelungen, und wenn es dann die Gefühle des Komponisten angesichts seiner Situation gewesen sein sollen, können sie durchaus nachvollzogen werden.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Good Morning Heartache (2:32)
2 Divergent Journeys (6:43)
3 Ain't That the Same (5:56)
4 Thought Bubbles I (Can We Talk?) (5:22)
5 Serenade of an Angel (6:03)
6 MMC (4:25)
7 Thought Bubbles II (Do Not Disturb) (3:51)
8 Braises de Requiem I (The Embers Requiem, Mov. I) (6:02)
9 Embracing Dawn (6:55)
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Besetzung |
Christian Sands (piano)
Yasushi Nakamura (upright bass - all tracks except #8)
Ryan Sands (drums - all tracks except #8)
Marvin Sewell (guitar - #1, 2, 3, 5, 9)
Andrew Joslyn (violin, viola - #1, 2, 5, 8, 9)
Eli Weinberger (cello - #1, 2, 5, 8, 9)
Ross Gilliland (contrabasso - #1, 8)
Warren Wolf (vibraphone - #2, 5)
Grégoire Maret (harmonica - #9)
Yuma Sung (string arrangements - #1)
Andrew Joslyn (string arrangements - #2, 5, 8, 9)
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