Scott Fields String Feartet

Throws


Info
Musikrichtung: Avantgarde

VÖ: 20.09.2024

(Double Moon Records, Bertus)

Gesamtspielzeit: 77:46

Internet:

https://www.scottfields.com/
https://www.bertus.com/
https://www.martinaweinmar.de/


Abermals eröffnet sich mir Musik, die ungewöhnlich und grenzüberschreitend ist. Allen ein Blick auf die Besetzung läßt Entsprechendes erahnen. Eine Violine, eine Bratsche, ein Cello und eine akustische Gitarre. Dazu werden fünf Songs vorgestellt, die eine jeweils recht lange Spiellänge aufweisen, zwischen 13:18 und 20:33!

Das Scott Fields String Feartet präsentiert Throws. Welch ein Name: Feartet! Muss man sich nun fürchten? Oder einfach nur offen sein für Ungewöhnliches, um neue Erfahrungen sammeln zu können? Doch tatsächlich soll hier das deutsche Wort "vier" für die Besetzung lediglich phonetisch umgedeutet worden sein.

Wie dem Cover der Platte zu entnehmen ist, scheint es hier um Sumo-Ringer zu gehen. Und tatsächlich - schaut man auf die Namen der fünf Songs, wird man entdecken, dass es Begriffe aus diesem Sport sind, Throws, Würfe. So ist zum Beispiel Sukui Nage eine Beinfaßtechnik.

Doch geht es hier speziell um Sumo-Ringer aus der Mongolei, die in der Regel eher mit Würfen agieren, nicht, wie Japaner, die sich aus dem Ring drängeln oder schubsen. Nun, da bin ich gespannt, wie das musikalisch umgesetzt werden kann und wurde. Alle Songs stammen von dem aus Chicago und nun in Köln lebenden Gitarristen Scott Fields. Tatsächlich, so las ich, hat er die fünf späten Streichquartette von Ludwig van Beethoven bearbeitet und neu inszeniert auf seine Weise. Somit kann man sich auf eine Synthese von Klassik mit Einflüssen des sich ebenfalls im Jazz und Rock bewegenden Gitarristen einstellen.

Und - es ist ein Erlebnis, hinsichtlich des Gitarrenspiels wohl nicht so ungewöhnlich, betrachtet man es isoliert, in dieser Richtung fühle ich mich ein wenig an Einiges von Ralph Towner erinnert. Der Einsatz der Streicher erinnert mich nun nicht gerade spontan und vordergründig an Beethoven, sondern verorte ihn in den Bereich der Avantgarde, also abseits von Tradition und Norm. Klare Themen entstehen nicht unbedingt, Spontaneität bestimmt das Geschehen und das ist wirklich hochinteressant. Nach den eher im "nervösen" Bereich angesiedelten ersten zwei Titeln offenbart sich "Yaguranage", der "innere Hüftwurf"(?) als recht beschaulich und gemächlich und bietet tatsächlich mehr Zugang. Ja, es klingt tatsächlich "schön", ich spüre hier auch fernöstliche Melodik.

Auch "Tsukaminage" erscheint mir entgegenkommender und ist in der Lage, Gedanken schweifen zu lassen. Gut, das sind meine subjektiven Eindrücke, "aus dem Bauch heraus", für Andere mag das bisher Gehörte gesamt recht "schräg" klingen. Doch so empfinde ich es ganz und gar nicht, denn es wird im Ausdruck ein hohes Maß an Ästhetik geboten, und ich vermute, dass die Streichquartette Beethoven's mehr als Anregung dienten, als eine Art Umgestaltung auf dem Boden der Quartette, unter Berücksichtigung der persönlichen Sichtweise von Fields. Und das ist auch gut so, gerade weil auch seine drei Mitmusiker*innen wunderbar integriert sind und sicherlich auch ihre Emotionen eingebracht haben. So entstand als Gesamtbild etwas, dass Impressionen eindrucksvoll und ausdrucksvoll umsetzt zu einem teils abstrakten Vortrag, mit ganz viel Avantgarde behaftet.

Also, im Sinne des Albumtitels "ein großer Wurf"!



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Sukuinage (20:33)
2 Kotenage (13:21)
3 Yaguranage (13:18)
4 Tsukaminage (13:51)
5 Ipponzeo (16:20)
Besetzung

Carolin Pook (violin)
Axel Porath (viola)
Nathan Bontrager (cello)
Scott Fields (acoustic steel string guitar)



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