Mozart, W. A. (Minasi)
Symphonien Nr. 36 & 38 (Linzer, Prager)
Disruptionen
Nach jener ungemein packenden Einspielung von Mozarts späten Symphonien mit dem Ensemble Resonanz unter Riccardo Minasi (vgl. MAS-Review) durfte man die Fortsetzung mit Spannung und Vorfreude erwarten. Hier nun wenden sich die Interpreten den oft als unbeschwerter und "klassischer" geltenden Symphonien Nr. 36 und 38 zu, der sog. Linzer bzw. Prager Symphonie.
Minasi ist sehr daran gelegen, diesen die vermeintliche Harmlosigkeit auszutreiben. Er lädt die Werke mit maximaler Energie auf, erkennbar darum bemüht, unter Beweis zu stellen, dass auch ihnen bereits ein revolutionärer, jedenfalls aber ein dramatisch-existenzieller Puls innewohnt. Das changiert auf diese Weise zwischen vital vibrierendem, das Publikum in die Sitze zwingendem Ouvertürenduktus und einem Vorgriff auf beethoven´sche Klanggewalten. Erzielt wird der Effekt nicht nur durch rasche Tempi sowie den vibratolos glasklaren Klang des auf modernen Instrumenten spielenden Orchesters, sondern auch durch extreme dynamische Spreizung und nicht zuletzt Tuttieinsätze, die von Pauken und Trompeten nur so krachen. Auf die Dauer nutzt sich aber gerade das letztgenannte Stilmittel ab und wirkt dann überreizt bis überspannt. Das Duftige und vorwitzig Spielerische, wie es vor allem den Kopfsätzen auch eigen ist, oder die überschäumende Lebensfreude der Finali haben in diesem vorwärtsdrängenden Malstrom kaum noch Raum zum Atmen.
Im Eingangssatz der Prager Symphonie streut Minasi überdies die agogischen Zwischenstopps derart massenhaft ein, dass sie zur Manier und zur bloßen disruptiven Geste zu werden drohen. Lebendig und aufregend bleibt seine Lesart zwar gleichwohl, von ähnlicher Grundidee ausgehend hat man das vormals bei Mackerras (Linn, 2008) jedoch schon zeitlos überzeugender und differenzierter gehört.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Symphonie Nr. 36 "Linzer", K. 425
Symphonie Nr. 38 "Prager", K. 504 |
|
|
|
|
Besetzung |
Ensemble Resonanz
Riccardo Minasi: Ltg.
|
|
|
|
|