Kiev Stingl
Hart wie Mozart
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Info |
Musikrichtung:
Deutsch Rock / Wave
VÖ: 29.09.2017 (1979)
(Sireena / Broken Silence)
Gesamtspielzeit: 40:09
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In der vergangenen Ausgabe ist das Debüt von Kiev Stingl besprochen worden, das bei seiner Erstveröffentlichung weitgehend unbeachtet blieb. Das war bei dem Nachfolger Hart wie Mozart ganz anders, da es in eine Promokampagne eingebunden war, mit der eine Reihe deutschsprachiger Bands im Sog der Neuen Deutschen Welle gepusht werden sollten.
Gut dass Kiev Stingl von Anfang an unter seinem eigenen Namen angetreten war. Hätte er seiner Band einen Namen gegeben, hätte man für Hart wie Mozart wohl besser einen neuen Namen gesucht. Es war kein Stein auf dem anderen geblieben. Sämtliche Musiker wurden ausgewechselt. Achim Reichel hat zwar wieder produziert, ist aber nicht mehr als Gitarrist dabei. Die Nähen zu seinen Alben sind praktisch vollständig verschwunden.
Stingl inszeniert sich abgefuckt. „Made in Make up“ begrüßt den Hörer mit bewusst verächtlich herablassender Stimme. Es geht eine kalte Arroganz von dem Sänger aus. Romantik und Freundlichkeit sind ihm fremd. Liebe ist ein großes Thema auf dem Album. Aber Liebe wird auf Sex reduziert. Titel wie „Süß und rein“ bauen gezielt Erwartungen auf, um sie zu konterkarieren. „Ich will nicht anders sein, ich will nur in sie rein: so süß und rein.“ heißt es dort. Manch einer dieser sehr bewussten Tabubrüche wirkt 40 Jahre später nicht nur gewollt (Das war es 1979 schon.), sondern auch recht altbacken.
Dennoch lässt sich das eine dystopische Atmosphäre aufbauende Album auch heute noch gut anhören. Die Mixtur aus Wave, Punk, Reggae, Rock und Blues entführt uns in eine düstere Halbwelt, in der man ständig damit rechnet Iggy Pop oder Charles Bukowski zu begegnen.
Rein depressiv ist Kiev Stingl allerdings nicht. Er kann auch rocken. Das tut er in besonderem Maße bei dem an Iggy Pop erinnernden „Solang Du willst“. Lebendig und hypnotisch mit einem rätselhaften Fun-Text ist „Der Tod der Marilyn Monroe“. Der Punk begegnet vor allem in „Keine Täter“, der Reggae in „Süß und rein“ und der Blues in „Ich knips Dich“.
Highlight ist ohne Frage „Lila Diva“. Hier wird Stingls Halbweltinszenierung völlig authentisch. Jeder Akkord, jede Textzeile passt. So gut wie hier war Kiev Stingl nie wieder.
Der Rerelease kommt im Digipack mit allen Texten, aber ohne Liner-Notes. Dafür gibt es im Inneren das Originalcover, das nach einer Klage des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zurückgezogen werden musste und durch das auch heute noch aktuelle, in dieser Review zu sehende Motiv abgelöst wurde.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Made in Make up | 2:32 |
2 |
Wir sind modern | 4:01 |
3 |
Süß und rein | 2:56 |
4 |
Babies | 4:32 |
5 |
Solang Du willst | 3:46 |
6 |
Keine Täter | 2:31 |
7 |
Lila Diva | 4:48 |
8 |
Der Tod der Marilyn Monroe | 2:41 |
9 |
Einmal erröten | 4:54 |
10 |
Ich knips Dich | 1:54 |
11 |
West Europa Sohn | 4:07 |
12 |
* Pause * | 0:49 |
13 |
Instrumental Bonus | 0:48 |
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Besetzung |
Kiev Stingl
Andre Rademacher (Git)
Holger Hiller (Geige, Git)
Walter Thielsch (Dr)
Götz Humpf (Keys)
Jean-Paul Prat (B, Flügel)
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