Musik an sich


Reviews
Snowy White

Released


Info
Musikrichtung: Blues / Rock

VÖ: 21.10.2016

(Snowy White / Soulfood Music)

Gesamtspielzeit: 57:04

Internet:

http://www.snowywhite.com


Snowy White habe ich vor einigen Jahren mal auf den Rother Bluestagen gesehen, wo der sympathische und bescheidene Musiker einen beeindruckenden Auftritt hingelegt hat. Der ehemalige Thin-Lizzy-Gitarrist hat sein neues Album Released - befreit - genannt. Der erste Schritt zu dieser musikalischen Veränderung war, seine legendäre 1957er Gibson Les Paul-Gitarre bei einer Auktion in Los Angeles zu verkaufen. Beim genannten Auftritt schien er mit diesem Instrument förmlich verwachsen zu sein. Mich wundert es ehrlich gesagt sehr, dass er dieses Schmuckstück, das darüber hinaus noch seinen Signatur-Ton erzeugt, verkauft hat. Snowy spricht in der Plattenfirmen-Info sogar von einer „Last“ die er nun nicht mehr tragen muss. Gut, der Verkauf hat ihm auch immerhin 93.750 US-Dollar eingebracht.

Die Songs klingen insgesamt von allen Zwängen befreit, er spielt einfach drauflos und lässt die Nummern sich entwickeln. Snowy spielt relativ entspannt und limitiert sich nicht, indem er dauernd nur typische Blues-Schemata wiederholt. Beim Instrumental „Opening Peace“ klingt dies ziemlich nach Fleetwood Macs Peter Green, dem er bei dessen Album „In The Skies“ erheblich unter die Arme gegriffen und wieder zurück ins Musikgeschäft gebracht hat. „Black Magic Woman“ lässt grüßen!

Fasst stellt sich beim Betrachten des Covers ein bisschen Urlaubsfeeling ein. Buchseiten, die sich in Vögel verwandeln und einfach davon segeln, dazu im Hintergrund ein Boot… Ich ertappe mich dabei, wie ich geistig abdrifte und meine Gedanken sich völlig der Musik ergeben. Was ist das, ich soll doch hier die Scheibe bewerten?

„The Blues Talking“ besticht mit einem tollen Solo, der Sound der Scheibe ist generell klasse. Snowy spielt bei den Stücken so, wie er auch live auftritt: Ruhig, bescheiden und songdienlich, dabei aber äußerst effektiv und beeindruckend. Die Soli sind der Hammer! Die Gitarre scheint zu singen, zu weinen, zu jaulen und manchmal klingt sie wie ein räudiger Straßenköter. Snowys Gesang ist nicht außergewöhnlich, passt jedoch sehr gut zu den Songs. Man muss der Scheibe Zeit geben und sich auf die Songs einlassen.

Spektakuläres Schlagzeug sucht man hier vergebens, die Songs sind teilweise mit Drum-Computer programmiert. Der Qualität der Songs tut dies jedoch keinen Abbruch. „Out Of Control“ ist ein Song mit Jam-Charakter, der von dem genialen Max Middleton am Piano begleitet wird. Der Song wirkt aufgrund seines immer wiederkehrenden Musters hypnotisch, hätte jedoch ein bisschen kürzer ausfallen können. „Blue Day“ ist ein interessantes, teilweise sehr rockiges Instrumental. „Blues On A Borrowed Guitar“ beamt einen sofort in eine Bar, in der sich die Musiker ohne Rücksicht auf das Publikum ordentlich duellieren und austoben. Hier spielt Snowy übrigens eine geliehene Les Paul Standard aus dem Jahr 1960.

Hier kommt für Blues-Fans die optimale CD für graue Novembertage! Sie verzaubert, versetzt einen wenn's gut läuft an andere Orte und befreit den Geist. Voraussetzung: Man muss darauf eine Weile einlassen. Chilliger Blues, bei dem man Hirn, Herz und Seele baumeln lassen kann. Snowy singt von Dingen, die ihn selber berühren und zum Nachdenken bringen. Die Songs hätten ein wenig mehr Abwechslung vertragen können, sind gitarrentechnisch aber auf jeden Fall große Klasse. Oder wie es meine Schwester ausgedrückt hat, die mit Blues rein gar nichts am Hut hat: „Lass doch die Musik im CD-Player, das klingt cool!“



Stefan Graßl



Trackliste
1Opening Peace
2 The Blues Talking
3 It’s All Down To Me
4 It’s Always Love (That Breaks Your Heart)
5 Out Of Control
6 I Know What’s Coming
7 Blue Day
8 Blues On A Borrowed Guitar
9 Life Full Of Lonely
10 Missing
11 Wrong Side Of The Track
12 Everything - It’s Alright
13 How Was It For You

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