Johann Johannsson
Sicario (Original Motion Picture Soundtrack)
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Der fleißige isländische Komponist Johann Johannsson hat nur zwölf Monate nach seinem prämierten Soundtrack zur Lebensgeschichte Stephen Hawkings „The Theory of everyhing“ den nächsten Score fertig gestellt und veröffentlicht.
Nachdem mir der genannte Soundtrack etwas zu seicht und romantisch war, knüpft Johannsson mit Sicario wieder an die packende Düsternis des Scores zu „Prisoners“ von 2013 an. Sicario handelt vom Drogenkrieg zwischen Mexiko und Arizona.
Die ersten vier Stücke werden von schweren, metallisch klingenden elektronischen Bässen getrieben über denen aggressive Streicherwände liegen, die auf- und abschwellen. Die Rhythmik variiert ein wenig, die Aggressivität schwankt, doch so baut der Soundtrack über endlos wirkende Minuten eine klaustrophobische, aber doch faszinierende Wand auf, die im kurzen fünften Stück durch laut anschwellende Streicher Ihren Höhepunkt findet. Erst im sechsten Stück darf die Düsternis in eine romantische Melancholie aus großem Streicherpaket und weinender Bratsche oder Violine werden. Dieses Großleinwandgefühl bekommt nur Johannsson so ergreifend und schön hin ohne über die Kitschgrenze hinauszurutschen.
In “Target“ wird es dann sogar experimentell, an- und abschwellende Streicher, konterkariert on auf die Saitenschlagende Bögen. Im weiteren Verlauf setzt der pochende Rhythmus wieder ein (“The Bank“), wird zunächst wieder von Streichern und Tasten begleitet bis er dann in “Surveillance“ unter viel Hall zunächst allein stehend für Atmosphäre sorgt um dann in tief dunklen Streichersounds zu versinken.
Nach all der Düsternis reist der Soundtrack dann ausgerechnet mit “Melancholica“ ein wenig auf, was an der Instrumentierung mit der perlenden, glasklaren Konzertgitarre liegt. Eine wundervolle Melancholie setzt mit den hallenden Klängen ein, wenn auch im Untergrund die zerrenden Streicherklänge nur darauf zu warten scheinen, wieder loszubrechen. Und natürlich schwellen die Streicher im folgendem “Nightvision“ wieder an, die dumpfen, treibenden Perkussionen setzen wieder ein und bauen eine erneut bedrohliche Atmsphäre auf. “Tunnel Music“ klingt genauso, wie es heißt. Man kann den dunklen Tunnel vor seinem inneren Auge sehen, in dem etwas Bedrohliches (eine wild gewordene Horde Menschen?) immer näher kommt und lauter wird: anschwellende Stimmen, Perkussionen, dumpf und langsam wie Galeerentrommeln. Gänsehautsound und Alptraummusik.
Das nach dieser Schwere erwünschte Licht erhält der Hörer aber auch nach diesen Klangbildern in den finalen drei Stücken nicht. Im Gegenteil, es baut sich wieder die dunkle Melancholie der Streicher auf, die verstörenden Stimmen und Perkussionen tauchen im vorletzten Stück nochmals auf und gipfeln in dunklen, fast grausamen Streichersounds. Auch das letzte Stück bietet da leider keine Ausnahme, auch oder weil sich auf den dunklen Streichersound nun unwirkliche und wehmütige Gesänge legen.
Sicario ist ein Monolith eines Soundtracks. Manchem mag meine Beschreibung ein erdrückendes, ja unhörbares Stück Musik suggerieren. Erdrückend ist das Album - unhörbar jedoch bei weitem nicht. Denn Joahann Johannsson gelingt es eben in diese finstere Stimmung soviel Gefühl hinein zu pflanzen und vor allem mit geschickten Wendungen den Hörer immer wieder mitzureißen.
Wenn der Film nur annähernd so gut ist wie dieser Soundtrack, muss es ein grandioser Film sein!
Wolfgang Kabsch
Trackliste |
1. Armoured Vehicle
2. The Beast
3. The Border
4. Drywall
5. Explosion
6. Desert Music
7. Target
8. Convoy
9. The Bank
10. Surveillance
11. Reflection
12. Melancholia
13. Night Vision
14. Tunnel Music
15. Fausto
16. Balcony
17. Soccer Game
18. Alejandro's Song |
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