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Sorgten für strahlende Gesichter: Fleetwood Mac in Stuttgart
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Allein die Tatsache, dass die alte Skandalnudel Fleetwood Mac mit dieser Besetzung tourt, ist schon ziemlich erstaunlich. Es ist bezeichnend, dass die zweite Sängerin Christine McVie sich 2003 von Fleetwood Mac verabschiedet hat und sich auch seitdem beharrlich weigert, bei einer Tournee mit zu machen. Wenn man die Entstehungsgeschichte von Rumours kennt und auch sonst in der Bandhistorie ein bisschen gekramt hat, kann man sich ausmalen, dass mit diversen Affären innerhalb der Band ziemlich viel zerbrochenes Glas produziert wurde. Der Rest der Truppe hat sich dazu entschlossen, 2013 eine Welttournee durchzuführen, die sie an dem Montagabend auch nach Stuttgart führt. Ich verspreche mir im Vorfeld ehrlich gesagt nicht so viel von dem Konzert. Eigentlich rechne ich mit 90 Minuten Musik und vielleicht noch einer Zugabe. Trotzdem interessiert es mich, diese Legende des Rock einmal live zu sehen.
An der Schleyerhalle angekommen ist ziemlich schnell klar, dass das Konzert vermutlich ausverkauft sein wird. Es tummeln sich meist ältere Rockfans, die sich am Merchandingstand bei noch moderaten Preisen mit den verschiedensten Fanartikeln eindecken. Um 20.15 Uhr beginnt das Konzert ziemlich schnörkellos und ohne Vorband mit „Second Hand News“. Der Sound ist astrein und optimal ausgesteuert. Es fällt auf, dass Stevie Nicks und Lindsay Buckingham zu Beginn stimmlich noch ein bisschen unsicher sind, was sich aber ziemlich schnell legt. Das Stuttgarter Publikum begrüßt die Legende mit offenen Armen und bereitet ihnen einen herzlichen Empfang.
Ich bin von Beginn an von den Socken. Die Musiker legen sich über Gebühr ins Zeug und vor allem Lindsay Buckingham und Schlagzeuger Mick Fleetwood rocken förmlich um die Wette. Der Überhit „The Chain“ gefällt mir wahnsinnig gut. Lindsay Buckingham und Stevie Nicks ergänzen sich glänzend. Zum Schluss wird der Bass von John McVie brutal aufgedreht, was dem Song gut zu Gesicht steht. Insgesamt hätte man den Bass bei den anderen Songs noch ein wenig lauter drehen können. Die Stimmung ist phantastisch und die Musiker saugen die Emotionen förmlich auf. Stevie Nicks ist in Topform und erzeugt mit ihrem Gesang einen Gänsehautanfall nach dem anderen. Ihre mittlerweile 65 Jahre merkt man ihr nicht an und es ist schier unglaublich, welche Bühnenpräsenz diese Frau an den Tag legt. Die Bühne wird während des Konzerts mit tollen Hintergrundprojektionen untermalt, die den Songs noch zusätzliche Tiefe verleihen. Das ruppige „Tusk“ kommt live um Längen brachialer rüber als auf CD und ich muss sagen: Zum ersten Mal gefällt mir das Lied!
Der mittlerweile 64-jährige Lindsay Buckingham bekommt seinen Solo-Spot bei dem Song „Big Love“, den er allein mit der Akustikgitarre singt. Dabei dreht er förmlich am Rad und brüllt sich die Seele aus dem Leib. Einen annähernd ähnlichen musikalischen Seelenstriptease hab ich live so bisher noch nie gesehen. Phänomenal und schier unglaublich. Überhaupt muss man sagen, dass Lindsay Buckingham für mich die Überraschung schlechthin ist. Wie er Gitarre spielt, mit welcher Wucht und Brillanz er die Solos schmettert und wie entrückt er dabei scheint - das ist einfach nicht normal. Stevie Nicks ist an diesem Abend in Plauderlaune und erzählt zwischen den Songs einige Geschichten aus der Historie von Fleetwood Mac. Es geht um die Liebesgeschichte mit Lindsay Buckingham, wie sie zu Fleetwood Mac gekommen sind und dass sie sich nach all den Jahren als Vampire bezeichnen - unsterblich, unkaputtbar und doch schon einiges mitgemacht. Es ist teilweise auch nicht nachvollziehbar, dass die Band, die in ihrer Hochzeit die Anden fast schneefrei gekokst hat, heute noch so agil auf der Bühne steht. Der einzige „Passivposten“ ist Bassist John Mc Vie, der von Mick Fleetwood während des Konzerts als „Rückrat der Band“ bezeichnet wird. Stoisch und absolut ruhig spielt er seine Parts. Doch auch er bekommt viel Applaus, und das völlig berechtigt. Mick selbst dagegen ist und bleibt der Spaßvogel der Band. Mit knallroten Schuhen läuft er über die Bühne und zieht bei „World Turning“ eines der witzigsten Schlagzeugsolos ab, das ich bisher live gesehen habe. Ihm sitzt der Schalk ständig im Nacken und er betrachtet das Ganze zwar mit dem notwendigen Ernst, aber auch mit einem gewissen Augenzwinkern.
Eines scheint bei dem Konzert völlig abhanden gekommen zu sein: Die Zeit. Das Konzert rauscht nur so dahin und ich frage mich wirklich, wo sie geblieben ist. Nach „Don’t Stop“ geht die Band unter riesigem Beifall von der Bühne, um zur Überraschung aller Anwesenden noch einmal zurück zu kommen! Mit dem hatten wirklich nur noch die wenigsten gerechnet. Die meisten sind jedoch noch auf ihren Plätzen. Auch das ist ein Phänomen: Obwohl die Halle komplett bestuhlt war, ist die Stimmung grandios! Nach dem letzten und überaus passenden Song „Say Goodbye“ bedanken sich Stevie Nicks und der noch einmal auf die Bühne zurückgekehrte und mit einem roten Zylinder versehene Mick Fleetwood bei dem Super-Publikum für die jahrelange Unterstützung. Oder wie Mick Fleetwood es auszudrücken pflegt: „Don’t forget, the Mac is back!“ Spricht’s, zieht den roten Zylinder, verbeugt sich vor dem Publikum und das Konzert ist aus.
Das Licht geht an und man schaut nur in strahlende, zufriedene Gesichter. Ich bin völlig aus dem Häuschen. Mit einem derart genialen Konzert habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Die Band lebt und ist agil und spielfreudig, wie ich es mir niemals gedacht hätte. Wahnsinn! Wegen mir können Fleetwood Mac in dieser Verfassung noch lange touren. Der einzige Kritikpunkt ist lediglich das Fehlen von Christine McVie und ihrer Stimme, die bei einigen Songs schmerzlich vermisst wurde. Es wird derzeit ein neues Album produziert, von dem der tolle Song „Sad Angel“ gespielt wurde. Wenn das Album betourt wird und es dem Rest der Band gelingt, Christine McVie zur Rückkehr zu überreden, bin ich zu 100 % noch einmal dabei.
Setlist:
Second Hand News
The Chain
Dreams
Sad Angel
Rhiannon
Not That Funny
Tusk
Sisters of the Moon
Sara
Big Love
Landslide
Never Going Back Again
Without You
Gypsy
Eyes of the World
Gold Dust Woman
I'm So Afraid
Stand Back
Go Your Own Way
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World Turning
Don't Stop
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Silver Springs
Say Goodbye
Stefan Graßl
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