Haydn, J. (Jacobs)
Die Schöpfung
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Info |
Musikrichtung:
Klassik Oratorium
VÖ: 16.10.2009
(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi 2 CD [+ Bonus-DVD] / DDD / 2009 / Best. Nr. HMC 992039.40)
Gesamtspielzeit: 121:00
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LUSTGARTEN
Die Bonus-DVD, die den ersten 3000 deutschen Exemplaren von René Jacobs Einspielung von Joseph Haydns „Schöpfung“ beiliegt, zeigt einen Moment hinter den Kulissen der Produktion, der charakteristisch für den Zugang des Dirigenten zu diesem vielgespielten Klassik-Hit ist: Bei der Aufnahme der Raphael-Arie „Nun scheint im vollen Glanze der Himmel“ moniert Jacobs die zu kriegerischen Einwürfe der Trompeten: Das sei eine Himmelsmusik und müsse auch so klingen. Nun hätte ich bei Jacobs, gewiss ein sinnenfroher Künstler mit Instinkt für glanzvolle Effekte, durchaus erwartet, dass er die ohrenüberwältigende Spektakel-Seite der Schöpfung an solchen Stellen ausreizt. Das tut er auch – aber eben auf hintergründigere Weise, als man es sonst von ihm gewohnt ist.
Seine Version der Schöpfung wartet mit einer normalen, nicht zu massiven Besetzung und eher entspannten Tempi auf. Das sorgt zum einen für optimale Durchhörbarkeit, die viele schöne Details dieser einfallsreichen Partitur offenbart. Insbesondere die Holzbläser des an allen Pulten famos besetzten Freiburger Barockorchester erhalten viel Gelegenheit, ihr Können zu zeigen.
Zum anderen schafft dieser Ansatz Spielräume, solche und andere Details individuell zu modellieren, z. B. durch kleine Tempoverzögerungen, Dynamik- oder Dichtenuancen. Die (nicht zu trockene) Studioakustik unterstützt diese transparente Lesart. Gerade die Chöre kostet Jacobs mehr aus als mancher seiner historisch arbeitenden Kollegen. Die betonen vor allem die Virtuosität und sehen in den großen Lobpreisungen kontrapunktische Bravourstücke, die den Hörer durch ihre schiere Rasanz für sich einnehmen. Jakobs zeigt in dieser „Schöpfung“, vor allem bei ihren großen chorischen Inseln, einen vokal-instrumentalen Lustgarten voller fabelhafter Eingebungen. Es wäre einfach zu schade, auch nur eine davon unerhört im Getümmel untergehen zu lassen.
Die jungen Solisten/innen glänzen denn auch nicht so sehr durch Individualität oder opernhaftes Gepräge, sondern durch Homogenität und durchweg schöne Darbietungen. So gerät z. B. das Terzett am Schluss des 2. Teils zu einem himmlischen Ruhepunkt, der an die alte Madrigalkunst erinnert (für Jacobs auch bei seinen Mozart-Einspielungen immer wieder ein interpretatorischer Referenzpunkt).
Diese Re-Kreation der „Schöpfung“ mag beim ersten Hören weniger spektakulär als Jacobs Fassung der Haydn‘schen „Jahreszeiten“ oder sein jüngst erschienener „Idomeneo“ wirken. Es gelingt ihr aber, durch die feinsinnige Exegese der Partitur und die große Geschlossenheit der Darbietung durchweg zu überzeugen.
Georg Henkel
Besetzung |
Julia Kleiter: Sopran
Maximilian Schmitt: Tenor
Johannes Weisser: Bass
RIAS-Kammerchor
Freiburger Barockorchester
René Jacobs: Leitung
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