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"Night of Power"-Festival in der Live-Factory-Adelsheim



Deutschlands führendes Metalonlinemagazin "Powermetal.de" wurde in diesem Jahr fünf Jahre alt, und um dieses Jubiläum in einem würdigen Rahmen zu feiern, organisierten die Macher des Mags ein komplettes Hallenfestival, auf dem Bands aus den unterschiedlichsten Sektoren des Hartwurstsektors den Fans mächtig einheizten. Auch wenn manche Combos des Billings bis dato nur Metal-Insidern ein Begriff waren, konnte man sich sicher sein, durchweg qualitativ hochwertige Unterhaltung vor die Nase gesetzt zu bekommen, da die Experten von Powermetal.de ja höchstpersönlich für das Programm verantwortlich waren.
Wir von "Musik an sich" durften zum Gratulieren bzw. Mitfeiern in Adelsheim natürlich nicht fehlen und hoffen, dass unser Chefredakteur zu unserem fünften Burzeltag die Portokasse ebenfalls ein wenig öffnet und ein ähnliches Event für uns aus dem Boden stampft. Doch genug geträumt und wieder zurück zu unserem Festivalbericht aus der Live-Factory im badischen Adelsheim.

Fast wie bei einem Gottesdienst begann das Event mit einer Lesung. Doch wer jetzt denkt, dass der Dorfpfarrer von Adelsheim die versammelten schwarzen Schäfchen bekehren wollte, irrt gewaltig. Kein "Mann Des Glaubens", sondern Deutschlands bester Metalsatiriker Till Burgwächter, den die MAS-Leser ja schon von diversen Kolumnen in unserem Magazin kennen dürften, betrat die Bühne, um dem Volk u.a. amüsante Kostproben aus seinem neuen Buch "Schmerztöter" vorzutragen, die so lebhaft erzählt wurden, dass man richtig Hunger auf Livemusik aus ebenjenem Genre bekam. Nach diesem recht ungewöhnlichen, aber dennoch kurzweiligen Auftakt, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass die eine oder andere schwarzgekleidete Gestalt statt zur Axt in Zukunft auch mal zu einem Buch greift, und damit dürfte die Mission von dem Herrn mit dem lustigen Künstlernamen seinen Sinn ja schon erfüllt haben.

Für den ersten musikalische Beitrag auf dem Night-Of-Power-Festival waren Ivory Night aus der Pfalz verantwortlich, und einen passenderen Startschuss in die Welt der harten Klänge hätten die Veranstalter kaum wählen können. Sänger Patrick Fuchs könnte optisch nicht nur der kleine Zwillingsbruder von Tobias Sammet sein - der Sound, den seine Truppe da fabrizierte, hatte auch sehr viel mit den Klängen Edguy`s in der Kingdom Of Madness-Phase gemeinsam. Normalerweise schmücken die Pfälzer jedoch ihre Setlist mit der ein oder anderen Coverversion (Basser Carsten Kettering und Sänger Partick Fuchs zocken nebenbei sogar in einer Manowar-Tribute-Band), doch dafür war am heutigen Tag keine Zeit und die Band überzeugte auch zu dieser frühen Stunde durch ihre Eigenkompositionen. Das noch überschaubare Publikum nahm die auch ohne Keyboards sehr melodisch klingenden Stücke der jungen Truppe dankend an. Auch wenn sich nach mehrmaliger Aufforderung niemand direkt vor die Bühne wagte, wurden Ivory Night nach ihrem letzten Song mit mehr als nur Höflichkeitsapplaus verabschiedet. So konnte es in den nächsten Stunden ruhig weitergehen.

Debauchery

Debauchery werden den Zuschauern sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben. Den Leuten die mit den harten Klängen der Band nichts am Hut hatten, wohl wegen dem "Metzgeruniform meets Kunstblut"-Look der Truppe, den anderen wegen dem Sound der Band, der ständig an die Szenehelden "Six Feet Under" erinnerte. Einen kleinen Unterschied gab es da aber noch zu den Amis, denn der Gesang vom Debauchery-Shouter kam um einiges variabler daher, als es die Vocals von SFU-Psycho Chris Barnes wohl jemals sein werden. Schon nach einigen Minuten konnte man durch das routinierte Stageacting feststellen, dass die Schwaben trotz ihres niedrigen Altersdurchschnitts, durch Gigs mit Genregrößen wie "Napalm Death", "Hate Blow", "Mystic Circle" usw., schon jede Menge Erfahrung gesammelt hatten und so dauerte es auch nicht lange, bis die ersten Headbanger zu den groovigen Songs von Debauchery ihre Haare kreisen ließen. Die Generalprobe für das am nächsten Tag folgende Konzert mit "Obituary" war für das schwäbische Todes-Quartett auf jeden Fall mehr als geglückt und wir hoffen, dass auch dort die Band ein wenig in das Konzert der Grossen hineingeschnuppert hat. Das Zeug in diesem Orchester mitzuspielen haben die Stuttgarter auf jeden Fall schon.

Laut Bandinfo kann man den Musikstil von Crushead als Crossover mit sozialkritischen, christlich angehauchten Texten kategorisieren und deshalb kann man es diversen Personen, die sich vorab mit dem Schaffen der jungen Truppe auseinander gesetzt haben, gar nicht übel nehmen, wenn sie sich statt vor der Bühne irgendwo am Bierstand bzw. der Cafeteria aufhielten. Was aber auf den ersten Blick auf dieses Billing passte wie Luxusluder Tatjana Gsell zu Prinz Lüstern, konnte dennoch die meisten der anwesenden Schwermetaller ohne Probleme überzeugen, da es die Instrumentalabteilung von Crushead durchaus "knallen" lassen konnte und Frontmann Patrick Rausch durch sein engagiertes Stageacting um jeden einzelnen Zuschauer kämpfte. Statt also mit Schimpf und Schande aus der Halle gejagt zu werden, erntete die Combo mit ihrem Mix aus Hardcore Rock und modernen Sounds völlig verdient den Applaus des Publikums und ich bin mir ziemlich sicher, dass man von den jungen Herrschaften an anderer Stelle noch so einiges hören wird. Das dazu benötigte kommerzielle Potential ist in den Songs von Crushead auf jeden Fall eindeutig vorhanden.

Destinations Calling

Um kurz vor drei Uhr nachmittags wurde der Platz im vorderen Bereich der Live-Factory immer enger, denn die Lokalmatadore Destinations Calling aus dem Hohenloher Raum waren an der Reihe und der Stimmungspegel war dementsprechend in höchsten Regionen angesiedelt. Doch nicht das hohe Fanaufkommen bzw. die euphorischen Reaktionen der Anhänger beeindruckten mich am meisten, denn auch die musikalischen Darbietungen der Melodic-Speed-Metaller konnten sicherlich ohne Beiwerk begeistern. Klasse zweistimmiger Gesang, anspruchsvolle Gitarrenmelodien und traditioneller Metal in Höchstgeschwindigkeit - Was will man eigentlich mehr? Einzig für das apathische Verhalten von Keyboarder Benjamin Kesel gab ein paar Abzüge in der B-Note, doch dieses optische Manko machte die Gitarrenfront um Christian Gräter und Markus Göller durch ihre sichtbare Spielfreude locker wett und als dann noch die mitgröhlkopatible Bandhymne Destinations Calling als Rausschmeißer vom Stapel gelassen wurde, stand fest, dass diese Truppe für mich die größte positive Überraschung dieses Events darstellte - Egal was da möglicherweise noch kommen sollte.  

Psychopunch

Bei Psychopunch lichteten sich die Reihen im Publikum dann wieder ein wenig, doch bei dem Mammutprogramm, das die Schweden dieses Jahr in deutschen Landen noch vor sich haben, wird sich der Bekanntheits- bzw. Beliebtheitsgrad der Punkrocker spätestens bei der nächsten Tour in völlig anderen Regionen bewegen. Die Band um Farin-Urlaub-Lookalike J.M. war die relativ geringe Zuschauerresonanz jedoch scheinbar völlig egal und die Jungs rockten, als würden sie ein All-Star-Festival im Münchener Olympiastadion headlinen. Neben Hits wie z.B. "Dying In Your Dream" und "Nothing Ever Dies" vom aktuellen Longplayer Smashed On Arrival, war sogar noch Zeit für ein kurzes (relativ unspektakuläres) Drumsolo und einige kühle Gerstenkaltschalen, die die wieder vor Coolness fast erfrierende Axtfraktion Joey und Mumbles genüsslich während des Gigs vernichteten. Das Quartett aus dem Land der Elche hatte auf jeden Fall jede Menge Spaß in den Backen und diese Party ging auch nach dem gelungenen Auftritt unvermindert weiter, da sich die Truppe mit ein paar Bierflaschen bewaffnet bis zum Ende des kompletten Festivals unter das feiernde Volk mischte. Rocker zum Anfassen eben.

Justice

Da die Jungs von Justice, wegen ihrer Haupttätigkeit als Coverband, eher selten die Gelegenheit haben eine Show mit ausschließlich eigenem Material zu gestalten, ist die Stimmung bei den Mittelfranken bei solch speziellen Gigs natürlich jedes Mal auf dem Höhepunkt. Sänger Mitch verkündete im 1.FC Nürnberg-Trikot stolz den Heimsieg seines Lieblingsteams, die Truppe bangte was das Zeug hielt und selbst die (leider das gesamte Festival andauernden) Probleme des Mann am Mischpult konnten die Truppe nicht aus dem Konzept bringen. Die, das erste mal an diesem Tag gut gefüllte, Live-Factory feierte die Trash-,Power-Deathmetalmixtur ihrer Lieblinge dementsprechend ab und beim Schlusspunkt in Form des mehrfach durch Sprechchöre geforderten "High School Death" bildete sich sogar ein ansehnlicher Pogo-Pit im vorderen Abschnitt der Location. Selbst dem größten Skeptiker dürfte nach diesem dreiviertelstündigen Headbang-Alarm klargeworden sein, dass Justice auch mit ihren eigenen Kompositionen absolut überlebensfähig sind und noch einiges in Zukunft von dieser Truppe zu erwarten ist. Die begeisterten Zugaberufe der Fans dürfte das Quintett jedoch nicht mehr vernommen haben, denn der Bus zum Covergig in ein Örtchen namens Stangenroth wartete zu diesem Zeitpunkt schon vor der Halle. So gemein ist also manchmal das Musikerleben.

Nach dem schweißtreibenden Heimspiel von Justice flüchtete verständlicherweise der Grossteil der Fans in Richtung Getränkeausgabe der Live-Factory um verlorengegangene Energien durch Einnahme eines Hopfenblütentees wieder zurückzugewinnen, doch eine nicht zu unterschätzende Anhäufung von Menschen verharrte felsenfest in der ersten Reihe, denn für sie war mit der Stippvisite von Stormwarrior wohl der Höhepunkt dieses Festivals gekommen. Schon als die Band die ersten Riffs durch die Boxen gejagt hatte, brauchte man nur die Augen zu schließen und fühlte sich, als hätte man soeben eine Zeitreise zu einem Konzert in den Anfangstagen von Helloween hinter sich gebracht. Der Geist von Kai Hansen und Co. schwebte spürbar irgendwo zwischen Schlagzeug und Mikrophonständer der Adelsheimer Location und wenn man genau überlegte, war es auch nicht weiter verwunderlich, wieso der jetzige Gamma-Ray-Frontmann, die beiden offiziellen Stormwarrior-Alben produziert hat. Den guten Ruf, den die Hamburger Dank ihren starken Longplayern im Metalunderground genießen, konnte die "trueste" Band dieses Festival auf jeden Fall eindrucksvoll bestätigen und nicht nur ihre Anhänger waren nach dem Ende dieses Spektakels sichtlich zufrieden mit den Geschehnissen der zurückliegenden knappen Stunde. Darauf einen Hopfenblütentee und dann wieder schnell zurück zur nächsten Band. Prost !

Couragous

Jeder der sich ein wenig im Metalunderground auskennt, dürfte Couragous ein Begriff sein. Die Band musizierte schon vor etlichen etablierten Acts, gewann mehr als eine Handvoll Nachwuchspreise und die Mitglieder konnten vor erst kurzem ihre Autogramme unter einem Plattendeal setzen. Dementsprechend selbstbewusst und routiniert stürmten die Hessen auch auf die ganz im Look des letzten Longplayers Remember gehaltene Stage. Technisch anspruchsvolles Gitarrenspiel, hymnische Refrains und klasse Songs irgendwo in der Schnittmenge von Testament und Nevermore gab es auch heute zu Hauf. Und wenn man sich nach dem Auftritt den Gig vor dem geistigen Auge noch mal revuepassieren ließ, fragte man sich wirklich, warum die Jungs erst jetzt zu einem Plattenvertrag gekommen sind, denn ins Sachen harten Prog-Trash sind Couragous zumindest national ohne Zweifel konkurrenzlos. Wir sind also gespannt wie ein Flitzebogen auf das baldige Labeldebüt der Hessen und sie sollte sich folgende Weisheit zu Herzen nehmen : Die Welt ist einfach ungerecht, doch am Ende gibt es meistens ein Happy End. (Berlins Bürgermeister würde dazu wohl noch hinzufügen: Und das ist gut so!)

Um uns für den Headliner ein wenig zu schonen, siedelten wir bei Extomorf in den hinteren Teil der Halle um, doch eine nicht geringe Anzahl von Metalheads verhielt sich wie ein kleines Kind bzw. machte genau das Gegenteil und drängte vor die Bühne, denn für sie stellten die Ungarn den wahren Hauptact des "Night Of Power" dar. Die groovigen Rootsmetal-Songs der inoffiziellen Max Calavera-Tribute-Band (alles klang irgendwie nach Sepultura oder Soulfly), den die Band tight zelebrierte, brachte die Menge zum Ausflippen und die Security musste das erste mal an diesem Abend ganze Arbeit leisten um den Mob zu bändigen. Wer anfangs die hohe Billingposition der Pusta-Länder angezweifelt hatte, wurde nach diesem Gig sicherlich eines besseren belehrt und ich bin gespannt wie hoch der Stellenwert von Extomorf erst ist, wenn noch ein paar Jahre ins Land gegangen sind. Wirklich beeindruckend, auch wenn wir nicht mittendrin, sondern nur dabei waren.

Brainstorm

Brainstorm passten wie die sprichwörtliche "Faust aufs Auge" auf die Pole-Position dieses Events, denn keine Band in Deutschland verkörpert den Begriff "Powermetal" besser, als der schwäbische Haufen um Andy B.Franck. Auch wenn der Gig der Süddeutschen erst kurz nach halb zwölf startete, zeigte die Truppe wieder eine gewohnt souveräne Leistung und unterstrich wiedereinmal den Umstand, dass Brainstorm einfach keine üblen Gigs abliefern können. Dieses Gastspiel hatte sogar historische Bedeutung, da es das absolut letzte Konzert im Rahmen der "Soul Temptation"-Tour war und Andy B.Franck und Co. eine Spielzeit von weit über einer Stunde zur Verfügung stand, was man durchaus als Vorgeschmack für die kommende Tour für die neue, im März erscheinende Scheibe werten konnte. Kostproben aus diesem Werk gab es leider noch keine zu bewundern, dafür jedoch eine geniale Best Of-Setlist, die keine Schaffensphase Brainstorms außen vor lies. Höhepunkt im Reigen der bunten Melodien waren jedoch die aktuelleren Stücke, wie der Opener "Shiva`s Tears", das epische "The Leading" (jeweils vom Soul Temptation-Longplayer) und der traditionelle Schlusspunkt des offiziellen Sets in Form von "Under Lights" ("Metus Mortis"). Als Zugabe durfte man zur Quasi-Single "Highs Without Lows" noch mal die Köpfe schütteln und zu dem metallisierten Tony Christie-Cover "Amarillo" noch mal so richtig abfeiern.

So endete nicht nur dieser Auftritt, sondern auch das "Night Of Power"-Festival und wir sind froh, dass es momentan so aussieht, als ob es auch nächstes Jahr eine Neuauflage an gleicher Stelle von diesem Event geben wird. Diesmal gibt es zwar kein Jubiläum zu feiern, aber wenn man nichts zu feiern hat, muss man sich eben irgendetwas suchen und Sechs Jahre powermetal.de ist doch auch eine feine Sache.     

Bericht: Manuel Liebler
Fotos: Nadine Jost


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