Gervais, Ch. H. (Satre, S.)
Grand Motet pour la Chapelle de Louis XV.
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Info |
Musikrichtung:
Barock Geistliche Musik
VÖ: 02.09.2022
(CSV / Note 1 / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. CSV073)
Gesamtspielzeit: 57:21
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DELALANDES ERBE I
Eine hübsche Anekdote: Als Ludwig XV. dem Komponisten Charles Hubert Gervais 1723 eine der vier renommierten Komponisten-Stellen in der königlichen Kapelle antrug, sträubte sich dieser angeblich zunächst, weil er sich für die lateinische Kirchemusik und ihr höfisches chef-d'œuvre, den Grand Motet, nicht geschaffen fühlte. Gervais sah sich in der weltlichen Musik, bei Opern und Balletten, am rechten Platz, wo er bereits einige beachtliche Erfolge erzielt hatte.
Es half nichts: Einem König schlägt man nicht ab. Und so trat er mit drei anderen Kollegen in die Fußstapfen von Michel Richard Delalande, der dieses und andere musikalische Hofämter über viele Jahre in Personalunion vereinigt hatte, bis der Wunsch nach mehr Abwechslung dazu führte, dass man ihn vorzeitig in den Ruhestand verabschiedete.
Gervais war nun alles andere als ein musikalischer Vatermörder oder Revoluzzer. Vielmehr stand er fest in der Tradition der französischen Hofmusik, deren überlieferte Formen er mit aller ihm zu Gebote stehenden handwerklichen Kunst ausgestaltete. Dabei entwickelte er sie auch weiter. Weil er eben auch ein versierter Bühnenmusiker war, legte er sein ganzes dramatisches Können in die Musik und deutete die lateinischen Verse der Motetten minuziös aus, stets darauf bedacht, deren Aussage durch starke Kontraste sowie einprägsame Tonarten- und Registerwechsel zu unterstreichen. Dadurch entgeht seine Musik der gepflegten Gravitas und Flächigkeit, die ein Grand Motet schon mal zu einer zwar monumentalen, aber auch kühlen Angelegenheit machen können.
Insgesamt wirken Gervais in dieser Aufnahme erstmals eingespielten drei Grand Motet so, als habe der Altmeister höchst selbst weiter komponiert: Erhaben im Ausdruck, großzügig besetzt mit Chor, Solisten, farbig besetztes Orchester sowie elaboriert in den kompositorischen Mitteln ist auch Gervais‘ Musik. Und in ihrer unmittelbar ansprechenden Emotionalität stehen die Werke ebenfalls in der Tradition Delalandes.
Darüber hinaus entwickeln z. B. Gervais Chöre einen bemerkenswerten kontrapunktischen Ehrgeiz, insbesondere im monumentalen „Miserere“. Die Soli, die häufig von obligaten Soli der Blasinstrumenten begleitet werden, verbinden melodischen Schmelz und deklamatorische Expressivität. Gleichwohl hält sich die Tonmalerei in Grenzen, setzt nicht auf plakative Effekte wie später bei Mondonville. Man versteht, warum diese Musik sich bis zur Revolution im Repertoire der Concert Spirituel halten konnte, sie weiß sich dem Ideal des französischen Klassizismus verpflichtet.
Mit „Les Ombres“ und dem „Choer du Concert Spirituel“ unter Sylvain Satre erfährt Gervais immer noch weitgehend unbekannte Musik eine in allen Belangen gelungene Wiedergabe. Die Akustik der Schlosskapelle von Versailles verleiht ihr eine dezente akustische Aura. Satre hält die Musik beweglich und der kleine Chor präsentiert die polyphonen Passagen mit federnder Tongebung. Adäquat auch die Solist:innen. Lediglich Tenor Nicholas Scott klingt in der Höhe etwas angestrengt.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | Super flumina Babilonis |
2 | Jubilate Deo |
3 | Miserere |
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Besetzung |
Marie Perbost, Déborah Cachet, Benoît Arnould, Nicholas Scott, Paco Garcia
Choeur du Concert Spirituel
Les Ombres
Sylvain Sartre, Leitung
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