Musik an sich


Reviews
Oliver Leicht [Acht.] The State Of Things

The State Of Things


Info
Musikrichtung: Moderner Jazz

VÖ: 30.09.2016

(Float Music)

Gesamtspielzeit: 69:24

Internet:

http://www.oliver-leicht.de/Oliver_Leicht/hi.html
http://floatmusic.de/ueber-float/
http://www.uk-musikpromotion.de/profil.html


Der 1969 geborene Oliver Leicht arbeitet seit über 20 Jahren als freischaffender Musiker in Köln, Frankfurt, Deutschland und der Welt. Zu hören war er unter anderem mit Peter Herbolzheimer´s Rhythm Combination & Brass, den Big Bands von ndr, wdr, RIAS und hr und auch mit eigenen Projekten.

Ein Blick auf die Besetzungsliste lässt schon fast in Richtung Big Band erahnen, aber eher in einer abgespeckten Variante. Neben der Formation Herrenrunde gibt es diese Band, bestehend aus dem grundsätzlichen Jazz-Quartett, angereichert um die Blechbläser, also schon ein wenig ungewöhnlich instrumentiert.
So sind die Arrangements mitunter auch viel breiter ausgelegt, als zu vermuten wäre. Gleich im ersten Stück wirken die Blechbläser sehr beeindruckend, und mir fällt spontan ein Gegenstück aus der Rockmusik ein, nämlich die Band Chicago, deren Bläsersatz mitunter ähnlich klang.

Überhaupt ist diese Musik sehr außergewöhnlich, viele Wechsel bestimmen den Ablauf der Platte. Schon das zweite Stück wirkt viel luftiger und leichter, hier swingt es behände, und abermals spielt der Einsatz der Blechbläser eine gewichtige und tragende Rolle, wird dadurch die Musik auch am Boden gehalten, und der soeben noch vorhandene Freiraum wird in Gestaltung und Form verwandelt.
So ist das Ergebnis ein außerordentlich komplexes, das reichlich Anlass gibt, intensiv zuzuhören. Sehr interessant sind auch die Zwischentöne, die an der Gesamtgestaltung des Sounds ihren wichtigen Anteil haben, seien es oberflächlich gesehen, nur die langsamen Entwicklungen innerhalb eines Titels, oder wie zufällig eingeworfene Beiträge von Gitarre, oder Piano. Hierzu hat man einen berühmten Gaststar gewinnen können – den international bekannten Pianisten Jim McNeely.

Interessant ist auch die Einbindung elektronischer Momente, eingeworfen durch die Gitarre und die elektrische Klarinette. Als wichtigen Einflussfaktor stellt Oliver Leicht selbst den Film „Der Stand der Dinge“ von Wim Wenders dar. Hierzu beruft er sich insbesondere auf das Film-Zitat „Das Leben ist in Farbe, aber schwarz-weiß ist realistischer“. Und unter diesem Eindruck soll The State Of Things entstanden sein. Leicht hofft gemäß seiner Ausführungen auf der CD-Hülle, …dass der geneigte Zuhörer sich voll und ganz in unsere Musik fallen lassen kann. Und vielleicht entsteht auch das eine oder andere Bild vor seinem inneren Auge. Mal in Farbe, mal in schwarz-weiß.

Ja, ich konnte mich fallen lassen, denn diese Arrangements und die daraus resultierend Musik ist ganz besonders, sehr vermittelnd, im- und expressiv. Dieses „Fast Big Band-Gefühl“ gemischt mit den verschiedenen anderen Elementen, auch recht freien wie auf “Number 18 As A Basic Idea“, ist dermaßen gelungen, dass es ständig neue Eindrücke gibt, farbig und schwarz-weiß, und wenn dann plötzlich ein so virtuoses Gitarrensolo wie beim Titelsong auftaucht, dann wird der Gesamteindruck angesichts solcher Momente perfekt. Aber trotz aller Durchdachtheit wirkt diese Musik nie zu nüchtern oder sachlich oder verkopft. Denn ich empfinde es so, dass es diese offen gelassenen gedanklichen Freiräume für den/die Hörer/in sind, die Emotionen wecken, und zu einem Dialog auffordern. Jedenfalls fühle ich mich inmitten der Musiker, wenn ich bewusst zuhöre.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Vertical Convertible
2 The State Of Things
3 Up
4 Shimmering Daylight On A Wooden Pale
5 Number 18 As A Basic Idea
6 Poem For Them
7 Conversion Non Vertical
8 M
Besetzung

Oliver Leicht (acoustic & electric clarinet, alto clarinet)
Norbert Scholly (guitar)
Ingmar Heller (bass)
Jens Düppe (drums, glockenspiel)
Linus Bernoulli (french horn)
Christian Jaksjø (euphonium)
Klaus Heidenreich (trombone)
Ed Partyka (bass trombone, tuba)
featuring
Jim McNeely (piano)



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