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Marten Kantus

Refugi


Info
Musikrichtung: Kammermusik, Avantgarde, Jazz

VÖ: 17.07.2016

(Eigenproduktion)

Gesamtspielzeit: 40:28

Internet:

http://www.marten-kantus.com


Marten Kantus ist irgendwie ein Phänomen. Jahr für Jahr gelingt es ihm, ein neues Album in Eigenregie aufzunehmen und kostenlos als CD on demand oder als Download zu veröffentlichen. Und wer nun denkt, dass darunter die Qualität leiden müsste, der hat sich doch schwer getäuscht. Was Marten Kantus auch anfasst gelingt. Nachdem er letztes Jahr mit Requiem ein großes (und großartiges) Werk für Klavier, Orchester und Chor vorgelegt hat, war manch ein Rezensent damit etwas überfordert und hoffte auf eine Rückkehr zu altvertrauten, progressiven Klängen. Nun, diesen Gefallen macht ihnen Marten Kantus nicht. Er bleibt konsequent und macht, wonach ihm gerade der Sinn steht. Sicherlich auch ein Vorteil, wenn man völlig unabhängig produzieren kann.

Ein düsteres Album ist Refugi geworden. Passend zu diese düsteren Tagen mit Kriegen und endzeitlich geprägten Stimmungen. Entstanden ist dabei ein kammermusikalisches Werk in acht Sätzen, welches in großen Teilen von einem Streichquartett getragen wird. Dabei ergänzen und erweitern jedoch viele andere Instrumente den Klangkosmos. Eine wichtige Inspiration war dabei die kurzlebige Erscheinung des sogenannten „third stream“, einer musikalischen Bewegung, die vor allem in den USA versuchte, Klassik (europäische Neue Musik) und Jazz miteinander zu vereinen. Bekannt wurde unter anderem Epitaph von Charles Mingus). Nun ist Refugi sicherlich kein wirkliches Werk des „third stream“ aber man kann gewisse Einflüsse nicht leugnen. Wichtiger scheint mir jedoch die Beschäftigung von Marten Kantus mit dem Werk von Karlheinz Stockhausen zu sein. Hier scheint er sehr genau analysiert zu haben, denn Refugi ist äußerst durchdacht und strukturiert. Atonalität wechselt mit Tonalität. Hin und wieder blitzen feine Melodielinien und Strukturen auf, mit denen im Verlauf gearbeitet wird. Dennoch sind auch Jazzimprovisationen enthalten, wenn das Streichquartett auf Saxophon, Klarinette oder Gitarre trifft. Dabei erstaunt immer wieder, dass Marten Kantus alle Instrumente selbst eingespielt hat und diesmal auch auf eine nachträgliche Überarbeitung verzichtet hat. Stellenweise kann man das an der Intonation der Streichinstrumente auch hören, jedoch ohne dass es wirklich störend wird.

Insgesamt ist Refugi wohl kein Album, welches ein größeres Publikum erreichen wird. Dafür ist die Musik zu spröde und nicht eingängig genug. Hier muss man sich Zeit nehmen und konzentriert zuhören und mit der Zeit auch genießen. Nach und nach erkennt man die größeren Strukturen und die Cleverness der Kompositionen. Marten Kantus zeigt einmal mehr, dass er musikalisches Gespür und eine große Inspiration besitzt. Schön, dass er seinen eigenen Weg geht und keinem Trend nach hechelt. Mehr davon!



Ingo Andruschkewitsch



Trackliste
1Movement I3:05
2 Movement II5:20
3 Movement III7:53
4 Movement IV6:45
5 Movement V2:36
6 Movement VI6:27
7 Movement VII2:50
8 Movement VIII5:32
Besetzung

Marten Kantus: Violine, Cello, Flöte, Psalterium, Harfe, Xylophon, Mandoline, Mundharmonika, Klavier, Saxophon, Bass, Gitarre, Klarinette, Viola, Glockenspiel, Lap Steel, Blockflöte, Kantele, Trompete


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