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Schubert, F. (Heras-Casado)
Sinfonien Nr. 3 & 4
STÜRMISCH
Dass nun allerorten behauptet wird, diese vom Freiburger Barockorchester vorgelegte Einspielung treibe den Stücken alles biedermeierliche aus und entreiße sie dem Nimbus der harmlosen Jugendwerke, nimmt sich als possierliche Einfallslosigkeit der Kritiker-Kollegen aus. Offenbar hat mancher über die Jahre schlicht vergessen, dass die historisch-informierte Aufführungspraxis sich, namentlich mit den Dirigenten Immerseel und Brüggen, natürlich längst mit ebendiesem Ansatz des schubertschen Oeuvres angenommen hat.
Richtig ist allerdings, dass dies kaum jemals so konsequent wie im Falle der Freiburger geschehen ist. Unter der Leitung des noch jungen, keineswegs auf dieses Repertoire festgelegten Star-Dirigenten Pablo Heras-Casado verpassen sie Schuberts Jugendwerken (sofern man bei dem so jung verstorbenen das Wort überhaupt gebrauchen möchte) eine gehörige Frischzellenkur. Die 3. Sinfonie versieht das Orchester mit geradezu beethovenschem Furor und solch hohem Tempo, dass einem die vielen farblichen Feinheiten fast zu entgehen drohen. Vor allem die Holzbläser setzen immer wieder brillante Spitzlichter im atemberaubend stürmischen Geschehen. Das bukolisch-leicht musziertes Allegretto bildet hierin den einzigen Ruhepol. Die Tarantella im letzten Satz gerät zu einem übermütigen Wirbel von wahrhaft mitreißender Dynamik Dass mancher Effekt im ersten und dritten Satz vielleicht etwas zu grell gerät, verzeiht man da gerne.
In den ersten Satz der 4. Sinfonie steigt Heras-Casado dann geradezu mystisch verschattet ein, um die schicksalhafte Motivik alsbald aus diesem Ungefähren heraufzubeschwören. Dabei allerdings bleibt das sehnsuchtsvoll-drängende Moment des Hauptmotivs im Allegro und in den hierzu korrespondiereden orchestralen Einwürfe bisweilen merkwürdig unterbelichtet. Es mag der (unbegründeten) Angst geschuldet sein, „zu romantisch“ zu tönen. Berückend zart schließt sich das Andante an, doch der eigentliche Kniff liegt im Beginn des Menuettsatzes, der im ernsten musikalischen Geschehen der Tragischen sonst schnell wie ein Fremdkörper wirkt: Heras-Casado vermeidet dies, indem er der Musik von Anfang an einen höchst zornigen Impetus verleiht, der in reizvollem Kontrats zum somit nur scheinbar harmlosen Taktmaß steht. Das Menuett erweist sich dadurch als konsequenter, sinnhafter Übergang zum kämpferischen, sich gegen die bedrohlichen Stürme des Lebens heldenhaft zur Wehr setzenden Schlusssatz.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Sinfonie Nr. 3 D-Dur, D.200
I. Adagio maestoso – Allegro con brio 08:19
II. Allegretto 03:53
III. Menuetto. Vivace – Trio 03:22
IV. Presto vivace 05:55
Sinfonie Nr. 4 c-moll, D.417 “Tragische”
I. Adagio molto – Allegro vivace 09:54
II. Andante 09:16
III. Menuetto. Allegro vivace – Trio 03:28
IV. Allegro 10:14
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Besetzung |
Freiburger Barockorchester
Pablo Heras-Casado: Ltg.
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