Mozart, W. A. (Gaigg)
Betulia liberata
SELTEN GESPIELTES JUGENDWERK
Wenig nur wissen wir über die Entstehungsgeschichte der „Betulia liberata“, jenes Jugendwerks, das Mozart im Alter von 15 Jahren schuf. Womöglich im Zusammenhang mit der Italienreise eher auf gut Glück denn auf Basis eines festen Auftrags komponiert, ist es vielleicht seinerzeit nicht einmal zur Aufführung gelangt. Dabei hätte es auch damals wohl bereits aufhorchen lassen. Bei aller Konventionalität der Wendungen, bei allen nicht zu leugnenden Längen und bei bei aller Sperrigkeit der Textvorlage, die viele dramatische Wendungen nicht unmittelbar schildert, sondern von den Akteuren gewissermaßen nacherzählen lässt, um die Einheit des Ortes zu wahren: Mozarts Wille, den Figuren Plastizität zu verleihen, sie über den aktuellen Affekt hinaus zu durchdringen, scheint doch allerorten auf und der Orchestersatz hält manch schönes Farbenspiel bereit. Hinzu kommen immer wieder Einleitungen oder Wendungen, die sich jenseits des Gewöhnlichen bewegen und den späten Mozart mehr vorwegnehmen als nur andeuten.
So ist es mehr als verständlich, dass sich die Dirigentin Michi Gaigg zuletzt für das selten zu hörende Werk eingesetzt und dieses u.a. bei den Europäischen Wochen in Passau und den donauFestwochen im Strudengau zur Aufführung brachte. Im Nachgang entstand diese SACD-Produktion. Sie besticht vor allem durch das dramatische, kontraststarke Spiel des Orchesters, welches bereits die düster-dräuende Ouvertüre zu einem aufregenden Hörgenuss macht. In den Arien allerdings muss das Orchester allzu oft die dramatische Arbeit für die durchweg recht junge Sängerriege mit übernehmen, liegen deren Stärken doch überwiegend eher im Lyrischen. Gerade im Fall von Christian Zenker als Ozia wird dieses sogleich bei der Auftrittsarie hörbar, die eigentlich ein kämpferisches Bravourstück ist, hier aber allzu brav und in den Koloraturen nicht immer ganz intonationssicher präsentiert wird. Auch Margot Oitzinger vermag der Hauptfigur der Giuditta, die den Tyrannen Holofernes so handfest-zupackend besiegt bzw. tötet, nicht den Stempel der entschlossenen Heldin aufzudrücken, singt die Partie aber dennoch tonschön und stilsicher. Unter den weiteren Sängern fällt vor allem Marelize Gerber positiv auf, die mit rundem, erstaunlich warmem Sopranton der Figur der Amital mit differenziertem Ausdruck viel Lebendigkeit verleiht.
Ungeachtet der genannten Kritikpunkte: Dank des herrlichen Orchesterspiels und der konsequenten Orientierung an den Erkenntnissen der historisch informierten Aufführungspraxis ist dies aktuell die beste Einspielung des hörenswerten Jugendwerkes.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Betulia liberata, Azione sacra in due parti, KV 118 (74c) |
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Besetzung |
Margot Oitzinger: Giuditta
Christian Zenker: Ozia
Markus Volpert: Achior
Marelize Gerber: Amital
Ulrike Hofbauer: Cabri
Barbara Kraus: Carmi
L´Orfeo Barockorchester
Michi Gaigg: Ltg.
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