Arrested Denial sind zu jung um Extrabreit zu sein
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Gesprächspartner: Valentin (Vocals, Gitarre)
Zeit: 23.09.2013
Ort: Berlin - Hamburg
Interview: E-Mail
Stil: Arrested Denial
Internet: http://www.arresteddenial.de
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Da Norbert Intelligenz liebt und das bislang beste Album von Arrested Denial in seiner Review als „äußerst intelligente Punk-Scheibe“ bezeichnet hat, konnte er natürlich nicht an sich halten und hat einige intelligente Fragen Richtung Hamburg geschickt. Aufgrund der Grenzen, die seiner Intelligenz gesetzt sind, hat er die Band offenbar nicht in jedem Fall richtig verstanden. Meint zumindest Sänger Valentin. Aber bevor die Fadenscheinigkeit der Intelligenz zum Tragen kommt, meldet sich erst mal der Generationsunterschied zwischen Norbert und Valentin zu Wort.
MAS: Hallo Valentin, kommentier bitte mal den CD-Titel `Our best Record so far´. Was gab’s vorher, oder ist das eine Neuauflage des Gags, den Extrabreit mit ihrem Debüt `Unsere größten Erfolge´ gemacht haben?
Valentin: Moin Norbert. Also Extrabreit kenne ich nur vom Namen her und die Platte sagt mir auch nichts. Von daher kann ich das schon mal verneinen. „Our best record so far“ ist ja so eine Promo-Phrase, die man unglaublich oft hört, wenn gerade bekanntere Bands zu ihrer aktuellen Platte befragt werden. In den meisten Fällen entpuppt sich diese dann aber nur als weiteres Schrottalbum einer Band, die seit Jahren nur von ihren alten Erfolgen zehrt.
Da es sich bei Our best Record so far streng genommen um unsere erste wirkliche Veröffentlichung handelt, fanden wir den Titel ganz passend. (Also doch der gleiche Gag – wenn auch unbewusst; NvF) Wir haben 2010, ein paar Monate nach Bandgründung, bereits ein erstes Album namens Church on Friday rausgebracht. Das allerdings in Eigenregie und nur als freien Download im Internet.
MAS: Wo wir gerade dabei sind. Die wenigsten unserer Leser werden Euch kennen. Lass doch mal im Schnelldurchlauf Eure Bandgeschichte Revue passieren! Eure Homepage gibt da wenig her.
Valentin: Ende 2009: Bandgründung.
Frühjahr 2010: Veröffentlichung des ersten Albums Church on Friday als Free-Download.
Seitdem zahlreiche Konzerte, Schlagzahl steigend.
2012: Produktion der zweiten Platte Our best Record so far, auch wieder in Eigenregie.
Ende 2012: Wechsel am Bass: Gründungsmitglied Thorben wurde nach kurzer Suche durch Timo (spielt nach wie vor auch bei Small Town Riot) ersetzt.
März 2013: Veröffentlichung der zweiten Scheibe über Mad Butcher Records.
Mai 2013: 10-tägige Release-Tour durch Serbien, Kroatien, Slowenien und Österreich.
Juli 2013: Aufnahmen zweier neuer Songs für eine Split 7“ mit The Bayonets.
MAS: Es gibt eine ganze Reihe von (Deutsch)Punk Bands, die in einem ähnlichen Fahrwasser schwimmen, wie Ihr. In diesem Feld seid ihr gut, aber nicht herausragend. Was Euch interessant macht, sind die Texte, in denen Ihr Euch zum großen Teil mit der Punk-Szene selbst beschäftigt – und zwar recht kritisch. Im Spiegel eurer Texte erscheint die Punk-Szene als genauso spießig, wie die Welt, der sie den Stinkefinger zeigt – nur mit anderen Vorzeichen. Würdest Du dem zustimmen?
Valentin: Hmm, das ist so erst mal nicht wirklich zutreffend. Wir sind weder eine Deutschpunkband, noch beschäftigen wir uns textlich in größeren Dimensionen mit der Punkszene. Der Song „Underdog“ setzt sich mit der Entwicklung der Hardcore-Szene in den letzten Jahren auseinander, auch wenn das dort nicht explizit erwähnt wird. Und mit „Alles geht“ haben wir einen Song, in dem es um bestimmte Aspekte der linken Szene geht. Ich vermute mal Du zielst mit deiner Frage auf diese Nummer ab. In besagtem Text geht es um Ansätze in der Szene, die mir erheblich gegen den Strich gehen und die ich für kontraproduktiv halte. Um Doktrin, um Verbohrtheit, um unpolitische Trittbrettfahrer und um Hardliner, die manchmal vor lauter Theorien den Bezug zur Realität verlieren. Aber die Kritik bezieht sich auf einen kleinen Teil des Gesamten, und nicht auf die ganze Szene an sich. Arschlöcher gibt es überall, und wenn ich diese in - ich darf mich mal selber zitieren - "unseren Reihen" benenne, dann heißt das noch lange nicht, dass ich der ganzen Szene Spießigkeit oder sonst etwas vorwerfe. In anderen Kreisen und Bevölkerungsschichten habe ich weitaus mehr Kritikpunkte. Somit ein klares "Nein" zu Deiner ursprünglichen Frage. Mir ist jedes linke, subkulturelle oder alternative Umfeld trotz aller Querelen und Kritikpunkte lieber als alles andere.
MAS: In meiner Review spreche ich von einer gewissen, der Realität geschuldeten Resignation. Siehst Du die auch? Und wenn ja, wie würdest Du sie beschreiben?
Valentin: Resignation sehe ich durchaus, aber es ist jetzt auch nicht so, dass ich deshalb den ganzen Tag nur apathisch an die Decke starre. Wenn du merkst, dass es irgendwo einfach nicht weiter geht, dann machst du eben was anderes. Es gibt so unendlich viele Baustellen. Man hat ja auch gar nicht mehr die Zeit, sich überall einzubringen oder reinzuknien. Zumindest mein Zeitplan ist mit Arbeit und Band eigentlich komplett ausgelastet.
Ein Stück weit ist das aber auch so ein Altersding. Man wird mit den ganzen Erfahrungen, die man so sammelt, einfach differenzierter, und wenn wir mal ehrlich sind, manchmal auch etwas abgeklärt. Ich denke jeder kennt für sich irgendwelche Themenbereiche, über die er einfach keinen Bock mehr hat zu diskutieren, weil es einfach nichts bringt. Ich bin jetzt 34, also mit Sicherheit noch in keinem Alter, in dem ich mir anmaßen kann irgendwelche Altersweisheiten zu verbreiten, aber die Realität hat einem doch ganz gut im Griff.
Bei politischen Themen, die unser tägliches Leben bestimmen, ist das natürlich wieder etwas schwieriger. Da schwanke ich in vielen Belangen nur noch zwischen Kopfschütteln und völligem Unverständnis. Aber gut, wenn sich knapp 42 Prozent der Bevölkerung für eine Partei, wie die soeben im Amt bestätigte, aussprechen, dann zeichnet das leider auch ein klares Bild von den Wertvorstellungen unserer Gesellschaft.
MAS: Ich könnte mir vorstellen, dass Eure Texte in der Szene nicht nur auf Gegenliebe stoßen. Was für Reaktionen habt Ihr erlebt?
Valentin: Vor ein paar Wochen wurde uns bei einem Konzert in Bezug auf den Song „D-Land“ „mangelnder Patriotismus“ vorgeworfen. Ich befürchte, das war ernst gemeint, aber dazu muss man dann glaube ich auch nicht mehr groß was sagen. Ich finde den Song nicht sonderlich provokant, aber wenn sich dadurch dann tatsächlich jemand in dieser Form provoziert fühlt, dann haben wir wohl alles richtig gemacht.
Ansonsten waren die Reaktionen eigentlich eher positiv bis zustimmend, gerade auch was die zuvor schon angesprochenen Inhalte angeht. Und das auch von Leuten, mit denen ich manchmal nicht so ganz übereinstimme. Aber mal abgesehen von „Underdog" ist auf der Scheibe ja auch kein großes Gepöbel drauf. Und die Nachwuchs-Gangster, an die der Song adressiert ist, werden wohl ohnehin nicht über unsere Platte stolpern. Dafür mangelt es bei uns dann doch etwas an Beatdown-Parts.
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Timo (B, Back Voc), Valentin (Voc, Git), Daniel (Dr), Sascha (Git) |
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MAS: Wer steht hinter Arrested Denial. Seid Ihr Ganztags-Punks, -Musiker, oder welche Leben lebt Ihr außerhalb der Band?
Valentin: Wir kommen alle vier aus sehr verschiedenen Ecken. Das geht musikalisch von Punk über Oi!, Metal, Hardcore bis hin zu Indie-Geschichten. Daher fällt ein kollektives Ganztags-Punks schon mal weg. Aber wir sind alle schon sehr subkulturell geprägt, jeder eben mit einem bisschen anderen Schwerpunkt. Timo geht mit Sicherheit als Vollzeit-Punkrocker durch. Sascha ist ein optisch getarnter Skinhead. Daniel hat trotz der größten Lebenserfahrung, soweit ich weiß, noch nicht allzu viele Cops verprügelt oder Scheiben eingeschlagen, und ich kann mich immer nicht so ganz entscheiden, ob ich nun Metal oder Reggae geiler finde. Ansonsten haben wir neben der ganzen Freizeit alle reguläre 9 to 5 Jobs.
MAS: Blicken wir nach vorne. Was ist von Euch in der (näheren) Zukunft zu erwarten?
Valentin: Wir werden definitiv unser bisher bestes Album veröffentlichen! Aber Spaß beiseite, da steht noch gar nichts an. Vor Jahresende bringen wir auf Mad Butcher eine Split 7" mit The Bayonets aus Novi Sad (Serbien) raus, die von jeder Band zwei neue Songs enthält. Im Rahmen dessen werden wir, wenn alles glatt läuft, auch eine kleine gemeinsame Tour durch Serbien und Deutschland spielen.
MAS: Ich danke Dir für die Antworten.
Norbert von Fransecky
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