ENSIFERUM - Größer, bunter, vielfältiger, aber deshalb auch besser?
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Mit From afar, dem vierten Album seiner Band ENSIFERUM, will es Bandleader und Gitarrist Markus Toivonen wohl richtig wissen. Größer sollte es sein, massiver, abwechslungsreicher, dramatischer, mit mehr Bombast und Tiefgang, und natürlich besser, als seine Vorgänger. Das Album glitzert und scheint wie (wahlweise) eine frisch polierte Ritterrüstung oder ein bombastischer Hollywood-Schinken. Freunde des großen Tamtams, die auch früher schon voller Elan mit ihren Plastikschwertern durch Mutters Garten gerannt sind, werden von der ersten Sekunde an ihren Spaß an der CD haben. Wer es kurz, knackig und einfach nur voll auf die zwölf mag oder einfach wieder einen Soundtrack für das nächste Trinkgelage sucht, muss der Scheibe vielleicht den einen oder anderen Hördurchgang mehr gönnen. Aber trotz allem beweisen ENSIFERUM einmal mehr, dass Kitsch so schön sein kann, wenn man ihn nicht ernst nimmt. Denn das tut die Band selbst offensichtlich auch nicht so wirklich. Spaß machen die Finnen nach wie vor und die Mischung als harschem Gekeife, gepaart mit traditionellen Metalriffs, klaren Mitsingrefrains und ein bisschen finnischem Folk sorgt immer noch für Unterhaltung. MAS klingelte bei Sami Hinkka durch, der als Bassist nicht nur für die tiefen Töne zuständig ist, sondern auch die Texte für ENSIFERUM schreibt. Also genau der richtige Mann, um sich ins bildliche Kampfgetümmel zu stürzen.
Hallo Sami! Kommen wir zuerst auf ein paar allgemeine Dinge zu sprechen. In den letzten Jahren wurde für Bands wie euch, Finntroll, Korpiklaani oder Tursisas eine neue Schublade namens Pagen Metal aufgestoßen. Kannst Du Dich mit dieser Einordnung abfinden?
Natürlich ist es einfacher Bands in verschiede Schubladen zu stecken, aber ich denke der Begriff Pagan Metal klingt für Ensiferum ein wenig zu ernsthaft. Bei uns ist doch etwas mehr Spaß dabei. Aber ich habe letztlich kein Problem damit.
Es rollt eine richtige Welle ähnlicher, und oft übler, Bands bzw. Nachahmer über Europa. Wie fühlt es sich an, eines der Originale dieser Welle von „Sauf- und Raufbands“ zu sein?
Es stimmt, Ensiferum sind eine der ältesten Bands in diesem Genre und einige dieser neuen Gruppen bezeichnen uns als einen ihrer Einflüsse. Natürlich fühlt sich das gut an, aber es bleibt für uns immer das wichtigste einfach Musik zu schreiben, die wir spielen wollen. Wir verfolgen nicht wirklich was in dieser Szene passiert.
Es gibt nicht wenige die euch aufgrund eurer Texte und eures Images als Kitschband bezeichnen. Würdest Du dem widersprechen oder ist das schlicht egal?
Es gibt nichts um das ich mich weniger scheren könnte. Wenn jemand unsere Musik mag, fein. Aber wir müssen keine Hinterteile küssen, nur weil jemand sie nicht mag. Wir leben in einer freien Welt und das ganze ist letztlich eine Frage des Geschmacks.
Aber würde das „Produkt“ Ensiferum auch ohne dieses Drumherum funktionieren?
Erst einmal, wir sind keine Produkt, sondern eine Band. (lacht) Aber ich denke Ensiferum haben ihre eigene Thematik und wir werden auch dabei bleiben.
Als musikalische Einflüsse hast Du einmal Bands wie Amorphis, Iron Maiden oder auch Dark Tranquillity genannt, aus denen Ensiferum einst ihren Sound geformt haben. Aber inspiriert Dich jetzt als Texter beim Schreiben zum Beispiel das Nationalepos Kalevala oder Fantasyklassiker wie der „Herr der Ringe“?
Ich beziehe meine Inspiration aus dem wahren Leben, aber Natur, die Kalevala, nordische Mythen und überhaupt pure Fantasie sind doch Quellen für meine Texte.
Kommen wir jetzt zum neuen Album. Wie fühlst Du Dich jetzt, nachdem die Arbeit erledigt ist und „Form afar“ in den Regalen steht?
Direkt nach dem Abschluss der Aufnahmen, des Mixens und des Masterns war jeder ziemlich müde, da es eine derart lange und harte Zeit war. Aber jetzt sind wir sehr glücklich mit dem Ergebnis und ziemlich aufgeregt, das Zeug endlich live spielen zu können!
Für gewöhnlich ist ja das neue Album für Musiker automatisch das Beste und Größte, kurz nach der Veröffentlichung. Gilt das auch für From afar und natürlich warum?
(voller Ernst) Natürlich ist es das! Es hat die besten Songs, den besten Sound und die beste Produktion von allen. Es ist ein solideres Album als seine Vorgänger und es bleibt interessant, bis die letzte Note verklungen ist.
O.k., im letzten Punkt muss ich Dir sogar Recht geben. Dieses massive Stück habt ihr recht schnell vollendet. Ich war schon fast überrascht ein neues Ensiferum-Album in den Händen zu halten, nachdem ihr so fleißig tourt. War da überhaupt Zeit neue Stücke zu schreiben?
(lacht) Ja, wir haben fast 200 Gigs nach Victory songs gespielt. Aber wir haben neue Sachen auf Tour geschrieben und wir hatten auch ein paar Ideen die wir aufgrund der Zeit für Victory songs nicht zu Ende führen konnten. Konzerte zu spielen fördert die Kreativität und ich denke die Touren haben uns einen Schub fürs Songwriting gegeben. Wird sind jetzt sogar in der glücklichen Lage, dass wir bereits zwei fast fertige Lieder für das nächste Album haben.
Wie lange habt ihr daran gearbeitet, bis das Album fertig war?
Unmöglich das zu sagen, da so viele Dinge ins Songwriting hinein gespielt haben. Aber ich würde sagen, dass es fast ein Jahr gedauert hat.
Hatten Tero Kinnunen (u.a. Nightwish, Amorphis.) und Janne Joutsenniemi (bereits bei Victory songs dabei) irgendwelchen Einfluss auf das Endergebnis oder weiß die Band selbst am besten wie sie zu klingen hat?
Tero und Janne waren die Produzenten bzw. Toningenieure. Deshalb haben sie uns natürlich ihre Meinungen mitgeteilt. Aber am Ende entscheidet die Band doch selbst, was auf dem Album landet.
From afar klingt so groß und orchestral. Ein bewusster Schritt in diese Richtung oder hat sich das mehr beim Schreiben ergeben?
Markus hatte seit dem ersten Album den Traum ein echtes Orchester zu verwenden. Deshalb haben wir versucht diesem Sound so nahe wie möglich zu kommen. Also war es eine bewusste Entscheidung, die wir während des Songwritings getroffen haben.
Aber trotzdem ist dieses Orchester nach wie vor synthetisch. Habt ihr nie daran gedacht echte Streicher zu verwenden?
Auf den früheren Alben haben wir ausschließlich Keyboards verwendet, aber dieses Mal hatten wir jemand Professionelles, der diese Sounds gemacht hat. Viele haben gedacht, dass wir auf diesem Album ein echtes Orchester haben, da es so verdammt gut klingt. Vielleicht verwenden wir eines Tages ein richtiges Orchester, wer weiß. Vielleicht wird das nächste Album aber auch purer Metal ohne orchestrale Elemente. Es gibt keinen Grund dasselbe Album immer wieder und wieder zu machen.
Mit dem zweigeteilten Heathen throne habt ihr ein richtig großes Stück auf der CD. Ist das eine neue Richtung für Ensiferum?
Nein, wir schreiben einfach Lieder die wir mögen. Manchmal werden Songs länger und länger, während man sie schreibt.
Dieses Mal überwiegt dann wohl ein bisschen die epische Seite der Band. Denkst Du nicht die Fans vermissen dadurch ein wenig die einfacheren und kürzeren Songs wie „Token of time“ oder „Iron“? Aber Du hast ja schon erwähnt, dass das für euch keine so große Rolle spielen würde.
Auf jeden Fall ist es das wichtigste, dass man Musik schreibt, die man selbst mag. Das ist hauptsächlich auch der Grund warum Leute ihre eigenen Bands gründen. Du musst dir selbst gegenüber ehrlich bleiben, denn wenn du damit anfängst zu denken „hm, die Leute mögen diesen oder jenen Song am liebsten, also lass uns mehr davon schreiben“, solltest du aufhören.
„Stone cold metal“ hat dieses Western-ähnlichen Teil in der Mitte. Liegt Finnland jetzt mitten im wilden Westen?
Markus und ich sind große Fans von Ennio Morricones Musik und es gab früher bereits ein paar Westernelemente in den Liedern „Iron“ und „Wanderer“, aber dieses Mal wollten wir dem noch eins draufsetzen.
Hat sich das Bandgefühl etwas geändert, nachdem euer Frontmann Petri seine Zweitband Norther verlassen hat und er jetzt 100 % seiner Kraft Ensiferum widmen kann?
O.k., sagen wir es wie es ist: Petri hat Norther nicht verlassen, er wurde rausgeworfen. Wir hatten nie ein Problem damit, dass Petri Teil von Norther ist. Wir hatten unsere Zeitpläne immer so arrangiert, dass beide Bands touren und neue Sachen schreiben konnten. Aber natürlich sind wir glücklich, dass wir Petri jetzt rund um die Uhr haben zu können. Das erleichtert das Planen von Konzerten sehr.
Ensiferum sind eine schwer arbeitende Tourband. Ist das für euch das wichtigste an einer Metalband oder am Ende doch mehr eine Notwendigkeit, in Zeiten in denen man mit CD-Verkäufen nicht mehr so wirklich über die Runden kommen kann?
Das stimmt, du kannst deine Miete nicht mehr allein aus den Erlösen von CD-Verkäufen bezahlen. Aber versteh mich nicht falsch. Einige sagen, dass es o.k. ist Musik illegal herunter zu laden, da die Bands ja sowieso nichts mehr dafür bekommen. Aber das ist sehr naiv, da Plattenfirmen, welche an ihre Bands glauben, zuerst einmal ein finanzielles Risiko damit eingehen, für jedes Album tausende und tausende von Euro für Studioaufnahmen, Promotion und so weiter zu bezahlen. Und wenn sich ein Album dann nicht verkauft, wird das Studiobudget für die Band beim nächsten Mal kleiner sein, was ein schlechteres Studio und weniger Aufnahmezeit bedeutet. Aber zurück zu Deiner Frage. Wir lieben es Konzerte zu spielen. Also ist das der Hauptgrund warum wir die ganze Zeit auf Tour sind.
Ist dieses Tourleben nicht ziemlich anstrengend, oder ist es doch eine Art Lifestyle, den man liebt?
Es ist beides. Wir lieben es, aber manchmal kann es schon sehr erschöpfend sein. Aber wenn du auf die Bühne gehst und das Publikum total durchdreht, verschwinden die ganze Erschöpfung und das Heimweh, und du erinnerst dich daran, warum du dir das antust.
Am Schluss hätte ich noch ein Assoziationsspiel. Bitte sage mir doch was Dir spontan zu folgenden Begriffen in den Sinn kommt:
Manowar - Zuviel Gequatsche zwischen den Songs
Finntroll - Großartige Jungs, großartige Musik
Folkmusik - Wurzeln
Politik - Kein Kommentar
Religion - Kein Kommentar
Humppa - Trinken
Eurovision Song Contest - Celine Dion
Festivals - Sommer
Frauen im Metal - Warum nicht?
Trends - Kümmer’ mich nicht darum
Sami, ich danke für dieses Interview und wünsche Dir und dem Rest von Ensiferum viel Erfolg mit From afar.
Dankeschön, pass auf Dich auf!
Diskografie | Ensiferum (2001)
Iron (2004)
Dragonheads (EP, 2006)
10th Anniversary Live (DVD, 2006)
Victory Songs (2007)
From Afar (2009) |
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Mario Karl
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