Mozart, W. A. (Marriner)
Der Schauspieldirektor
ALBERN
Es ist schon eine schwierige Sache mit Mozarts Schauspieldirektor: Er hat eine fulminante Ouvertüre vorzuweisen, aber als Singspiel und Gelegenheitswerk gehören dazu nur zwei Arien, ein Terzett und den strophischen Schlussgesang. Der Rest ist gesprochener Text, der in der ursprünglichen Fassung die Verwicklungen um die Gründung eines neuen Theaters in Salzburg und insbesondere die Konkurrenz der um den Primdonnentitel buhlenden Sopranistinnen zum Gegenstand hat. Dieser Text ist zwar nicht unkomisch, aber stark zeitgebunden und somit bleiben eigentlich nur gut 22 Minuten Mozart´scher Musik, die hörenswert sind. Das ist nicht eben abendfüllend, ja es reicht noch nicht einmal für die Halbzeit eines normalen Konzertabends aus.
Für die Berliner Aufführung zum Mozartjubiläumsjahr 2006 hat sich daher Erhard Streul bemüht, das Stück durch Umstellungen und eine Aktualisierung der Texte spielbar zu machen. Ein mißlungener Versuch, bei dem nicht mehr herausgekommen ist als ein Machwerk. Streul zieht das eigentlich vor den Schlussgesang gehörende Terzett an den Anfang, was keinen Sinn ergibt, da in diesem Terzett die Konkurrentinnen vom Streit geläutert zu der Einsicht gelangen, dass ihr kindischer Konkurrenzkampf zu Lasten der Kunst geht. Ein Fazit, das notwendigerweise erst am Ende des Stücks stehen kann. Auch die Umtextung für die Rolle des Buff geht nicht auf, da sein geänderter Text im Schlussgesang nicht mit dem Ausdrucksgehalt der Musik korrespondiert.
Die von Otto Schenk als altersverwirrtem Theaterdirektor zwecks Verbindung der Gesangsnummern vorzutragenden Sentenzen sind teils mäßig komisch, teils altbacken oder albern und insgesamt nicht der Rede wert. Schenk wird genötigt, eine Art onkelhafte Parodie auf den Opern- und Theaterbetrieb mit Seitenhieben auf die aktuelle Berliner Kulturpolitik abzuliefern. Nun ja, wie man solche Parodien wirklich gekonnt gestaltet, hätte man am ehesten beim Altmeister Loriot abschauen können. So aber bleiben nicht mehr als ein paar müde Schenkelklopfer für die vermutlich bei der Aufführung anwesende Politprominenz.
Der Wettstreit der Sängerinnen wird zu einer Art DSDS auf der Opernbühne umgestrickt, bleibt aber gleichfalls blass und wenig lustig. Schlimmer noch: Die Sängerinnen verkennen, dass Mozarts Musik auch in seinen komischen Stücken ernst genommen sein will. Der Vortrag ist bei beiden Sopranistinnen hysterisch überspannt und lässt die musikalischen Preziosen des Singspiels auf Operettenniveau herabsinken.
Dazu spielt das Orchester unter dem längst im Rentenalter befindlichen Sir Neville Marriner buttrig weich und gemessen an der heutigen Aufführungspraxis zopfig. Der dumpfe Klangeindruck, den die Aufnahme hinterlässt, betont diesen Umstand noch zusätzlich.
Es ist eine vertane Chance, den "Schauspieldirektor" zu reanimieren. Wirklich gelungen ist dies auf CD bislang nur Nikolaus Harnoncourt, der zudem auf seiner vergriffenen Einspielung (Teldec, 1987) das Werk mit Salieris "Prima la Musica, Poi le Parole" koppelte und damit den mit diesen beiden kurzen Werken auf kaiserlichen Befehl angeordneten Wettstreit zwischen italienischer Oper und deutschem Singspiel aufschlussreich rekonstruierte.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Sopran: Noemi Nadelmann (Madame Lang), Ofelia Sala (Madame Herz)
Tenor: Lothar Odinius (Inspizient)
Bass: Carsten Sabrowski (Buff)
Sprecher: Otto Schenk (Theaterdirektor)
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Ltg. Sir Neville Marriner
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