Händel, G. F. (Kožená)
Ah! mio cor. Händel-Arien
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Info |
Musikrichtung:
Barock Oper Oratorium
VÖ: 17.08.2007
Deutsche Grammophon / Archiv / Universal CD (DDD 2006) / Best. Nr. 4776547
Gesamtspielzeit: 76:31
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PSYCHOLOGIE DER AFFEKTE
Bei ihrem Recital mit Arien aus Opern und Oratorien G. F. Händels überzeugt Magdalena Kožená bis hin zu ihrer künstlerisch motivierten Auswahl der Stücke, die – abgesehen vom wohl unvermeidlichen Lascia ch’io pianga - nicht unbedingt zum Kernbestand derartiger Sammelplatten gehören.
Welch ein Glück! So bekommt der Hörer erlesene und bewegende Darbietungen von einigen wirklich großen Arien-Porträts aus Händels Feder. Die bis ins Detail durchdachte Gestaltung der Stücke fasziniert nachhaltig. Koženás Timbre und künstlerische Reife haben sich entwickelt; was die Stimme an Farben hinzugewonnen hat, wird mit großem Gewinn eingesetzt. Die Sängerin findet für jede der Figuren einen eigenen Klang, wobei die deutliche Unterscheidbarkeit von männlichen und weiblichen Protagonisten ein besonderes Plus ist. Oft geht sie bis an die Grenzen des „Schöngesangs“, wenn sie harsche oder verschattete Töne, hörbare Atemgeräusche, stilisierte Seufzer oder Klagelaute einsetzt. Dies freilich immer im Dienst an der Sache und ohne Übertreibungen: Ob es sich nun um die von ihrer fatalen Liebe getroffene Zauberin Alcina, den im Wahnsinnn verlorenen Orlando, die rasende Dejanira, den vor Liebesglück jubelnden Ariodante oder die in ihrer Todesangst erstarte Theodora handelt – in jedem Fall zeichnet Kožená die Affekte mit einem geradezu psychologisch verfeinerten Ton nach, der auch aus vermeintlich dekorativen Koloraturen echte Ausdrucksträger macht. Auch da, wo diese minuziöse Gestaltung fast schon wieder zu artifiziell wirkt, geht sie den Figuren doch auf den Grund und entdeckt im barocken Da-Capo-Korsett intensiv fühlende Menschen. Wie überlegen erweist sich in solchen Interpretationen Händels Kunst im Vergleich mit C. W. Gluck, der eine vergleichbar individuelle Ausdruckstiefe erst in seinen letzten französischen Werken wirklich erreicht hat.
Großen Anteil an der für rund 80 Minuten fesselnden Hörerfahrung hat auch das Venice Baroque Orchestra unter Andrea Marcon. Ihre „Begleitung“ ist auf Augenhöhe mit der Sängerin, kaum weniger flexibel im Ausdruck und reich in der sinnreichen Kombination der nur scheinbar limitierten Klangfarben. Dabei fällt gegenüber den renommiertesten britischen und französischen Ensembles ein gewissermaßen widerständigerer Ton auf. Die melodische Oberfläche der Begleitfiguren wird artikulatorisch und dynamisch aufgeraut, die Phrasierung ist weniger glatt. Der instrumentale Part wirkt körperlich, wenngleich weniger opulent. Alles in allem klingen so auch bekanntere Stücke wie neu. Aufschlussreich ist dabei auch der Vergleich mit Mark Padmores vor kurzen erschienener feinsinniger Händeldeutung, die wieder ganz anders ist. Viele Wege führen zu Händel.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | Alcina, Ah, mio cor | 10:48 |
2 | Hercules, Where shall I fly? (Dejanira) | 6:30 |
3 | Agrippina, Pensieri, voi mi tormentate! | 7:30 |
4 | Giulio Cesare in Egitto, Cara speme, questo core tu cominci (Sesto) | 6:02 |
5 | Joshua, O Had I Jubal's Lyre | 2:38 |
6 | Ariodante, Scherza infida in grembo al drudo | 11:39 |
7 | Theodora, With darkness deep | 6:00 |
8 | Amadigi di Gaula, Desterò dall'empia dite | 5:49 |
9 | Orlando, Ah Stigie larve! ... Vaghe pupille, non piangete, no | 7:45 |
10 | Ariodante, Dopo notte, atra e funesta | 6:52 |
11 | Rinaldo, Lascia ch'io pianga | 4:58 |
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Besetzung |
Magdalena Kozená, Mezzosopran
Venice Baroque Orchestra Ltg. Andrea Marcon
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