Alan Jackson
What I do
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Ein neues Album von Alan Jackson zu rezensieren, ist durchaus schwierig. Nicht, dass man seine Musik nicht beschreiben könnte; es ist nur so, dass bereits alles über die Musik eines der größten, wenn nicht sogar des zur Zeit größten Countrystars gesagt und geschrieben wurde. Und ebenso wie z.B. sein Kollege George Strait beansprucht Mr. Jackson nicht die Entdeckung des Ei´s des Kolumbus oder die Neuerfindung des Rades für sich, sondern macht da weiter, wo sein letztes Album - wie alle anderen Alben auch - aufhörte, nämlich bei richtig gut gemachter Countrymusik. Im Einzelnen: Wer etwas Innovatives auf dem Album sucht, ist definitiv fehl am Platze und sollte mit seiner Suche eventuell bei Dwight Yoakam oder ähnlichen Paradiesvögeln weitermachen, denn bereits bei den ersten Klängen des Albums fühlt man sich musikalisch zu Hause und lehnt sich entspannt zurück. "Too much of a good thing" rollt gemächlich vor sich hin wie es bereits als Single-Auskopplung die Country-Charts aufgerollt hat. Ein dezentes Schlagzeug, der typische Pianosound, eine Fiddle, eine Steelguitar und die über allem stehende Stimme von Alan scheinen den Hörer in den Arm zu nehmen und zu sagen: "Schön, dass du wieder dabei bist. Willkommen in Nashville!". Hier erwarten einen keine verzerrten Gitarren und treibende Grooves. Hier weiß die Musik noch, woher sie kommt und zeigt ihre Roots voller Stolz. Minimale Begleitung stellt auch bei "Rainy day in June" den Text in den Vordergrund, und im Hintergrund zeugt eine jammernde Pedal-Steel von der herzzerreißenden Stimmung, die filigran aufgebaut wurde. Auf das Cover von "USA today" hat er es beim gleichnamigen Titel geschafft, weil er der einsamste Mensch der Vereinigten Staaten ist. Ein trauriger Text wurde hier mit einem Augenzwinkern versetzt. Dieser Song stammt - wie auch vier weitere - aus Jackson´s Feder. Der Text ist ebenfalls bei "If love was a river" der wesentliche Aufhänger, über den man sich einige Gedanken machen muss. Der Konjunktiv muss auch bei "If french fries were fat free" herhalten, der jedoch nicht mit Ernährungswissenschaft am (Cowboy-)Hut hat. Alle bisher gehörten Songs waren dem gemäßigten bzw. ruhigen Bereich zuzuordnen, und dies bleibt auch bei "You don´t have to paint me a picture" der Fall, wobei über eine abgekühlte Beziehung sinniert wird, ohne eine Besserung in Sicht zu stellen. Auch hier fällt wieder die perfekte Lautmalerei des Musikbackgrounds auf, der die Stimmung dezent aber punktgenau verstärkt. "There ya go" stellt bereits den siebten ruhigeren Titel des Albums dar, wobei auffällt, dass ein anderer Sänger mehr Drive in den Song hätte bringen können. Doch Alan Jackson hat eine Ruhe und Ausgeglichenheit in seiner Stimme, dass ihm nichts davon prescht. Erst bei "The talkin´ song repair blues" wird Gas gegeben, denn hier empfängt den Hörer eine Art "Country Rap", der ein wenig an den "Hot Rod Lincoln" erinnert, und eine lustige Geschichte erzählt. Alan soll in einer Autowerkstatt 800 Dollar zahlen, da der Mechaniker ihm eine Vielzahl von Problemen am Fahrzeug aufzählt. Als dieser Alan erkennt, spielt er ihm ein selbst komponiertes Lied vor. Alan zählt die darin enthaltenen Fehler auf und würde für eine Reparatur des Songs "nur" 900 Dollar berechnen. Ob man handelseinig wird, ist leider nicht überliefert. Eine gute Songidee, umgesetzt mit knackigerem Groove, rauer Fiddle und Harmonika, für eine Chartplatzierung immer gut. Eine stimmungsvolle Ballade wird mit "Monday morning church" vorgelegt, zu der Patty Loveless ihre Stimme als Duettpartnerin beisteuern durfte. Da ich mich an kein Duett von Alan Jackson erinnern kann, hat das Album hiermit doch etwas Innovatives aufzuweisen. Gleich danach dreht "Burnin´ the Honky Tonks down" den Speedregler einmal um die eigene Achse. Der Text ist zwar recht übersichtlich, dieser Titel scheint aber seine Existenz dem Vorstellen der einzelnen Musiker zu verdanken haben, denn zwischen den Textpassagen darf jeder Instrumentalist kein Können zum Besten geben, eigentlich ein Prozedere bei Live-Auftritten und auf Studioalben seltener zu finden, es sei denn, Brad Paisley möchte seine Hörer mit einer traumhaften Gitarrenpassage verwöhnen. Da die Jungs so einiges zu bieten haben (schließlich handelt es sich bei den Musikern um das personifizierte "Who´s who" der Countrymusik-Szene), bringt es der Titel auch auf knapp fünf Minuten, bevor mit "To do what I do" ein Livemitschnitt den letzten Song des Albums bildet. Hier berichtet Mr. Jackson seinen musikalischen Weg, von Pleiten und Erfolgen, und natürlich davon, dass er nichts anderes tun wollte als auf der Bühne stehen und Musik machen. Nachvollziehbar ist dieser Wunsch allerdings nur zu gut, denn wer möchte nicht wie Alan Jackson auf der Bühne stehen und einen Riesenerfolg haben. Und auch dieses Album wird seinen Erfolg mehren, denn von einer Top-Platzierung in den Charts darf man getrost ausgehen. Fazit: Wer dezente und gefühlsecht umgesetzte Countrymusik sucht, die ihre Roots bei keinem Song dieses Albums verleugnen kann, ist bei Alan Jackson´s neuem Album What I do bestens aufgehoben, auch wenn man bei einigen Titeln ein Deja-vu-Erlebnis vermutet. So ist er eben, und so ist seine Musik. Er braucht keine rockenden Gitarren, heftige Bässe und wirbelnde Drums. Seine Musik besteht aus seiner unverwechselbaren Stimme. Alles andere dient nur der Stimmungsverstärkung und hat keine tragende Funktion, und das ist Country, traditionsbewusst und doch modern. Auch wenn man bereits Alben von Alan Jackson besitzt und sich die Songs gelegentlich ein wenig ähneln, gibt es doch auch auf dieser CD sicherlich Titel, auf die man nicht verzichten möchte, denn "nichts Neues" ist nicht gleichbedeutend mit Langeweile, sondern kann auch auf bewährte Qualität deuten. Und Alan Jackson ist insoweit - in Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Produzenten Keith Stegall - eine sichere Bank!
Lothar Heising
Trackliste |
1 | Too much of a good thing | 3:10 |
2 | Rainy day in June | 4:40 |
3 | USA today | 3:26 |
4 | If love was a river | 3:54 |
5 | If French fries were fat free | 4:16 |
6 | You don´t have to paint me a picture | 3:45 |
7 | There ya go | 3:13 |
8 | The talkin´ song repair blues | 2:58 |
9 | Strong enough | 4:04 |
10 | Monday morning church | 3:23 |
11 | Burnin´the honky tonks down | 4:53 |
12 | To do what I do | 3:00 |
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Besetzung |
Guitar: Brent Mason Guitar, Banjo: Bruce Watkins Bass: Mark Fain, Glenn Worf, Brent Mason Drums: Eddie Bayers Fiddle, Mandolin: Stuart Duncan Piano: Hargus "Pig" Robbins, Matt Rolings Steel guitar: Paul Franklin, Lloyd Green Harmonica: Jelly Roll Johnson
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