Bach, J. S. (Suzuki)
Leipziger Kantaten 1724 (BWV 78, 99, 114)
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Info |
Musikrichtung:
Geistliche Musik
VÖ: 11.09.2004
BIS / Klassik Center Kassel CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. BIS-CD-1361
Gesamtspielzeit: 63:12
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HALBZEIT
Auf große, über Jahre angelegte Projekte mögen sich heute nur noch wenige Klassiklabel einlassen. Es ist daher ziemlich wahrscheinlich, dass die beiden vollständigen Bach-Kantateneinspielungen von Ton Koopman und Masaaki Suzuki so schnell keinen Nachfolger finden werden. Wobei Ton Koopmann vom inzwischen stillgelegten Warner-Label Erato zu Challange wechseln musste, um sein Vorhaben überhaupt noch wie geplant abschließen zu können. Sollten dann wie angekündigt ab Herbst diesen Jahres die ersten Livemitschnitte von John Eliot Gardiners Cantata-Pilgrimage aus dem Jahre 2000 veröffentlicht werden, dann wird es zu den älteren Zyklen von Nikolaus Harnoncourt (Teldec) und Helmut Rilling (Hänssler) aus den 1960er-80er Jahren in absehbarer Zeit drei gewichtige Alternativen geben. Dass „moderne“ Instrumente nur bei Rillings Einspielung Verwendung fanden, zeigt, wie stark die (Neu)Entdeckung von Bachs gut 200 Kirchenkantaten mit der Entwicklung der historischen Aufführungspraxis zusammenhängt. Nach rund 50 Jahren fahren Interpreten wie Suzuki und Koopman mit ihren versierten Ensembles jetzt die reiche Ernte ein.
Soeben hat BIS Folge 25 von Suzuki Einspielung herausgebracht. 87 Kantaten, also rund die Hälfte, sind damit aufgenommen. Grund genug, die neue Platte gleich als Jublilee Edition zu präsentieren. Als Zugabe gibt es ein kleines, farbig illustriertes Heft, das neben einer Laudatio von Dr. Peter Wollny vom Leipziger Bach Archiv noch ein Gesamtregister zu den bisherigen Aufnahmen enthält.
Musikalisch besticht erneut die hohe Qualität und künstlerische Integrität von Suzukis Ansatz, den er im Laufe der Jahre mit seinem vorwiegend japanischen Ensemble kultiviert hat: Musiziert und gesungen wird gänzlich uneitel und ohne jeden oberflächlichen Effekt. So gesehen, bietet Suzuki eine eher „nazarenisch“, fast schon keusche Lesart, bei der alle Elemente ausgesprochen harmonisch aufeinander abgestimmt sind. Das ist im besten Sinne erbaulich und ergreifend, ohne sich je ins Betuliche und Weihevolle zu verirren. Zumal es den Ausführenden gelingt, den hohen Schwierigkeitsgrad dieser Musik fast gänzlich vergessen zu mache – so abgerundet und mühelos klingt die Musik hier. Eine weniger intime, dafür markantere Rhetorik, z. B. bei der Tenorarie „Das Blut, das meine Schuld durchstreicht“ (BWV 78), wäre freilich ebenso vorstellbar wie ein pointierter Tanz-Duktus im Eingangschor von BWV 99. Obschon man gelegentlich merkt dass der Tenor Makoto Sakurada kein Muttersprachler ist, gerät ihm die großartige Arie „Wo wir in diesem Jammertale zutiefst bewegend, weil er dem Affekt mit äußerster Sensibilität in der Tongebung nachspürt. Nicht geringen Anteil an der berückenden Wirkung hat auch das geradezu zärtliche Flötenspiel von Liliko Maeda, die ihren schwierigen Part auch in den anderen Kantaten in eindrucksvoller Musikalität darbietet. Der eher sanfte Altus von Daniel Taylor hat hier und da zwar Schwierigkeiten mit der Balance, das anrührend fröhliche Duett „Wir eilen mit schwachen doch emsigen Schritten“ (BWV 78) zusammen mit der behenden Yukari Nonoshita verfehlt seine Wirkung dennoch nicht! So etwas konnte eben nur Bach komponieren …
Georg Henkel
Trackliste |
01-07 Kantate BWV 78 „Jesu, der du meine Seele“ 21:36 08-13 Kantate BWV 99 „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ 17:17 14-20 Kantate BWV 114 „Ach, lieben Christen, seid getrost“ 24:19 |
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Besetzung |
Yukari Nonoshita, Sopran Daniel Taylor, Altus Makoto Sakurada, Tenor Peter Kooy, Bass
Bach Collegium Japan
Ltg. Masaaki Suzuki
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