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Die Remaster-Serie von Led Zeppelin geht mit Presence, In Through the Out Door und Coda zu Ende





Alles hat ein Ende und dies trifft nach gut einem Jahr auch auf die Wiederveröffentlichungsreihe von Led Zeppelin zu, die sich als äußerst erfolgreich entpuppte. Die beiden Alben Presence und In through the out door sind dabei die letzten beiden Platten, die noch zu Lebzeiten der der Band entstanden. Die Zeiten waren damals trotz der großen Erfolge keine einfachen für das Quartett, was sich auch musikalisch niederschlug. Coda erschien (nomen est omen) erst zwei Jahre nachdem sich Led Zeppelin aufgrund des Ablebens ihres Schlagzeugers John „Bonzo“ Bonham mit einer gemeinsamen Presseerklärung auflösten.

Wie gewohnt erscheinen die drei Platten neben der einfachen Version wieder mit einer (im Falle von Coda sogar mit zwei) so genannten „Companion Discs“ voller unveröffentlichten Aufnahmen, auf Vinyl sowie in Form von umfangreichen Boxen mit allen Versionen auf einmal, einem Buch sowie weiteren Boni. Also mal wieder eine Frage des Fülle des eigenen Geldbeutels, zu welcher Version man greift, um sich auch das restliche Erbe einer der ganz großen Rocklegenden ins Haus zu holen - sofern man das noch nicht hat.

Was den Sound der drei Re-Releases betrifft, hat Gitarrist und Nachlassverwalter Jimmy Page wieder ganze Arbeit geleistet. Doch diese Mal ist der Unterschied zu den erstmaligen Remasters noch etwas geringer. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Studiotechnik während der Aufnahmen ein gutes Stück voran geschritten ist, so dass nicht mehr allzu viel Luft nach oben war. Wer die Versionen von 1990 nicht besitzt, bekommt aber ein fein und authentisch abgemischtes Stück Rockgeschichte ins Haus geliefert, das klanglich nicht allzu viele Wünsche offen lässt.

Doch kommen wir nun zum Inhalt der einzelnen Platten. Zur Rezension lagen abermals die erweiterten Versionen vor.


Presence


Presence erschien 1976 gerade ein Jahre nach dessen Vorgänger Physical Grafitti und doch war einiges passiert, das die Möglichkeiten der Band einschränkte. Sänger Robert Plant hatte im August 1975 einen schweren Autounfall und war während der Aufnahmen im Münchener Musicland-Studio an einen Rollstuhl gefesselt, was sich am Ende auch im Gesang niederschlug. Geschrieben hatte er die Songs gemeinsam mit Jimmy Page in Malibu. Aufgrund der Umstände klingen die Texte Plants teilweise recht düster und drehen sich um Verluste und Rückschläge. Auch musikalisch hatte sich etwas verändert. Tasteninstrumente, akustische Gitarren und Folk waren auf Presence mit keinem Ton zu vernehmen. Stattdessen hat man es hier mit einem recht basischen Hardrock-Album zu sein.
Teilweise entwickelt es sich auch etwas schleppend. Hits die einen direkt ins Gesicht springen hat es nicht wirklich zu bieten. Dafür ein paar Perlen, die gerne etwas übersehen werden. Die erste davon ist gleich die Eröffnung „Achilles last stand“. Bestimmt wird die überlange Nummer von einem pumpenden Rhythmus, der glatt aus der zart aufkeimenden Heavy-Metal-Szene stammen könnte. Dazu kommt ein flächig-flirrendes Gitarren-Riffing und der erzählende Gesang Plants. Eigentlich passiert in den zehneinhalb Minuten gar nicht soviel. Doch ein immer wieder leichtes Aufbäumen sorgt für eine mitreißende Dynamik. Einfach und faszinierend gleichermaßen. Wesentlich traditioneller ist dagegen der harte Bluesrocker „Nobody's fault but mine“. Ein hämmernder Groove, der laszive Gesang und effektive Dynamikschwankungen sorgen Gänsehaut. Noch etwas tiefer in „blaue“ Sphären taucht die Band ganz am Ende in „Tea for one“ ab. Ähnlich melancholisch wie „Since I've been loving you“, nur nicht so ruppig, dafür nicht weniger emotional legen Led Zeppelin ein Wechselbad der Gefühle vor, das mitreißt. Zwischen diesen drei Polen gibt es vier weitere Nummern, mal dezent funky groovend im Hardrock-Format („Royal Orleans“), dann wieder geschmeidig („For you life“). Wo andere Nummern teilweise etwas müde klingen, lebt „Candy Store Rock“ dabei mehr von seiner unbändigen Spiellaune, als vom Songwriting. Vielleicht auch ein Grund, dass Presence immer etwas als semigutes Alben in der Historie der Band gilt. Die Klassiker haben Led Zeppelin definitiv bereits vorher veröffentlicht. Doch am Ende bleibt diese Platte eine, die entdeckt werden möchte.
Hatte das Ursprungsalbum nur sieben Nummern zu bieten, sind es auf der dazu gehörigen Companion Disc sogar lediglich fünf. Der Großteil davon sind so genannte „Reference Mixes“. Diese klingen nur marginal anders. Lediglich „Royal Orleans“ hat komplett andere Guide-Vocals. Komplett unveröffentlicht ist dagegen das seltsam betitelte „10 Ribs & All/Carrot Pod Pod (Pod)“. Hierbei handelt es sich um ein soundtrackartig klingendes Instrumental, bei dem eindeutig John Paul Jones die Führung übernahm. Denn hier spielt ein anfangs recht ruhig angeschlagenes Piano die Hauptrolle. Page und Bonham gesellen sich später sanft spielend hinzu und erschaffen ein Stück Musik das vielleicht nicht wirklich aufs Album gepasst, dort aber trotzdem für große Abwechslung gesorgt hätte.

1. Achilles Last Stand (10:31)
2. For Your Life (6:25)
3. Royal Orleans (2:59)
4. Nobody’s Fault But Mine (6:28)
5. Candy Store Rock (4:11)
6. Hots On For Nowhere (4:44)
7. Tea For One (9:28)

Companion Audio Disc:
1. Two Ones Are Won (Achilles Last Stand - Reference Mix) (10:28)
2. For Your Life (Reference Mix) (6:28)
3. 10 Ribs & All/Carrot Pod Pod (Pod) (Reference Mix) (6:48)
4. Royal Orleans (Reference Mix) (3:01)
5. Hots On For Nowhere (Reference Mix) (4:47)


In Through the Our Door


Zwischen Presence und In through the out door lag die längste Veröffentlichungspause, in der (kurzen) Geschichte der Band. Ganze drei Jahre waren vergangen, bis die Platte schlussendlich 1979 erschien. Dabei waren die Umstände auch dieses Mal wieder etwas unglücklich. Im Sommer 77 verstarb Robert Plants damals fünfjähriger Sohn Karac, was die Band verständlicherweise erlahmte. Als die vier wieder zusammen fanden, waren Jimmy Page und John Bonham immer mehr den Drogen und Alkohol verfallen, so dass John Paul Jones, der sich beim Vorgänger sehr im Hintergrund hielt, zusammen mit Robert Plant das Ruder musikalisch an sich Riss. Konsequenz war ein etwas anderes Album mit weicheren und von Tastensounds getragenen Songs. Also genau das Gegenteil von dem, was sich damals in der Musikszene abspielte. Punk und der sich anbahnende Heavy Metal waren wohl eher das, was die Jugend wollte. Kein Wunder, dass In through the out door etwas unterging und eine Art Schattendasein führte.
Dabei beginnt es mit „In the evening“ noch recht traditionell. Nach einem einminütigem Gitarren-Drone pumpt sich die Band stark bluesrockig nach vorne und Plant gibt den gockelhaften Sänger. Konterkariert wird der harte Beat aber bereits hier von einem effektiven Keyboardteppich. Bluesrock 2.0 sozusagen. Und das stand der Band gar nicht schlecht. Nicht schlecht, bzw. sogar spannend, gilt auch für „Fool in the rain“. Der Experimentierwille der Band führte die Musiker gar in karibische Gefilde, bevor der Song in ausgelassener Sambastimmung mündet. Noch etwas weiter hinaus lehnen sich Led Zeppelin in „All my love“. Das Lied lebt vom weichen, gefühlvollen Gesang Plants sowie dem melodiösen Orgelspiel Jones'. Am Ende ist die Nummer nicht nur purer Pop, sondern eine der Sternstunden der Band. Ganz anders dagegen „Carouselambra“, in dem Led Zeppelin nochmals in progressive Sphären vorstoßen. Abermals ist es Jones, der mit seinen Tastensounds für Atmosphäre sorgt, während Page fast eine Statistenrolle einnimmt. Dies gilt im Großen und Ganzen fast für das komplette Album. Was allerdings nicht heißt, dass es zwischendurch nicht auch mal etwas feuriger wird. „South Bound Saurez“ und „Hot Dog“ sind flotte Rock'n'Roll-Songs - auch wenn etwas unspektakulärere. Bei der bluesigen, etwas schwülstigen Abschlussballade „I'm gonna crawl“ gibt Robert Plant noch ein letztes Mal den Stenz, bevor das letzte reguläre Studioalbum Led Zeppelins im Äther verhallt.
Wer das Album früher nicht wirklich mochte, es aber neu entdeckten möchte, kann dies mit der beiliegenden Companion Dis tun. Hier bekommt man von allen sieben Albumsongs alternative Mixe zu hören. Diese klingen in der Regel etwas rauer und dumpfer als die endgültigen Versionen. Was dabei gefällt, ist die Liveatmosphäre der Aufnahmen. Teilweise klingt das Ganze lebendiger und vibrierender. Am Ende ist die Sache aber trotzdem nur etwas für Spezialisten, auch wenn die Bonusscheibe die schön aufgemachte Version gut abrundet.

1. In The Evening (6:53)
2. South Bound Saurez (4:13)
3. Fool In The Rain (6:10)
4. Hot Dog (3:18)
5. Carouselambra (10:34)
6. All My Love (5:53)
7. I’m Gonna Crawl (5:31)

Companion Audio Disc:
1. In The Evening (Rough Mix) (6:54)
2. Southbound Piano (South Bound Saurez - Rough Mix) (4:14)
3. Fool In The Rain (Rough Mix) (6:13)
4. Hot Dog (Rough Mix) (3:17)
5. The Epic (Carouselambra - Rough Mix) (10:48)
6. The Hook (All My Love - Rough Mix) (5:52)
7. Blot (I’m Gonna Crawl - Rough Mix) (5:31)


Coda


Am 25. September 1980 starb Schlagzeuger John Bonham. Ein paar Wochen darauf, genauer gesagt am 4. Dezember, verkündigte die Band ihre Auflösung. Das sollte es eigentlich mit der Geschichte von Led Zeppelin gewesen sein. Die Gruppe war Atlantic Records allerdings noch ein Album schuldig. Und so wühlte Jimmy Page in seinen Archiven und stellte ein paar Songs für eine letzte Veröffentlichung zusammen. Das Ergebnis wurde Ende 1982 unter dem Namen Coda auf die Reise geschickt.
Mit dem Endergebnis war nicht jedermann zufrieden. Nur acht Songs mit einer Spielzeit von rund einer halben Stunde bekam man vorgesetzt. Allerdings waren ein paar interessante Nummern dabei. Vorwiegend stammten diese aus den frühen Tagen Led Zeppelins. „We're gonna groove“ war deftig groovender Bluesrock und ein viel versprechender Einstieg. „Walter's Walk“, ein Überbleibsel von Houses of the Holy, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Mit „Poor Tom“ machte man mit entspannt folkigem Flair bei III Halt. Zu finden sind auch drei Songs, die von den Aufnahmen zur Abschiedsvorstellung In through the out door stammen. Diese sind überwiegend gitarrenlastiger als die endgültigen Aufnahmen und hätten die Platte sicher aufgepeppt. Vor allem „Wearing and tearing“, das sich als ungewohnt hart wummernder Riff-Rocker heraus stellte. Überflüssig dagegen ist die Liveaufnahme von „I can't quit you baby“, das es bereits auf dem Debütalbum zu hören gab. Interessant, aber nicht besonders zwingend ist „Bonzo's Montreux“, das nichts weiter als ein im Studio aufgepepptes Drumsolo des verstorbenen Bonhams ist.
Bis hierhin ist das Ganze tatsächlich unter „nett“ einzusortieren. Mit den neu beiden hinzugefügten Companion Discs erstrahlt Coda allerdings in einem ganz neuen Glanz und wird zu dem, was es von Anfang an hätte sein sollen: Ein feine Ansammlung der Hinterlassenschaft Led Zeppelins. Zwar finden sich auch hierauf ein paar alternative Mixe von Coda-Songs. Allerdings auch ein paar ungehörte Töne und Songs, die es bisher nur in diversen Boxsets gab. Zum Beispiel das wahnsinnige soulige „Baby come on home“, das eine interessante und melodiöse Seite der Band zeigt. Sehr schön auch die „Immigrant Song“-B-Seite „Hey, hey, what can I do“: gemütlicher, halbakustischer Rock aus der III-Zeit. Wesentlich schmutziger agieren Led Zeppelin beim riffenden Bluesrock „Sugar Mama“, der ebenfalls aus der Frühphase der Band stammt. „St. Tristan's Sword“ ist ebenfalls ein Outtake von „III“. Allerdings handelt es sich hier um nett antreibenden, instrumentalen Hardrock.
Ansonsten wimmelt es von bisweilen ziemlich interessanten Alternative-Mixen bereits bekannter Songs. „Poor Tom“ klingt im instrumentalen Gewand wesentlich rockiger und nicht so ätherisch. Auch „Walter's Walk“ tönt in der instrumentalen Version noch etwas gestraffter und fast mitreißender. Ganz anders als das Original, aber nicht unspannend ist der Rough Mix von „When the levee breaks“. „If it keeps on raining“ ist so sogar beinahe ein neuer Song. Die sonst so markanten Hammer-Drums verschwinden fast im Hintergrund, während Gesang und Gitarren verhallt über den Dingen schweben. Dadurch entwickelt sich ein psychedelisches Hippie-Flair das man sich so gar nicht vorgestellt hätte. Für komplette Neuinterpretationen haben sich Led Zeppelin Hilfe vom Bombay Orchestra geholt. „Four Sticks“ und „Friends“ bekommen dadurch eine ganze Ladung indischen Charme eingeimpft. Somit ein Schritt mehr in Richtung Weltmusik, in die besonders Robert Plant später immer wieder eintauchen sollte.

1. We’re Gonna Groove (2:38)
2. Poor Tom (3:02)
3. I Can’t Quit You Baby (4:18)
4. Walter’s Walk (4:31)
5. Ozone Baby (3:36)
6. Darlene (5:06)
7. Bonzo’s Montreux (4:22)
8. Wearing And Tearing (5:29)

Companion Audio Disc 1:
1. We’re Gonna Groove (Alternate Mix) (2:40)
2. If It Keeps On Raining (When The Levee Breaks - Rough Mix) (4:14)
3. Bonzo’s Montreux (Mix Construction In Progress) (4:59)
4. Baby Come On Home (4:29)
5. Sugar Mama (Mix) (2:50)
6. Poor Tom (Instrumental Mix) (2:17)
7. Travelling Riverside Blues (BBC Session) (5:11)
8. Hey, Hey, What Can I Do (3:56)

Companion Audio Disc 2:
1. Four Hands (Four Sticks - Bombay Orchestra) (4:45)
2. Friends (Bombay Orchestra) (4:27)
3. St. Tristan’s Sword (Rough Mix) (5:41)
4. Desire (The Wanton Song - Rough Mix) (4:09)
5. Bring It On Home (Rough Mix) (2:32)
6. Walter’s Walk (Rough Mix) (3:19)
7. Everybody Makes It Through (In The Light - Rough Mix) (8:33)


Welches Fazit kann man nun unter die neunteilige Serie dieser Re-Releases ziehen? Es hat sich gelohnt! Schon die mit Companion Discs ausgestatteten Versionen sehen nicht nur schick aus, sondern haben teils wirklich interessante Boni zu bieten - auch wenn sich diese vor allem an Hardcore-Fans richten. Besonders der Schwanengesang Coda profitiert von der runderneuerten Aufmachung. Die neuen Abmischungen sind zwar kein Quantensprung in Sachen Sound (vor allem für Inhaber der alten Remasters), aber allemal hörenswert. Ob Jimmy Page nun endgültig das Kapitel Led Zeppelin schließt und sich zu neuen Ufern aufmacht, wie sein Kollege Robert Plant? Man wird sehen...


Mehr zur Remaster-Serie:
- I, II und III
- IV und Houses of the Holy
- Physical Graffiti



Mario Karl



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