Musik an sich


Artikel
End of Green: Depressionen sind kein Modeartikel!




Info
Gesprächspartner: End of Green (Sad Sir)

Zeit: 02.08.2010

Interview: Telefon

Stil: Dark Rock/Metal

Internet:
http://www.endofgreen.de
http://www.myspace.com/endofgreen

Wenn man sich als Rock- und/oder Metalfan auch nur am Rande für dunklere Sounds interessiert, führt kein Weg an den Württembergern END OF GREEN vorbei. „Düstere Musik ohne Schranken im Kopf“ - so oder so ähnlich sieht sich die Band selbst. Wo man das Quintett dann musikalisch verortet, interessiert es dabei wahrscheinlich am allerwenigsten. Wichtig ist vor allem, dass ein Song berührt und einen nicht kalt lässt. Und auf ihrem neuesten Streich High hopes in low places haben sie das mal wieder ziemlich oft geschafft. Allerdings sollte man vorher das Album erst ein wenig auf sich wirken lassen. Denn den sofortigen Kick gibt es bei END OF GREEN auch dieses Mal nicht, was Gitarrist Sad Sir (Kennzeichen: arschlange Dreads und knallroter Ziegenbart) im Gespräch mit MAS selbst zugab. Dafür hat man länger etwas davon. Also alles wie sonst? In diesem Sinne schon - glücklicherweise, wie man sagen muss. Dieses telefonisch geführte Interview fand rund drei Wochen vor der Albumveröffentlichung statt. Die Aufregung Sad Sirs über die Vollendung des neuesten Machwerks und die Freude darüber sprechen zu können war gut durch den Hörer zu spüren.



Das Regenwetter passt ja gerade bestens zur Veröffentlichung eueres Albums. Die Platte kommt und der Sommer wird immer trostloser. Fast als hättet ihr das so bestellt.

Ja, wer hätt's gedacht. (lacht) Normalerweise ist es ja bei Musik wie wir es machen immer ein wenig blöd. Weil im Sommer funktioniert unsere Musik glaub ich nicht so wirklich. Aber scheinbar richtet sich der Sommer dieses Mal nach uns.

Und wie ist die Gefühlslage im Vorfeld zur Veröffentlichung - angespannt oder erfreut, dass es bald offiziell losgeht?

Eine Mischung aus beidem. Aber es ist schon eher gespannt. Weil ich glaube, bei der Platte lehnen wir uns schon etwas aus dem Fenster. Von dem her bin ich schon gespannt, aber gleichzeitig auch einfach nur froh.

Dann bekommt man auch die Bestätigung für zwei Jahren Arbeit.

Wir tragen die Lieder jetzt doch schon eine Weile mit uns herum. Ich will, dass jeder die Platte hören kann. Weil gerade steht alles. Es dauert jetzt bis zum 20.8. und dann geht das Leben wieder weiter.

Mit der letzten Platte seid ihr überraschend weit oben in den Charts vertreten gewesen. Seht ihr das jetzt eher als Bestätigung eurer Arbeit oder amüsiert es euch auch ein bisschen, um als kleine Band den großen zu zeigen wo der Hammer hängt.

Auch eine Mischung aus beidem. Man darf das Ganze nicht zu ernst nehmen. Wir sind da kurz in eine Liga rein gerutscht, die mit uns eigentlich nichts zu tun hat. Ich glaube es ist schon eine Bestätigung unserer Fans, die halt sehr loyal sind und die Platte kaufen. Das ist ein wahnsinnig glücklicher Zustand. Ich glaube das freut mich am meisten dran.

Es zeigt auch mal wieder, echte Musik ist noch lange nicht tot.

Ich habe das damals als sehr beruhigend empfunden, um sagen zu können: „Ja, es gibt Leute die kaufen Platten.“ Und vielleicht muss man einem einfach was bieten. Der Großteil der Musikindustrie hat jahrelang nichts geboten und versucht, einfach mal schnell eine Mark aus den Leuten raus zu pressen. Wir geben uns immer recht viel Mühe mit unseren Platten, dem Design und der Verpackung. Und dann finde ich ein schönes Zeichen, wenn das so honoriert wird.

Ihr wart jetzt schon das zweite Mal in den Weltraumstudios München bei Corni Bartels. Ich nehme an, er hat beim letzten Mal durchaus was richtig gemacht.

Wir sind damals zu ihm ins Studio gefahren und wollten schauen, ob man mit ihm arbeiten kann. Innerhalb von ein paar Minuten haben wir gemerkt, „oh, mit dem kann man sehr gut“. diese Mal haben wir nicht lange darüber reden müssen, weil er uns inzwischen auch als Freund ans Herz gewachsen ist. Professionalität ist natürlich schon sehr wichtig. Aber für mich ist es wichtiger, dass es menschlich funktioniert, und dass ein Produzent auch einen eigenen Kopf mitbringt und nicht nur ein Vollprofi ist, der sagt, „kommt, ich zeig euch, wie es geht“, sondern dass er auf uns und unsere Musik eingeht und es so gemütlich macht, dass wir uns wie zu Hause fühlen.

Weltraumstudios + Corni Bartels

Wenn die Atmosphäre nicht passt, wirkt es sich wahrscheinlich auch auf die Musik aus.

Das war uns schon immer recht wichtig, dass es menschelt. Und das tut es bei Corni. Deswegen haben wir gar nicht lange darüber nachdenken müssen.

Wie geht man denn an eine neue End of Green-Platte ran. Kommen da zuerst ein paar Songs die man im Laufe der Zeit zusammen trägt oder setzt man sich ein Ziel auf das man zusteuert - so und so muss es klingen?

Wir schreiben ja eigentlich ständig Lieder. Es ist nicht so, dass wir eine Platte machen und einfach ein Jahr lang kein Lied schreiben. Irgendwann schaut man, was man in den letzten Monaten gemacht hat und wir hören und die Entwürfe an. Wenn das einigermaßen ambitioniert ist und uns allen einigermaßen gefällt, fangen wir mit der eigentlichen Arbeit an. Das war noch nie so, dass wir uns vorab Gedanken gemacht haben, wie die nächste Platten werden soll, was wir da eigentlich machen wollen. Unser Schlüssel war immer, dass wir uns einfach das Leben von der Seele spielen. Das klingt dann manchmal ein bisschen wütender, manchmal ein bisschen trauriger. Das stellt man dann fest, während man die Platte aufnimmt, wie die Platte wird.

Wie das Leben halt so spielt. Ein auf und ab. Das spiegelt sich dann in eurer Musik wider.

Ja, definitiv. Ich denke, dass sich mein Leben nicht sonderlich von Deinem unterscheiden wird, was das angeht. Wir haben alle unsere Höhen und Tiefen. Im Prinzip hoffen wir doch alle, dass die Tiefen nicht so präsent sind - dass man aus dem Tal auch wieder rauskommt. Die Musik ist da einfach ein bisschen Mittel zum Zweck, um sich selbst ein bisschen besser zu fühlen, wenn es einem schlecht geht. Am Ende des Tages scheint hoffentlich die Sonne. (lacht)

Du hast gerade schon das Songwriting erwähnt. Schreibt da jeder für sich seine Songs, oder ihr als Instrumentalisten nur die Musik und Michelle die Texte?

Jeder trägt irgendwie sein Päckchen in den Proberaum. Dann hämmern die anderen daran 'rum. Das ist das schöne bei einer Band. Die Idee die ich irgendwann hatte, ist am Schluss, nachdem alle daran gearbeitet hatten, tausendmal besser als zu Anfang. Ich werde besser durch die anderen und die anderen werden besser durch die Gemeinschaft. So ist es bei uns beim Songwriting eigentlich immer, dass wir uns sehr gut ergänzen. Mal sind es Worte, mal sind es Töne, mal ist es nur ein Arrangement das man umstellt.

Also echte Teamarbeit. Da gibt es keinen Kampf und Credits.

Es gibt Kampf und Stil und den Wohlklang, aber nicht um Credits. (lacht) Wir streiten oft gerne heftig, während wir eine neue Platte machen. Aber da steht die Platte im Vordergrund und nicht das Ego. Weil das Ego muss man manchmal einfach an der Tür abgeben.

Du hast gerade schon erwähnt, dass ihr euch ein bisschen weit aus dem Fenster lehnt. Den Eindruck hatte ich auch. Anfangs klang das Ganze ein bisschen ruhiger und weniger zugänglich als beim Vorgänger. Die Songs sind ein wenig subtiler. Werdet ihr langsam älter und ruhiger oder hat sich das einfach so ergeben?

Es hat sich so ergeben. Aber Tatsache ist auch, wir müssen niemanden etwas beweisen. Wir stellen uns nicht einfach hin und sagen „jetzt machen wir die traurigste Platte der Welt“. Wir lassen uns einfach von unserem Bauch leiten. Und dann kann auch mal so etwas dabei rauskommen. Ich glaube die Platte ist, wenn man sie das erste Mal anhört, etwas verstörender. Aber ab dem vierten Anhören kracht sie. (lacht) Das ist das was mir an Platten zum Beispiel sehr gut gefällt. Das Beste ist, wenn eine Platte ab dem vierten, fünften Durchgang immer besser wird. Das ist uns auch extrem wichtig. So sehr wir auf catchy Poplieder stehen, wir können auch anders. Wichtig ist, dass eine Platte einfach lange Spaß macht. Und ich glaube, dass einen diese Platte sehr lang unterhalten kann, und dass man immer wieder etwas Neues entdeckt. Wer eine oberflächliche Befriedigung sucht, war bei uns eh nie wirklich richtig. So gesehen ist es für mich eine reinrassige End of Green-Platte. Nur eben mit dem Kopf und dem Bauch von ein paar Leuten, die ein bisschen älter und ein bisschen reifer geworden sind.

Dazu habe ich mir auch ein Adjektiv notiert: erwachsener. Obwohl dass immer einen etwas negativen Beigeschmack hat.

Das klingt immer wie langweilig. (lacht) Nein, aber ich sehe es so, dass das Erwachsensein auch eher etwas damit zu tun hat, dass man eben niemand etwas beweisen muss. Wir müssen nicht beweisen, dass wir schneller spielen können als jede Metalcore-Band. Wir müssen auch nicht beweisen, dass wir langsamer spielen können als jede Doom-Band.

Ihr entwickelt euch permanent weiter, was auch sehr wichtig für eine Band ist. Einen postpunkigen Song wie „Under the sway“ gab es bisher von euch nicht. Kommt hier die 80er-Vorliebe von Michelle oder anderen aus der Band besonders durch?

Das ist unser gemeinsamer Spleen für die Musik der 80er. Wenn es um 80er-Jahre-Musik geht, denke ich in erster Linie an schlimmen Pop. Aber was Postpunk angeht, da gab es so viele gute Bands. Wir hören uns das einfach gerne und oft an und das hört man manchmal halt einfach durch. „Under the sway“ ist schon eine derart klare Postpunk-Angelegenheit.

„Saviour“ klingt auch etwas ungewöhnlich anschwellend, fast postrockartig. Was dabei auch schön zu hören ist, die leichte Hoffnung, die immer bei euren Songs mitschwingt. Von wegen „end of green“, das Ende der Hoffnung. Wie wichtig ist dieser kleine Silberstreif für Dich?

Extrem wichtig! Viele Leute nehmen Depressionen oder ähnliches als Modeartikel. Das geht nicht. Damit geht man nicht hausieren und damit spielt man nicht. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass es besser ist, wenn die Leute gut gelaunt sind und wenn es den Leuten gut geht. Ich hoffe, dass da jeder hin will. Wir sind als Band auch so realistisch, dass das nicht immer klappt. Aber die Hoffnung lasse ich mir nicht nehmen. Auch wenn wir uns oft am unteren Ende der Hoffnungsskala befinden, sind wir dennoch in ihr drin. (lacht) Deswegen ist es wichtig, immer irgendwo noch ein kleines Licht zu sehen.

Ist eure Musik, wie vorhin schon mal erwähnt, mehr eine Art Katalysator für dunkle Gefühle, um sich das vom Leib zu schreiben?

Ja, auf jeden Fall. Vorgestern waren es zum Beispiel hier in Stuttgart 30 Grad. Meine Freunde hatten gute Laune und haben gefragt, ob ich mit raus komme. Das habe ich sehr gern getan. In dem Moment schreibe ich keine Lieder. Ich schreibe Lieder, wenn ich zu Hause alleine auf der Couch sitze, wenn ich mich nicht so gesellschaftsfähig fühle. Genau in solchen Momenten zünden unsere Lieder. Ich glaube, dass auch genau in solchen Momenten unsere Lieder für andere Leute auch gut Trost spenden können, wie es dies auch für uns tut. Für uns ist das immer eine Art sich frei zu kotzen, das Leid von der Seele zu spielen, um sich danach einfach besser zu fühlen.

Gibt es da auch Platz für schwarzen Humor und Zynismus? Ich glaube nicht, dass man einen so klischeehaft klingenden Songtitel wie „Tie me a rope … while you're calling my name“ ernst nehmen sollte.

Unser Humor wird wahrscheinlich im Quatsch Comedy Club nicht ankommen. Ich glaube, wenn man bei uns zwischen den Zeilen liest, merkt man durchaus, dass wir zum Lachen nicht in den Keller gehen. Wir haben eine durchaus humorvolle Seite und zynisch sind wir alle mal.

Und der Humor spiegelt sich mit Sicherheit auch in euren Pseudonymen wider.

Unter anderem ja. Wir haben ja alle sehr unspektakuläre, bürgerliche Namen. (lacht) Dieses Mal haben wir es sogar geschafft, dass alle Leute den gleichen Namen wie bei der vorherigen Platte haben.

Videoclip "Goodnight insomnia"

Zu eurer ersten Single Goodnight insomnia habt ihr einen ziemlich coolen Videoclip gedreht. Spielen solche Clips heute eigentlich noch eine Rolle? MTViva zeigt ja gar keine Musik mehr.

Wir machen uns keine Hoffnungen, dass wir irgendwann auf MTV laufen, in der halben Stunde in der sie Musik zeigen. Primär ist es fürs Internet und DVDs. Ich finde es nach wie vor ein schönes Medium. Wobei man eben sagen muss, dass das Medium dadurch, dass es im Fernsehen nicht mehr stattfindet, ein bisschen an Reiz verloren hat. Wenn du ein Video in Bildschirmauflösung siehst, ist es noch mal etwas ganz anderes, als wenn du es auf einem großen Fernsehschirm anschaust. Das finde ich ein wenig schade. Aber trotzdem lassen wir uns nicht den Spaß an Videos nehmen. „Goodnight insomnia“ ist ein Rock’n’Roll-Clip für ein Rock’n’Roll-Stück. Ich schaue mir das gerne an. Man darf es auch nicht überbewerten, was man in solchen Videos macht. Ich glaube es geht Hand in Hand mit dem Song.

Ihr spielt hin und wieder Akustikshows und habt beim letzten Album auch eine zweite CD mit Akustikversionen dabei gehabt. Hättet ihr vielleicht Lust, das in Zukunft auszudehnen, in Form eines ganzen Albums oder einer Tour?

Eventuell. Wir machen das gerne. Wir haben das früher meistens nur für uns gemacht. Auf der letzten Tour haben wir einfach zum Runterkommen zwei, drei Lieder akustisch gespielt, damit alle Leute gemütlich mit einem guten Gefühl im Bauch nach Hause gehen. Ich finde es schön, wenn wir unsere Lieder so verändern können. Die Lieder bekommen manchmal ein völlig neues Gesicht, dadurch dass wir sie bis auf die Knochen ausziehen. Es kann durchaus sein, dass wir das mal ein bisschen ernsthafter betreiben. Nur verkrampfen dürfen wir das auch nicht. Die Magie unserer Akustikmusik ist, dass es einfach passiert.

Also nicht einfach eine geplante Sache, sondern nur wenn einem der Sinn danach steht.

Genau. An manchen Tagen habe ich selbst gar keine Lust dazu, weil ich einfach nicht so drauf bin. Aber wenn wir die Lust dazu haben, dann ist es wunderschön.

Statt Akustikversionen gab es jetzt auf der neuen Platte Neueinspielungen älterer Kamellen. Wie kamt ihr auf die Idee?

Es stand mal zur Debatte, wir sollten eine „Best Of“ machen. Das wollten wir nicht. Ich finde nichts liebloser, als einfach von einer alten CD Lieder runterzunehmen und auf eine neue CD draufzuklatschen. Das ist einfach lieblose Abzocke. Wir haben dann im Spaß gesagt: „Wenn, dann spielen wir einfach noch ein paar Lieder neu ein.“ Unsere ersten drei Platten waren jetzt nicht mit dem geilsten Sound der Welt gesegnet. Das kann man dann schon mal irgendwie updaten. Wichtig war für uns eben, dass wir es nicht zu akademisch machen, sondern dass wir einfach ins Studio gehen, sofort aufnehmen und es eben so spielen, wie man es an dem Tag live spielen würde. Das witzige ist, wenn wir das Ganze an einem anderen Tag aufgenommen hätten, wären es wahrscheinlich erst einmal andere Lieder gewesen und sie hätten noch einmal komplett anders geklungen. (lacht) Es ist bei uns wirklich sehr stimmungsabhängig, wie ein Lied klingt. Es gibt wahrscheinlich 50 verschiedene Arten wie wir „Demons“ spielen könnten. Das ist auch das schöne, dass sich die Lieder mit der Zeit etwas verändern und wachsen. Mal klingen sie fieser, mal klingen sie wütender, mal klingen sie persönlicher. Das macht Spaß!

Dann bleibt es auch als Musiker interessant.

Ich kann mir als Musiker nichts Schlimmeres vorstellen, als abends einen Gig zu spielen und zu denken: „Och ne, nicht schon wieder!“ Da habe ich keinen Bock drauf.

Geht einem aber als Fan so, wenn man zum 50. Konzert geht und zum 50. Mal „Smoke on the water“ in der gleichen Version hört, wird es irgendwann fad.

Natürlich ist es das Geilste was es gibt, wenn du in deinem Leben so ein Lied wie „Smoke on the water“ schreibst. Du hast einen Klassiker geschrieben den jeder kennt und liebt. Aber wenn der jeden Abend gleich klingen muss und dann die Leute aber sagen, „puh, heute klingt das scheiße, früher war es besser“, dann stimmt was nicht.

Ich hatte letztens ein Interview mit Nazareth geführt und den Sänger gefragt, wie es für ihn ist jeden Abend „Love hurts“ zu spielen. Da meinte er nur: „Die Leute sind gekommen und haben dafür bezahlt das zu hören. Also müssen wir es spielen.“

Da verkommt man zum bloßen Dienstleister. Und das hat keine Band verdient, dass sie ihr Programm so runter spulen muss. Wir haben es über die Jahre immer wieder gemerkt, wie wir je nach Laune und Tagesform komplett andere Konzerte wie am Vortrag spielen.

Wenn man sich das Publikum auf euren Konzerten so anschaut, ist das doch sehr unterschiedlich. Was denkst Du, woran liegt es, dass ihr so viele verschiedene Personengruppen ansprecht?

Ich glaube das hat einfach etwas damit zu tun, dass wir selbst so sind. Wenn Du in meinen Plattenschrank schaust, würde es Dir wahrscheinlich schwindlig werden. (lacht) Wir haben keine Schranke im Kopf. Wir packen in unsere Musik was wir für richtig halten. Dann kann das auch mal schlichtweg einfach auf-die-Fresse-Metal sein. Vielleicht sogar Rock’n’Roll, Punkrock und gleichzeitig Gothic, weil wir das alles gerne hören und weil wir mit so einer Art von Musik aufgewachsen sind. Ich glaube, dass das der Grund ist, dass sich so viele unterschiedliche Leute einigen können. Eigentlich kann einem als Band nichts Besseres passieren. Wir können auf einem Gothic-Festival spielen und dann in Wacken und es ist kein Widerspruch. Man kann uns einfach überall hinpacken. Es werden immer bunt gemischte Leute da sein, die sich vor allem untereinander vertragen und untereinander keinen Stress haben, weil wir ihr gemeinsamer Nenner sind. Das ist ein schönes Gefühl, wenn man sieht, dass Metaller, Punks, Gothics und völlig normale Rockhörer dastehen. Das finde ich gut und das ist für uns eine Art Auszeichnung.

End of Green - Schwaben

Konzerte spielt ihr überwiegend in deutschsprachigen Raum. Ansonsten seid ihr tourmäßig nicht wirklich in Europa unterwegs. Gibt es keine größeren Ambitionen mal ganz Europa zu erobern?

Im Prinzip schon. In manchen Ländern sind unsere Platten nur schwieriger zu erhalten. Wir haben zum Beispiel viel Kontakt nach Mexiko. Das ist dann recht witzig irgendwie. Weil nach Mexiko fliegst du ja nicht eben so mal und spielst ein Wochenende. (lacht) Ab und zu findet man uns auch mal im nicht-deutschsprachigen Raum. Primär ist aber der deutsche Raum derjenige für uns, den wir bespielen. Soviel Zuschriften wir auch aus den USA kriegen, es würde momentan keinen Sinn machen, da hinzufahren. Wir könnten das von hier aus nicht organisieren. Wenn wir hier in Europa Konzerte geben, ist ein Veranstalter da, der uns irgendwie kennt. In den USA ist keiner, der das sagt: „Jetzt endlich kommen End of Green - eine Nation wartet darauf!“ (lacht) Dazu sind wir zu sehr Liebhaberthema.

Euer Herr Sänger macht neben End of Green auch noch mit seiner Zweitband Bury Me Deep und hin und wieder solo Musik. Gibt’s beim Rest der Band keinen ähnlichen Interessen?

Hampez hat noch eine Band. Die hießen früher Dyin Julia, jetzt heißen sie Glenda. Lussifer hat jetzt neulich auch Schlagzeug bei Michelles Band ausgeholfen, weil der Schlagzeuger krank war. Also es bleibt irgendwie alles in einer Familie. (lacht) Die Leute die in den Bands mitspielen, sind auch alles alte Freunde. Manchmal habe ich so ein Art Queens of the Stone Age-Gefühl.

Dann gründet doch einfach die Swabian Sessions!

(lacht) Genau, so etwas in der Art. Kerker und ich sind die einzigen die nicht nebenher noch in anderen Bands spielen.

Dann wären wir auch schon am Ende angekommen. Wenn Du noch letzte weise Worte loswerden möchtest, könntest Du das noch gerne tun.

So weise sind meine Worte selten, aber ich hoffe wirklich, dass sich Menschen die Mühe machen unsere Platte öfter anzuhören und einfach mal dahinter schauen, was da musikalisch passiert. Mir geht es in letzter Zeit echt so, dass ich viel mitbekomme und ich mich immer wundere mit welcher Oberflächlichkeit alles passiert. Und ich will keine Oberflächlichkeiten mehr. Wir bringen kein Platten aus oberflächlichen Egogründen herausn. Ich will, dass End of Green eigentlich auch so verstanden wird, als eine Band die tiefer geht. Ich weiß, dass es heutzutage eine Mühe ist, sich länger um irgendetwas zu kümmern. Viele Leute leben halt diese „klick hier, klickt dort“-Mentalität. Ich denke, wir brauchen alle mal ein bisschen Ruhe in unserem Leben. Und es wäre schön, wenn unsere Platte auch ein Teil davon sein könnte.

Gitarrist Sad Sir

Diskografie
Infinity (1996)
Believe my friend (1998)
Songs for a dying world (2002)
Last night on earth (2003)
Dead end dreaming (2005)
The sick’s sense (2008)
High hopes in low places (2010)













Mario Karl



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