Musik an sich


Artikel
Earl Greyhound: Jedes Lied das ich schreibe, ist eine spirituelle Übung.




Info
Gesprächspartner: Earl Greyhound (Kamara Thomas)

Zeit: August 2010

Stil: (Hard) Rock

Internet:
http://www.earlgreyhound.com
http://www.myspace.com/earlgreyhound

Man stelle sich mal folgendes Szenario vor: The Who und Sly and The Family Stone ziehen hinter der Bühne bei Woodstock gemütlich einen durch und plötzlich erscheinen Led Zeppelin erzürnt in der Szenerie, da man sie nicht eingeladen hat. Just in diesem Moment entsteigen die Queens of the Stone Age einer Zeitschleife und sprengen fast die Party. Carlos Santana beobachtet diesen Zauber interessiert aus der Ferne und zockt dazu mit Jimmy Hendrix ein paar Licks, während Lenny Kravitz aus dem Kinderhort zuwinkt. Würde man das Ganze anschließend vertonen, würde es so - oder zumindest so ähnlich - wie das neue Album des Powertrios EARL GREYHOUND klingen. Aber halt - vergessen wir diesen ganzen Budenzauber wieder. Ansonsten würde man in der gemischtfarbenen und -geschlechtlichen Band nur eine weitere Retroveranstaltung sehen. Und das würde EARL GREYHOUND keinesfalls gerecht, auch wenn sie optisch so aussehen. Dazu sind sie einfach zu einzigartig. Suspicious package ist eine wahre und zeitlose Fundgrube an emotionalen Rockmusikmomenten und ein Ausbund an Leidenschaft. Rockfans sämtlicher Generationen sollten hier schleunigst auf ausgedehnte Entdeckungstour gehen. MAS kontaktierte Bassistin, Sängerin und allgemeinen Blickfang Kamara Thomas, um einen kleinen Einblick in das Wesen dieser tollen Band zu bekommen. Hier ihre Worte:



Hallo Kamara! Wie würdest Du die Band Earl Greyhound mit fünf Adjektiven beschreiben?

Majestätisch, gefühlvoll, heavy, saftig, ROCK.

Euer Bandname klingt ziemlich britisch. Was steckt dahinter, wer ist dieser „hundische Aristokrat“?

(lacht) Der Earl möchte lieber, dass seine Identität ein Geheimnis bleibt, hat uns aber liebenswürdigerweise erlaubt seinen Namen für unsere Band zu verwenden.

Eure Musik klingt, als seid ihr von vielen verschiedenen Dingen beeinflusst worden. Welche Platten kann man in Euren Sammlungen untere anderem finden?

Ich kann jetzt nicht für die beiden Jungs sprechen. Aber ich weiß, dass Led Zeppelin, INXS und Soundgarden zu Matts Topfavoriten gehören, und dass Ricc auf Mahavishnu Orchestra schwört. Ich bin ein Fan von Fleetwood Mac, Tori Amos, Dolly Parton und Tom Petty - um nur ein paar zu nennen.

Was mir an Eurer Musik gefällt, ist die pure Leidenschaft, welche sie verbreitet. Etwas das man in der heutigen Musik ein wenig vermisst. Es scheint, dass ihr auf die 60er und 70er zurück blickt und Euch fragt, was die damals richtig gemacht haben. Ist dieser alte Geist etwas das ihr ins neue Jahrtausend übertragen wollt?

Definitiv! Wir sind eine Band die ihr Herz ziemlich auf der Zunge trägt - das ist wo das Herz hingehört. Ich habe die Muse niemals mit Apathie oder Ironie beschworen. Ich bevorzuge Freude, Leidenschaft und Präsenz, was die Götter viel mehr anspricht.

Viele Songs von Earl Greyhound klingen ziemlich intensiv. Seht ihr das Schreiben und Spielen von Musik als eine Art spirituelle Erfahrung?

Ich tue das absolut. Jedes Lied das ich schreibe, ist eine spirituelle Übung. Manche Lieder heilen mich, manche öffnen meinen Geist für neue Möglichkeiten, manche lehren mich für die Wahrheit einzustehen die ich im Moment sehen kann - alles geistige Bestrebungen.

Einige Leute sehen Earl Greyhound einfach als eine weitere Retroband. Ihr könnt nicht leugnen, dass Euer Styling und Euer Sound einige dieser Elemente enthält. Wie geht Ihr mit diesen Vorwürfen um, wie seht ihr Euch selbst als Band?

Nun, es ist kein Geheimnis, dass wir altmodische Klamotten mögen, was auf jeden Fall zu diesem Image beiträgt. Aber ich denke, wenn man die Musik einmal genau anhört, wird es offensichtlich, dass dort mehr ist, als man zuerst erkennen kann. Wenn uns Leute einfach als „eine weitere Retroband“ bezeichnen, vermute ich, dass sie sich nicht die Zeit genommen haben die Musik wirklich anzuhören. Sie ließen sich vom ersten Anblick an fehl leiten.

Ihr seid bereits mit solch unterschiedlichen Acts wie Chris Cornell, Saul Williams, OK GO und Coheed and Cambria getourt. Wie war es, vor derart unterschiedlichem Publikum zu spielen?

Jede dieser Touren hatte in der Tat ein ganz verschiedenes Publikum. Aber jede hat uns sehr viel gelehrt, da es immer viele Leute gab, die sehr empfänglich waren und wir viele neue Megafans auf jeder dieser unterschiedlichen Touren bekamen. Jeder dieser Acts, mit denen wir gespielt haben, brachte eine andere Seite unser Performancetechnik zum Vorschein und sorgte dafür, dass wir genau darauf achteten, wie wir jedes Publikum erreichen können. Das hat uns den richtigen Schliff als Performer gegeben.

Was denkt Ihr, welche Art von Leute sprecht Ihr mit Eurer Musik an?

Um ehrlich zu sein, wir versuchen JEDEN zu erreichen! Wenn es eine bestimmte „Art“ von Personen geben sollte, würde ich sagen, dass unsere Fans dazu neigen rocken zu wollen, zu tanzen, sich zu befreien, Freude und sich so lebendig wie möglich zu fühlen. Das ist es, worum es wirklich bei Rockmusik geht.

Mit Ricc habt Ihr eine neuen Schlagzeuger in Euren Reihen. Ist er das fehlende Stückchen welches die Band perfekt macht?

Nun, wir suchen immer die Perfektion. Aber Ricc war wirklich das fehlende Puzzleteil. Als er bei uns eingestiegen ist, bewegte sich für uns alles nach vorne. Diese Band brauchte schon immer einen ausnahmslos KRANKEN Schlagzeuger. Und es gibt keinen kränkeren als Ricc.

Diskografie
Earl Greyhound (EP, 2004)
Soft Targets (2006)
Suspicious Package (2010)
Zwischen dem Debütalbum Soft targets und Suspicious package vergingen einige Jahre. Was waren die Gründe dafür und was passierte mit der Band in der Zwischenzeit?

Überwiegend Businesskram, der uns mehr Zeit raubte als wir eigentlich wollten, der aber geregelt werden musste bevor wir uns weiterbewegen konnten. Wie fast jeder weiß, befindet sich die Musikindustrie derzeit in einem ziemlich starken Wandel und wir mussten sehen welche Karten wir auf die Hand bekommen und wo wir letztlich enden möchten. Als Ergebnis davon haben wir uns entschlossen total unabhängig zu werden. Aber das bedeutete, dass wir eine Menge geschäftliche Dinge arrangieren mussten, bevor wir unser zweites Album heraus bringen und alle anderen Chancen nutzen, die sich für uns ergeben. Künstler müssen heutzutage viel mehr über das Geschäft nachdenken, um sich über Wasser halten und weiter machen zu können.

Wie fühlst Du Dich, wenn die das neue Album mit den vorher gehenden Veröffentlichungen vergleichst?

Wir sind glücklich damit, wie das Album geworden ist. Es repräsentiert wirklich die kreativen Beiträge aller drei Mitglieder zu einem bestimmten Zeitpunkt. Es gibt nichts das außen vor gelassen wurde. Und das ist genau das, was wir wollten.

Was treibt Dich an Songs zu schreiben?

In erster Linie bin ich eine Geschichtenerzählerin. Die Geschichten kommen auf mich zu und lassen mich wissen, wenn sie bereit sind sich als Lieder zu manifestieren.

Wie funktioniert das Songwriting bei Earl Greyhound, seid Ihr Freunde von langen Jamsessions um Ideen auszuarbeiten?

Ein bisschen von allem. Jeder bringt Songs mit die er geschrieben hat - manche fertig, manche unfertig - und die wir dann als Band ausarbeiten. Und dann entwickeln wir aber auch Ideen einfach in Jamsessions.

Wie wichtig ist Styling und Mode für Euch? Genießt ihr es einfach modische Klamotten zu tragen oder gehört es auch zum Teil Eures Images?

Uns gefällt es. Und wie ich zu sagen pflege: Man sollte etwas mehr von seinen Rockstars erwarten können! Ich finde es einfacher seine ekstatischen Höhen zu erreichen, wenn man seine „heilige Kleidung“ trägt. Wenn ich allerdings die Muse beschwöre, ist es das letzte was ich tue, mich für diesen Anlass in Schale zu werfen.

Im September tourt ihr zum ersten Mal auch in Deutschland. Bist Du schon aufgeregt?

Ich war bisher noch nie in Europa. Ich bin also mehr als aufgeregt. Ein Abenteuer der höchsten Kategorie!

Was können die Leute von einer Earl Greyhound-Show erwarten?

Sie können erwarten, dass ihre Gesichter weggeschmolzen werden und sie mit dem glücklichen Wissen nach Hause gehen können, eine richtige Rockshow gesehen zu haben. Wir geben jeden letzten Tropfen von uns der in uns ist - das ist ein Versprechen!

Siehst Du Earl Greyhound mehr als Live- oder als Studioband?

Wir sind beides. Was auch immer wir machen, wir legen unser Herz und unsere Seele in es und machen es so gut wie wir nur können.

Was ist das Schönste daran in einer Band zu sein?

Zu sehen wie die Musik, wir selbst und unsere Beziehungen mit der Zeit wachsen. Durchhalten, auch wenn es hart wird und danach all die Segnungen sehen, die davon kommen, wenn man sich engagiert.

Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft und was wollt Ihr mit Earl Greyhound in den nächsten Jahren erreichen?

Die WELT zu rocken, natürlich! Und mit uns selbst zufrieden zu sein, während wir das tun.




Mario Karl



 << 
Zurück zur Artikelübersicht
 >>