Luther on the Fritz: Sommerkonzert des Voicepoint-Gesangsstudios in Chemnitz




Info
Künstler: Voicepoint

Zeit: 18.06.2017

Ort: Chemnitz, Fritz Theater

Internet:
http://www.voicepoint-web.de

Seit zwei Dekaden gehört ein alljährliches Sommerkonzert zu den festen Programmpunkten im Veranstaltungsjahr des Voicepoint-Gesangsstudios, das in Niederfrohna nordwestlich von Chemnitz beheimatet ist. Conny Fröhlich und ihre Myriaden von Mitstreitern stellen einen bunten Streifzug durch die aktuelle wie vergangene Popwelt vor und damit das Können der Schülerinnen und Schüler unter Beweis, unter denen sich übrigens keineswegs nur die Heranwachsendengeneration findet, sondern auch so mancher Erwachsener weiterhin etwas für seine Stimme tut oder auch neu auf den Trichter kommt, dass das etwas Nützliches sein könnte, ergo entweder Einzelunterricht nimmt oder zumindest im Voicepoint-Chor mitwirkt. Das Sommerkonzert hat meist einen festen Veranstaltungsort, der nur aufgrund zwanghafter Veränderungen von Rahmenbedingungen verändert wird – mittlerweile ist zum dritten Mal das Fritz Theater Ort des Geschehens, eine kleine, aber feine und gemütliche Bühne in einem an ein Hotel im Chemnitzer Stadtteil Rabenstein angeschlossenen Gebäude, und ebenjene Lokalität ist am besagten Junisonntag zweimal so gut wie ausverkauft. Der Rezensent erlebt die zweite Aufführung, die 19 Uhr beginnt.

Der Charakter als Werkschau bringt es mit sich, dass man kein revueartig konzipiertes oder sonstwie zusammenhängendes Programm erwarten darf, selbst wenn die beiden jugendlichen Moderatoren hier und da doch den Faden vom einen zum anderen Stück spinnen. Die Sänger sind außer ihren Leadrollen auch chorisch eingebunden – so wird gleich die Eröffnungsnummer, Abbas „Waterloo“, in großer Chorbesetzung dargeboten. Während die Solisten (und auch die Backingsänger) danach laufend wechseln, steht bzw. sitzt zudem noch eine relativ feste Band aus einem Drummer, einer Bassistin, zwei Keyboardern, einem Akustikgitarristen, einem E-Gitarristen und zwei eher sporadisch zum Einsatz kommenden Bläsern auf der Bühne, unter denen der Kenner einige ehemalige Mitglieder der regional ziemlich bekannten Band Sunrise entdeckt und bei denen Keyboarder Michael Fröhlich den musikalischen Hut auf hat. Die Instrumentalisten stehen im Programm aber eher selten im Fokus (sie bewältigen ihre extrem vielfältigen Aufgaben freilich in erstklassiger Weise!) – das Spotlicht richtet sich ganz klar auf die Gesangssolisten. Die singen naturgemäß in unterschiedlicher Qualität, und nicht jedes Arrangement funktioniert so ganz: Mit „Crazy Little Thing Called Love“ und seinem Americana-Touch etwa kann sich der Rezensent nicht so ganz anfreunden, mit Mr. Misters leicht bombastischem „Kyrie“ dagegen umso mehr, und Evanescences „Bring Me To Life“ hat zwar das Problem, dass sich im Rezensentenohr eine noch stärkere Coverversion festgesetzt hat (die von Nemo nämlich), aber unabhängig davon ist auch die Voicepoint-Fassung für die eine oder andere Gänsehaut gut. Neben deutschen und englischen Songs gibt es mit „Ecos de amor“ auch einen Ausflug ins Spanische, und wer etwa gezweifelt haben sollte, ob Silly und Roger Cicero nacheinander funktionieren, der bekommt an diesem Abend den Beweis geliefert, dass es geht. Mit „In Worms ist Reichstag“ findet sich in der Setlist auch ein Vorgeschmack auf ein Luther-Musical, an dessen Vorbereitung und den im Oktober anstehenden Aufführungen die Voicepoint-Crew beteiligt ist (hier und im „Miss Saigon“-Medley pausiert die Band, und die Instrumente kommen vom Band), und außerdem gibt es ein großes Disney-Medley, das noch einmal den Rahmen des Programms auslotet. Einem etwas zu nervösen und damit den Titel ungewollt eher konterkarierenden „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ steht da nämlich „Du hast ’n Freund in mir“ gegenüber, und dessen Solistin Mariella Müller benötigt definitiv keinen Jugendbonus: Die Neunjährige (!) singt mit einer richtig guten Stimme, und als ihr Teil endet, dirigiert sie wie ein alter Profi die Band durch die Verzögerung hin zum Schlußton. Nicht nur dieser Moment, sondern große Teile des Programms sorgen für gute Laune im Publikum, das nach „Stayin‘ Alive“ der Bee Gees, welches den regulären Set abschließt, noch eine Zugabe einfordert, allerdings „nur“ den zweiten Teil von „Stayin‘ Alive“ noch einmal geboten bekommt und nicht „Die Biene Maja“, wie man anhand der letzten Ansage (die die Frage enthielt, was diese beiden Songs gemeinsam hätten) eigentlich geschlossen hatte. Aber das macht nichts: Netto rund zwei Stunden Musik stellen ein überwiegend glänzendes Zeugnis von dem aus, was im Voicepoint-Studio geschaffen worden ist und hoffentlich auch in Zukunft geschaffen wird.


Setlist:
Waterloo
Ecos de amor
Glück
Ich bin es nicht
Frei
Was immer auch kommt
Save Your Soul
As You Turn Away
Disney-Medley: Du hast ’n Freund in mir/Probier’s mal mit Gemütlichkeit/Wann fängt mein Leben an/Ich will keinen Mann/Almost There
Breit, blond und blendend
--
Miss Saigon
Human
Bring Me To Life
Not Ready To Make Nice
Light On
In Worms ist Reichstag
Kyrie
Musik sein
Crazy Little Thing Called Love
Confetti
Stayin’ Alive


Roland Ludwig



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