Musik an sich


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Der Wawawa

The Angels Have Gone


Info
Musikrichtung: Jazz

VÖ: 18.07.2014

(Unit Records)

Gesamtspielzeit: 44:14

Internet:

http://www.derwawawa.ch/
http://www.uk-musikpromotion.de
http://www.derwawawa.com
http://www.unitrecords.com


Diese drei Musiker spielen bereits zehn Jahre zusammen, geboren wurden sie zwischen 1978 und 1983, zählen also zur ganz jungen Generation von Jazzmusikern.

Die Besetzung mit Saxofon, Bass und Schlagzeug ist ungewöhnlich, aber nicht neu. So ist als eine der wichtigen Formation in dieser Richtung jene um den Saxofonisten Sonny Rollins zu betrachten, der bereits im Jahre 1957 zusammen mit Ray Brown und Shelly Manne mit dem Album Way Out West ein frühes Referenzalbum vorlegte.

Diese Platte startet mit Jazz, mit einer elegant groovenden Einleitung des Schlagzeugs, dem sich bald der Bass an die Seite stellt und der Zug gemeinsam in Fahrt gebracht wird. Reising stößt dazu und gemeinsam musiziert man weiter, aber nicht dergestalt, dass nun das typische Solo des Saxofonisten käme. Vielmehr scheint dieser im Zusammenklang zwischen Altsaxofon und Bassklarinette zusammen mit den Mitspielern eine besondere Stimmung kreieren zu wollen, eine solche, die dem Stück erst zum Ende eine Wendung gibt, indem man auf eine sphärische Weise abhebt, der Song scheint sich aufzulösen und zu zerfließen, bevor er sich überhaupt konstituiert hat.
In diesem Zusammenhang mag vielleicht auch der Ausspruch von Joe Zawinul herhalten, der zur Musik seiner Band Weather Report einst bemerkte: “"We never solo, we always solo.“

Im zweiten Titel hält dann der Funk Einzug. Reising löst sich nun auch aus der Umklammerung des Ensemblespiels und lässt seiner Improvisation freien Lauf.
Bei Honlysurf handelt es sich wieder eher um eine Kollektivleistung; geführt vom Bass kleiden die beiden Mitspieler dieses Lied aus und gestalten es weitestehend gemeinsam, das Stück fließt mehr oder weniger, ohne dass es mich besonders ergreifen und packen könnte.
Lebhard vom vierten Stück steht nicht ganz mit leeren Händen (siehe Songtitel) da, gemächlich scheint sich eine Ballade bildhaft zu entwickeln, dem Hörer ist Raum gelassen, dem Fluss zu folgen, ohne, dass ein wiedererkennbares Thema einen Aufhänger böte. Wie auch bei diesem Song wird viel gestaltet aus dem Moment heraus, eigentlich wäre das schon fast Free Jazz, wenn die Musiker nur nicht so ruhig blieben und eine herkömmliche Struktur doch noch verblieben wäre.
Und dabei fällt mir auf, dass ich hier manchmal eher das Gefühl von Langeweile habe als das, mitgerissen zu werden in einem Strudel von Gefühlen.

So wirkt die Musik auf mich oft mehr kopflastig als wirklich emotional anspringend, und immer dann, wenn es gelingt, auszubrechen aus dem suchenden Treiben, dann kommt ein Aufmerken auf mich zu, doch leider etwas zu wenig für meine Wünsche.

Auch habe ich oft den Eindruck, dass eine gewisse akademische Ernsthaftigkeit regiert, nur - wo bleibt der Humor, der sich eigentlich aus der Bezeichnung einzelner Titel vermuten ließe? Nun ja, auf den Fotos des Booklets schauen die Musiker auch recht ernst und grüblerisch.
Dafür wiederum kann man eine Fülle von scheinbar spontan entstehenden Melodien entdecken, wodurch einzelnen Titeln vermehrte Aufmerksamkeit zuteil werden kann.

Relaxin‘ At Grahvink, ob es sich bei Grahvink um eine ähnliche Nervenheilanstalt handelt wie Camarillo, in der Charlie Parker einst ‘relaxen‘ musste? Nun denn, jedenfalls gibt es hier auch ein Thema, dass in eine Funkstimmung übergeht, gut für die Seele.

Die einzige Komposition des Schlagzeugers, das letzte Stück, gefällt mir sehr gut, erinnert es mich doch an die Aufbruchstimmung bei ECM Records aus den Anfängen des Labels.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Jazz [Müller] (6:30)
2 Bouncin‘ With Captain Corrigan [Reising] (4:07)
3 Honlysurf [Reising, Müller; Baumann] (5:25)
4 Lebhard Mit Den Leeren Händen [Müller] (5:39)
5 Susi Schulze [Müller] (4:58)
6 5:15 The Angels Have Gone [Bowie] (6:00)
7 Relaxin‘ At Grahvink [Reising] (5:16)
8 Midnight After Hour [Baumann] (6:14)
Besetzung

Benedikt Reising (Altsaxofon, Bassklarinette)
Marco Müller (Kontrabass)
Rico Baumann (Schlagzeug)



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