Couperin, F. (Tharaud)
Tic-Toc-Choc
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Info |
Musikrichtung:
Barock Klavier
VÖ: 16.03.2007
harmonia mundi / harmonia mundi CD (AD DDD 2006) / Best. Nr. HMC 901056
Gesamtspielzeit: 65:18
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EINE VORAHNUNG DES IMPRESSIONISMUS
François Couperin, der Großmeister subtiler Cembalistik, auf dem Klavier? Alexandre Tharaud, seit seinen erfolgreichen Rameau-Transkriptionen mit den Eigenheiten französischer Cembalokünste vertraut, macht die Probe aufs Exempel. Und besticht durch eine ganz und gar pianistische Lösung, die gar nicht erst versucht, das Cembalo à la Glenn Gould auf dem Klavier zu imitieren. Tharaud nutzt Farben, Klanglichkeit und Volumen des großen Steinways sehr überlegt aus, um den Intentionen Couperins gerecht zu werden. Klug hat er solche Stücke ausgewählt, die sich am ehesten für den weiträumigen, weicheren Klang des Klaviers eigenen. Daher finden sich überwiegend Charakterstücke aus den späteren Ordres, wie Couperin seine Suiten überschrieben hat. Kompositionen also, die nicht so üppig von glitzernden Verzierungen überzogen sind, vergleichsweise mit wenig Material und klaren Gesten auskommen und von altmeisterlicher Konzentration zeugen.
Prägnante Motive und charaktervolle Motorik wie beim titelgebenden Le Tic-Toc-Choc oder mehr atmosphärische Wirkungen wie bei den erratischen Les Ombres Errantes kommen Tharauds Ansatz sehr entgegen. Weder unterschlägt er die ursprüngliche Dynamik noch die Färbung der Register. Er nimmt sich aber die Freiheit, das ursprüngliche Konzept durch eigene Akzente zu vertiefen, wie beispielsweise L’Atalante mit seinen sforzato-Effekten demonstriert. Der Klavierklang neigt dazu, die malerischen und introvertierten Momente von Couperins meist zarter Musik zu betonen. Verzierungen, die auf dem Cembalo der dynamischen Artikulation dienen, geraten dabei schnell zu opaken Farbeffekten von impressionistischer Qualität. Harmonische Flächen dominieren über die klar gezeichnete Linie. Bei Tharaud verstärkt dies jedoch den zauberischen oder charmanten Charakter vieler Stücke. Sehr gelungen ist das filigrane Selbstporträt des Komponisten La Couperin; die große Passacaille, die Ordre 8 beschließt, klingt dagegen sehr viel weniger unbedingt und streng als auf dem Cembalo. Bei der für zwei Cembali gesetzten rustikalen Muséte de Taverni begleitet Tharaud sich selbst im Playbackverfahren – eine überzeugende Lösung für dieses kraftvolle Stück. Einen eigentümlichen, aber nicht unstimmigen Akzent setzt dagegen das zusätzliche Tambourin in dem sinfonisch aufrauschenden Bruit de guerre, dessen klangliche Wucht in Tharauds Interpretation beeindruckt. Geheimer Höhepunkt ist freilich das von Jacques Duphly stammende La Pothuïn, das späte Zeugnis einer überreifen Kunst. In seiner dunklen, geradezu romantischen Färbung scheint es wie eine Zukunftsvision und erweist sich – anders als Duphlys ausdrückliche Ablehnung des Fortepianos es erwarten ließe – als ausgesprochen suggestives, klaviertaugliches Werk.
Tharaud knüpft als Pianist wie jüngst Tzimon Barto mit seiner Rameau-Einspielung oder Francesco-Tristano Schlimé mit seinen Frescobaldi-Dialogen an eine Tradition an, die im Zuge der Originalklangbewegung etwas untergegangen ist. Diese nicht nur interpretatorisch und klangtechnisch, sondern auch gestalterisch und haptisch sehr ansprechende Produktion ist dafür prädestiniert, Couperins exquisite Miniaturenkunst auch denjenigen näher zu bringen, die sich mit dem scharfen Cembaloklang nicht anfreunden können. Sie lässt auch erahnen, wieso Claude Debussy in diesem Komponisten einen seiner Ahnen erkennen konnte.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | Les Baricades Mistérieuses (6e ordre). Vivement 1:40 |
2 | Le Tic-Toc-Choc ou Les Maillotins (18e ordre). Légèrement et marqué 2:27 |
3 | La Couperin (21e ordre). D'une vivacité modéréeFrançois 3:54 |
4 | Les Calotines (19e ordre) 2:16 |
5 | Les Ombres Errantes (25e ordre). Languissamment 4:10 |
6 | Les Tricoteuses (23e ordre). Très légèrement 2:13 |
7 | Le Carillon de Cithère (14e ordre). Agréablement, sans lenteur 3:46 |
8 | Muséte de Taverni (à 5 mains) (15e ordre). Légèrement 2:24 |
9 | Les Rozeaux (13e ordre). Tendrement, sans lenteur 2:48 |
10 | L'Atalante (12e ordre). Très légèrement 1:44 |
11 | Passacaille (8e ordre) 5:43 |
12 | La Muse Plantine (19e ordre). Rondeau. Languissamment 2:19 |
13 | Les Tours de passe-passe (22e ordre) 2:25 |
14 | Bruit de guerre (extrait de La Triomphante) (10e ordre). Vivement 2:34 |
15 | Le Dodo ou L'Amour au berceau (15e ordre). Sur le Mouvement des Berceuses 3:25 |
16 | La Visionnaire (25e ordre). Gravement et marqué 3:37 |
17 | La Logivière (5e ordre). Majestueusement, sans lenteur 4:15 |
18 | Les Chérubins ou l'aimable Lazure (20e ordre). Légèrement 3:05 |
19 | Jacques Duphly: La Pothouïn (4e livre de Pièces pour clavecin) 5:19 |
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Besetzung |
Alexandre Tharaud, Klavier
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