Circle II Circle, Blaze & Perzonal War in Aschaffenburg
Warum wir von diesem Gig berichten? Ganz einfach! Unsere Kollegen von Rock Hard und Metal Hammer berichten in einer ihrer nächsten Ausgaben ebenfalls von diesem Ereignis und da muss euer Lieblingsonlinemagazin natürlich um jeden Preis der Welt mithalten. Ok, Spaß bei Seite, denn wir sind natürlich nicht mittlerweile größenwahnsinnig geworden, und obwohl Abgesandte von den zwei großen deutschen Metalbibeln wirklich an besagtem Tag im Colos-Saal herumwuselten, war der Grund unserer Anwesenheit natürlich ein ganz anderer. Blaze hatte uns auf dem "Bang Your Head"-Festival einige Tage vor diesem Event so dermaßen zugesagt, dass wir uns auch die Clubshow mit unserem Helden nicht entgehen lassen durften. So einfach ist das!
Als wir aber kurz vor dem offiziellen Einlass besagte Location erreichten, trauten wir unseren Augen nicht: Wo sonst üblicherweise um diese Zeit Menschenschlangen darum flehten diesen Ort betreten zu dürfen, befand sich am heutigen Abend nicht eine verlorene Seele. Auch im Colos-Saal war nicht gerade viel mehr los und so langsam begann ich wirklich zu glauben, dass den meisten Aschaffenburgern Metallern ein EM-Spiel bzw. ein paar Halbe im Biergarten wohl wichtiger sind, als z.B. eine Band wie CircleIICircle, deren letzte Deutschlandtour übrigens fast überall ausverkauft war.
Schon seltsam, aber bis zu den ersten Tönen des Openers Perzonal War fanden glücklicherweise noch ein paar Nasen den Weg ins Colos-Saal uns so war zwar weit weniger los als erwartet, aber immerhin genug, um eine nette Metalparty mit hochklassiger Live-Musik zu veranstalten. Dieses Wörtchen "hochklassig" trifft durchaus auch für den Auftritt des deutschen Supportacts zu. Zumindest wenn man sich nicht an den ulkigen "Wir schütteln einmal unsere nicht vorhandene Mähne"-Versuchen sowie den doch noch arg Metallica-lastigen Kompositionen der komplett aus Kurzhaardackeln bestehenden Band stört. Letzteren Kritikpunkt kann man aber auch als ein Plus auslegen, wenn man an die letzte Scheibe der Amis zurückdenkt, da Parallelen im Perzonal-War-Sound speziell zur Frühphase der US-Metalikonen bestehen. Als Highlight des Sets konnte man das relativ melodische "My Secret" vom aktuellen Langeisen Faces titulieren, und nachdem James Hetfield-Lookalike Matthias Zimmer seine Gitarre zum wohlverdienten Erholungsschläfchen in den Koffer legte, konnte man sogar "Zugabe"-Rufe im inzwischen auf Betriebstemperatur laufenden Aschaffenburger Publikum vernehmen. Die Jungs hatten ihre Sache also gut gemacht.
Pure Energie konnte man dann beim nächsten Act spüren, denn Blaze war an der Reihe, und wieder mal konnte man feststellen, das ein Festivalgig der Engländer zwar sehr nett sein kann, aber die wahre Heimat von Mr.Bayley und seine Mannen sich in mittleren bis großen Liveclubs bzw. Hallen befindet. Zwar fand der ehemalige Iron-Maiden-Fronter in Aschaffenburg nichts, um seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Klettern, nachzugehen, denoch hatte der diesmal mit Mütze und Sonnenbrille bekleidete Frontmann die Zuschauer bis in die hinterste Reihe durch seine energievolle Perfomance in der Hand. Bis auf wenige Ausnahmen fanden seine "Mitmachspielchen" auch regen Anklang. All dies wäre natürlich nichts ohne die passende musikalische Untermalung. Diese Bestand fast ausnahmslos aus den besten Songs, die auf den Silberscheiben dieser Truppe zu finden sind. Neben den Highlights der blaze'schen Schaffensphase wurden natürlich auch ein paar Maiden-Tracks aus der Wundertüte hervorgezaubert. Die Wahl fiel dieses Mal u.a. auf dem vom Bang Your Head bekannten Track "Man On The Edge" sowie dem Virtual XI-Opener "Futureal". Auf noch mehr Stücke aus dem Backkatalog der eisernen Jungfrauen verzichtete Bayley. Diese Entscheidung war auch völlig richtig, denn selbst die Songs vom neuen Album - wie etwa der Opener "Alive", die Hymne "Ten Seconds", die Gänshautnummer "Life And Death" und natürlich der Titeltrack "Blood And Belief" - zündeten hervorragend und passten wie die sprichwörtliche Faust auf's Auge ins heutige Programm. Dass die Band, die sich in derselben personellen Besetzung wie auf dem Balinger Open Air präsentierte, ebenfalls zu Topform auflief, stellte das berühmtberüchtigte I-Tüpfelchen dar. Und an dieser Stelle möchte ich einmal den Bassisten, Wayne Banks, herausheben, der wegen dem enerigievollen Bearbeiten seines Instruments den Eindruck vermittelte, vor dem Gig eine Palette Red Bull mit einem Strohhalm inhaliert zu haben.
Vor dem letzten Stück wendete sich der sichtlich beeindruckte Frontmann nochmal ans Publikum und versprach, jeden Fanwunsch nach dem Auftritt zu erfüllen, falls die Menge noch einmal das Letzte aus sich herausholt. Da die Aschaffenburger Fans ihrem Meister diesen Wunsch nur allzugerne erfüllten, hüpfte Blaze noch bevor der letzte Ton seiner Kapelle verklungen war direkt von der Bühne und kämpfte sich mitten durch die Zuschauerreihen(!) zum Merchandising-Stand, um sein Versprechen zu erfüllen. Das nenne ich mal Fanfreundlichkeit. Schon jetzt war klar, dass selbst die traurigen Gesichter der zu diesem Zeitpunkt gerade aus dem EM-Turnier ausgeschiedenen holländischen Fußballer dieses Konzert nie und nimmer ersetzen könnten.
Das Highlandermotto "Es kann nur einen geben!" rauschte dem Betrachter der nächsten Band unweigerlich in seine Gehirngänge, wenn er während dem Auftritt von Circle II Circle an die ehemalige Band von Sänger Zak Stevens dachte. Egal welch begabter hübscher junger Mann bei Savatage momentan das Mikro schwingt, schon als der erste Ton aus Mr. Stevens Sangesorgan durch die Boxen huschte, wurde jedem kundigen Besucher klar, dass die Amerikanischen Szenehelden ihr stärkstes Line-Up in der Stevens-Ära ihr Eigen nennen konnte. Verstärkt wurde dieser Eindruck natürlich, als die neuformierte Circle II Circle-Truppe Savatageklassiker wie "One Child" oder einen meiner All-Time-Faves namens "Edge Of Thorns" zelebrierten, bei dem ich mich um ca. ein Jahrzehnt in den Würzburger Rockpalast zurückversetzt gefühlt habe, wo ich zu dieser Zeit Savatage das erste von vielen Malen live erleben durfte.
Wie bei Blaze Bayley blieben solche Zeitreisen die Ausnahme, denn das Material des Solodebüts war mit Leckerbissen wie "Out Of Reach", "Into The Wind", "Watching In Silence" und "Forgiven" bei Weitem stark genug, um den Leuten klarzumachen, dass man sich hier nicht bei einer Savatagecovertruppe, sondern auf dem Gig einer routinierten, eigenständigen Band mit einer möglicherweise großen Zukunft befand. Von diesen kommenden goldenen Zeiten zeugte z.B. eine dargebote Kostprobe der kommenden Circle II Circle-Langrille, bei der sich die Fans wohl auf eine leicht härtere, rockorientierte Marschrichtung einstellen müssen. Der Daumen des MAS-Abgesandten ging bei diesem Probehappen auf jeden Fall senkrecht gen Himmel bzw. Hallendecke. Ob Mr. Stevens diese minimale stilistische Kurskorrektur mit seinem Pantera-Shirt noch unterstreichen wollte, wird wohl ewig sein Geheimnis bleiben.
Zwischen den Songs versorgte der ewig junggeblieben wirkende Fronter die Zuschauer mit einigen recht unterhaltsamen Ansagen und auch seine komplett neuformierte Mannschaft konnte in allen Belangen überzeugen. So war es nicht weiter verwunderlich, dass das Volk selbst nach der offiziellen Zugabe noch nach mehr melodischem Metal schrie, doch diesen Wunsch werden Stevens und Co. den Leuten wohl erst erfüllen, wenn das zweite Album auf dem Markt ist, bzw. die Songauswahl ein wenig größer geworden ist.
So endete ein Konzert, das meinetwegen noch heute anhalten könnte, und ich wünsche mir schonmal von den Metalgöttern, dass sie auch in Zukunft solch genial zusammengestellte Packages auf die Reise schicken, um ihre Anhänger gebührend zu unterhalten. Wir werden es euch mit neuen Rekorden in den Disziplinen "Dauerheadbangen" und "Pommesgabelzeigen" danken. Ist doch auch was, oder?
Fotos: Nadine Jost
Manuel Liebler
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