Bundesjazzorchester / Jiggs Whigham

A Tribute To The Clarke-Boland Big Band


Info
Musikrichtung: Big Band Jazz

VÖ: 28.05.2021

(Challenge Records)

Gesamtspielzeit: 77:57

Internet:

https://www.bundesjazzorchester.de/startseite
https://challengerecords.com/
https://www.martinaweinmar.de/


The Clarke-Boland Big Band, oder präziser The Kenny Clarke-Francy Boland Big Band (CBBB) wurde 1961 vom US-amerikanischen Schlagzeuger Kenny Clarke und dem belgischen Pianisten Francy Boland gegründet. Nach zwölf Jahren und vierundzwanzig Alben löste sich die Big Band im Mai 1972 auf. Sie hatte Spuren hinterlassen, die sie als die wohl als eine der großen innovativen Big Bands der Sechziger auszeichnete.

Wie kam es zu diesem Tribut-Album? Nun, Gigi Campi, damaliges Band-Mitglied, hinterliess nach seinem Tode mehrere Kisten mit Originalnoten der Clarke-Boland Big Band, und die Familie Campi's hatte diese dem Bundesjazzorchester vermacht. 2019 war es dann Jiggs Whigham, der Titel aus dem Archiv auswählte, woraus dann zwölf Konzerte mit diesem Programm resultierten. Hieraus setzen sich die Songs dieses Albums des Bundesjazzorchesters, A Tribute To The Clarke-Boland Big Band, zusammen. Die Konzertaufnahmen stammen aus Trossingen (#1, 7, 11, 23), Lauda-Königshofen (#3, 9, 19), Weingarten (#13, 15, 17, 25) und Köln (#5, 21).

Das Bundesjazzorchester ist das offizielle Jugendjazzorchester der Bundesrepublik Deutschland, 1988 von Peter Herbolzheimer gegründet. Als eine der Grundregeln wurde festgelegt, dass kein Mitglied älter als 24 sein darf, bei Erreichen des Alters rückten neue Musiker nach. Neben den wechselnden Musikern gab es auch immer wieder neue Leiter, 2013 war es Jiggs Whigham und 2018 Ansgar Striepens. Auf dieser Platte ist wieder der Posaunist Whigham als künstlerischer Leiter eingesetzt. Grundsätzlich kann man Einiges im bebilderten Booklet noch einmal nachlesen.

Mit dem Bundesjazzorchester hat man stets versucht, verschiede Spielarten und Ausprägungen des Jazz abzudecken, zwischen ganz traditionellen Klängen der Big Bands vergangener Tage sowie Einbezüge moderner Elemente der Musik. Auf dieser CD wird ein ausgedehnter Querschnitt durch die ganze Vielfalt der Clarke-Boland Big Band geboten. Neben Bolands eigenen Kompositionen wie das energische "Griff’s Groove“, der schönen Ballade "November Girl“ und dem perkussiv treibenden "African Seeds“ finden wir auch Standards wie "Dancing In The Dark“ oder "Smoke Gets In Your Eyes“.

Einen der Songs, "The JAMFs Are Coming“ von Johnny Griffin möchte ich einmal vergleichend heranziehen. Die Aufnahme dieser CD bietet in bluesiger Stimmung Soli von Alexander Rueß (Gitarre), Anna Tsombanis (Tenorsaxofon) und Samuel Restle (Posaune) Das Gitarrensolo untermals das bluesige Feeling, ist aus meiner Sicht noch nicht komplett ausgereift im Ausdruck und "hakt" mitunter ein wenig. Gut gespielt, aber nicht sehr druckvoll und energisch, vermag mich auch das Solo der Tenorsaxofonisten nicht begeistern, weiss aber auch zu gefallen, ebenso ergeht es mit dem Posaunensolo. So denke ich, dass das Bundesjazzorchester eine großartige Plattform bildet, um Talente herauszufiltern und zu fördern, wie es in der Vergangenheit bereits der Fall war, zu nennen sind im Besonderen Till Brönner, Roger Cicero, Tom Gaebel, Julia Hülsmann, Sebastian Sternal, Nils Wogram, Michael Wollny oder Nils Wülker.

Doch nun zu "The JAMFS Are Coming" in einer Aufnahme der Clarke-Boland Big Band, aus 1968. Solisten seinerzeit: Sahib Shihab (Sopransaxofon), Åke Persson an der Posaune und der Komponist selbst - Johnny Griffin mit dem Tenorsaxofon. Auch hier der bluesige Charakter, der später sehr gut nachempfunden wurde, und auch das spätere Arrangement ist sehr ausgereift. Die 1968er-Version wirkt jedoch lockerer und swingt einfach mehr und lässiger, wohl auch wegen Kenny Clarke, und die Arrangements sind eben einen Tick schärfer und piffiger. Und - klar, Johnny Griffin strahlt seine typische Leidenschaft aus. Und so glänzen im Vergleich auch die übrigen Solisten 1968 mehr.

Das soll die Leistung des Bundesjazzorchesters nicht schmälern, treten hier schließlich langgediente Profis gegen junge Talente an. Und, losgelöst von Vergleichen, weiss das Orchester gleich zu Beginn mit "You Stepped Out Of The Dream" mit fein austarierten Arrangements aller Teile des Klangkörpers, in eine gute Swinglaune zu versetzen. Ebenso ergeht es mir mit allen anderen Songs, und - das ist für mich ganz wichtig: Hin und wieder bemerke ich die Leidenschaft und den solistischen Ideenreichtum manches Solisten, zum Beispiel hat es mir das Trompetensolo von Pascal Klewer auf "Lullaby Of The Leaves" sehr angetan. Aber auch "Box 703" bietet mit dem Altsaxofonsolo von Jakob Manz einen Hinhörer, es ist toll, wie er sein Solo ganz langsam, aber stetig aufbaut, hervorragend!

Aber auch Solisten wie Niko Zeidler am Tenorsaxofon oder Moritz Grübel am Altsaxofon vermögen mich zu begeistern, ebenso bietet die Rhythm Section eine vehement treibende Unterstützung. Mithin - eine Schar junger Musiker in erfahrenen Händen - ein unterhaltendes Erlebnis, ein privates Konzert im heimischen Hörraum, und eine gelungen Ehrerbietung für die großartigen Vorbilder.





Wolfgang Giese



Trackliste
1 You stepped out of a dream
2 Lieben sie Jazz?
3 Lullaby of the leaves
4 Das kleine Örtchen Köln
5 Love for sale
6 Bujazzo-voices
7 The song is you
8 Ein Pariser Briefkasten
9 Box 703
10 Einfach nur Applaus
11 Smoke gets in your eyes
12 Nach der Ruhe kommt der Sturm
13 Dancing in the dark
14 We need some beat
15 Griff's groove
16 Ein Feature für Alto
17 November girl
18 Because it's swinging
19 The jamfs are coming
20 Wunderbar, aber schrecklich
21 African seeds
22 I love the music too
23 Johnny one note
24 Vielen Dank
25 Sax no end
Besetzung

Saxophon: Tobias Haug, Moritz Grübel, Jakob Manz (Alt), Phillip Dornbusch, Anna Tsombanis, Niko Zeidler (Tenor), Yannick Glettenberg, Kira Linn (Bariton)
Trompete: Lisa-Marleen Buchholz, Pascal Klewer, Arvid Maier, Gabriel Rosenbach, Ferdinand Schwarz, Benjamin Stanko
Posaune: Jonathan Böbel, Erik Konertz, Samuel Restle, Gregor Sperzel, Tobias Herzog, Maxine Troglauer (Bassposaune)
Gitarre: Johannes Mann, Alexander Rueß
Klavier: Felix Langemann, Johanna Summer
Bass: Luca Müller, Carl-Christian Wittig
Schlagzeug: Felix Ambach, Anthony Greminger
Gesang: Anja Daumerlang, Karoline Weidt (Sopran 1), Lina Knörr, Tatiana Grunemann ( Sopran 2), Caroline Trischler, Katharina Koch (Alt), Paul Schmidt, Carsten Göpfert (Tenor), Atrin Madani, Kilian Sladek (Bass)



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