Xentrix
Bury The Pain
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Thrash Metal made in the UK galt in den Achtzigern üblicherweise als eher mediokre Angelegenheit und Xentrix in diesem Kontext als einer der wenigen Einäugigen unter den Blinden, wobei die Truppe schon damals eine eher zurückhaltende Gangart pflegte und sich ein nicht geringer Teil des Aufsehens, das sie erregte, auf ihre „Ghostbusters“-Coverversion zurückführen läßt. Wie viele Stilgenossen segneten auch Xentrix in den Neunzigern das Zeitliche (wenngleich relativ spät, nämlich erst nachdem sie sich 1996 noch an einem etwas moderneren Thrash-Album namens Scourge versucht hatten, aber mit diesem auch kein Bein auf den Boden bekamen) und fanden zwei Dekaden später wieder zusammen, um zunächst auf die Bühnen der Welt zurückzukehren – aber jetzt sind sie auch auf dem CD-Markt wieder präsent. Bury The Pain heißt das neue Werk, wieder im alten Stil der Spätachtziger/Frühneunziger gehalten und eingespielt von zwei Vierteln der klassischen Achtziger-Besetzung (jetzt beide kurzhaarig) und zwei Neuzugängen (aktuell beide langhaarig), wobei der eine Neuzugang, nämlich Jay Walsh, eine besondere Verantwortung zu schultern hat, denn er muß Rick, äh, Chris Astley ersetzen, als Gitarrist und Sänger eine zentrale Figur in der Band. Aber die hat schon in den Neunzigern, nämlich eben auf Scourge, bewiesen, dass sie zumindest prinzipiell auch ohne Astley arbeiten kann, und Walsh besitzt eine mäßig rauhe klassische Thrash-Stimme, die die Anforderungen problemlos erfüllen kann. Auch als Gitarrenkompagnon von Kristian Havard macht Walsh eine gute Figur, wie schon die doppelläufigen Melodiepassagen im Opener und Titeltrack klarmachen. Ansonsten lassen sich die beiden aber nicht in die Karten schauen, wer welchen Leadpart spielt – man findet im Booklet also keine diesbezüglichen strukturellen Angaben, übrigens auch nicht zum Songwriting: Da ist für die zehn neuen Songs nur das aktuelle Quartett genannt, was also zumindest den Schluß zuläßt, dass kein älteres Material aus der Astley-Phase aufgearbeitet wurde. Vielleicht klingt Bury The Pain deshalb so homogen – böse Zungen würden allerdings für die Einzelsongs wohl eher den Terminus „austauschbar“ gebrauchen, denn sonderlich aufregend tönen große Teile des Materials nicht, und man könnte problemlos so manche Strukturidee innerhalb der Songs hin und her schieben, ohne dass sich ein wesentlich anderer Eindruck ergäbe. Nur selten trauen sich Xentrix mal, aus Schema F auszubrechen – und schon kommt ein Song heraus, der zumindest bessere Chancen hat, sich im Gedächtnis festzusetzen. Der Opener und Titeltrack mit seinen bereits erwähnten doppelläufigen Gitarren, die einen leicht orientalischen Eindruck hinterlassen, zählt dazu und auch der vierte Song „The Truth Lies Buried“ mit seinem schönen düsteren Akustikintro und dem zwischendurch recht auffällig agierenden Baß. Nicht zufällig handelt es sich hier auch um die beiden längsten Songs des Albums mit je über sechseinhalb Minuten, was freilich nicht bedeuten soll, das restliche Material wäre möglicherweise individueller gewesen, wenn man jedem Song noch eine weitere Minute Spielzeit angefügt hätte. Altanhängern könnte auffallen, dass die Band gefühlt das Grundtempo ein wenig erhöht hat, wobei Drummer Dennis Gasser schnelles Ufta-Ufta präferiert, wenn es um die Frage geht, welchen Rhythmus er in solchen Fällen wählen soll. Das funktioniert etwa im Solo von „World Of Mouth“ durchaus gut und verleiht dieser Passage eine Portion Extra-Drive, verhilft aber dem Gesamtprogramm auch nicht zu mehr Charme. Es fällt äußerst schwer, konkrete Kritikpunkte festzumachen: Bury The Pain ist kompetent eingespielt, besitzt ein gleichermaßen powervolles wie klares Soundgewand, und auch an der Spielfreude der Band gibt es keine Abstriche zu machen. Trotzdem steht das Werk wie ein großer Block vor einem, den zu erschließen reichlich schwerfällt und der als 51minütiges Ganzes gut durchläuft, aber wenig Begeisterung beim Hörer weckt und eher dazu animiert, nebenher noch andere Tätigkeiten zu vollziehen. In einzelnen Häppchen auf der Konzertbühne könnte das Material wohl besser funktionieren, und wen die erwähnten Punkte nicht weiter stören, wer sich die Erschließung des Ganzen auch ohne eine größere Zahl markanter Entlanghangelpunkte zutraut oder wer schon früher mit Xentrix klarkam und einfach mal testen will, ob ihm auch das neue Material zusagt, der darf Bury The Pain gern antesten, ohne dass er freilich Wunderdinge erwarten sollte. Die dem Rezensenten vorliegende Fassung des Albums kommt in einem zusätzlichen Pappschuber ohne zusätzliche Informationen, der also eigentlich klassische Ressourcenverschwendung darstellt, es sei denn, es gibt tatsächlich noch andere Unterschiede zu einer Edition ohne Schuber. Der letzte Song „Evil By Design“ fällt strukturell ein wenig aus dem Rahmen, da er live im Studio des Paradise-Lost-Stammproduzenten Jaime Gomez Arellano eingespielt wurde – das Soundgewand unterscheidet sich aber gar nicht so sehr von den anderen neun Tracks, das Songwriting auch nicht (trotz des kurzen auffälligen Baßbreaks), und eine Info, ob das eventuell ein Bonustrack ist, der anderen Editionen fehlt, ist nicht aufzutreiben. So bleibt das finale Urteil, dass es sich irgendwie um eine schizophrene Scheibe handelt: nicht schlecht, aber wohl trotzdem in den Tiefen der Sammlung des Rezensenten versauern werdend. Altanhänger sollten trotzdem reinhören.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Bury The Pain | 6:36 |
2 |
There Will Be Consequences | 4:09 |
3 |
Bleeding Out | 4:34 |
4 |
The Truth Lies Buried | 6:38 |
5 |
Let The World Burn | 5:14 |
6 |
The Red Mist Descends | 5:12 |
7 |
World Of Mouth | 4:55 |
8 |
Deathless And Divine | 4:06 |
9 |
The One You Fear | 5:39 |
10 |
Evil By Design | 4:08 |
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Besetzung |
Jay Walsh (Voc, Git)
Kristian Havard (Git)
Chris Shires (B)
Dennis Gasser (Dr)
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