UFO geben in Ingolstadt ihre letzte Bestellung auf
UFO haben bereits letztes Jahr ihren Abschied von der Bühne verkündet. Zumindest Sänger Phil Mogg hat durchblicken lassen, dass es die letzte Tour mit ihm am Mikro sein wird. Seinen Kollegen hat er gestattet, ohne ihn weiter zu machen. Wie auch immer: Die Tour heißt vom Motto her „Last Orders – Letzte Bestellung“. Ich denke seine Musikerkollegen wären gut beraten, zusammen mit Mogg zumindest als UFO in Rente zu gehen. Tragischerweise verstarb der langjährige sympathische Gitarrist und Keyboarder Paul Raymond am 14. April diesen Jahres mitten während der bereits laufenden Tour. Da befürchtete ich schon, dass die restliche Tour vermutlich gecancelt wird. Doch UFO sind nicht klein zu kriegen und zaubern aus dem Nichts heraus das frühere Bandmitglied Neil Carter aus dem Hut. Carter hat in den 80ern drei Alben mit der Band veröffentlicht, die meines Erachtens zu den besten dieser Dekade zählen. Auch damals hat er Paul Raymond ersetzt, der UFO aufgrund von musikalischen Differenzen verlassen hatte. UFO sind eine meiner Lieblingsbands, die ich schon etliche Male in den verschiedensten Besetzungen gesehen habe. Daher wollte ich es mir nicht entgehen lassen, UFO vermutlich ein letztes Mal in einem Headliner-Auftritt zu sehen. Als wir an der Eventhalle ankommen sind bereits etliche Fans vor dem Eingang. Es ist nicht vollständig ausverkauft, aber sehr gut besucht. Als Vorband ist die deutsche Band STINGER am Start. Die Jungs geben von Beginn an ein verdammt hohes Energielevel vor. Musikalisch segelt das Quintett fest im Kielwasser von AC/DC oder Rhino Bucket. Mit eigenen Songs ausgestattet torpedieren sie das Publikum ziemlich schnell in Partystimmung. Der Schweiß und die Begeisterung fließen in Strömen. Sänger Martin Schaffrath legt seine ganze Power in die Stimmbänder, das Ergebnis kann sich als eine Hommage an den unvergessenen Bon Scott durchaus sehen lassen. Gitarrist Adrian Seidel erinnert stark an Angus Young, post wie ein Weltmeister und schüttelt sein güldenes Haar nach allen Regeln der Kunst. Mal mit Vollgas, mal im Midtempo-Bereich lassen die Stücke mit Schmackes die ganze musikalische Bandbreite der Band erkennen. Man kann bei ihnen gut beobachten, dass Rock’n’Roll mit viel Einsatz gespielt werden muss, damit er beim Publikum ankommt. Und das funktioniert bestens, ich bin nach den ersten beiden Songs schon hin und weg. Dass die Band auch menschlich gut drauf ist zeigt die Aktion, dass sie einen Teil ihrer CD-Verkäufe wohltätigen Zwecken zur Verfügung stellen. Nach ca. 45 Minuten gehen die Musiker unter großem Beifall von der Bühne. Irgendwie ist mir jetzt ein bisschen mulmig. Ein letztes Mal UFO live, ich kann es noch gar nicht so richtig fassen. Die Band feiert heuer sage und schreibe 50-jähriges Jubiläum. 1969 fiel der Startschuss der Truppe, die während ihrer wechselhaften und nie langweiligen Geschichte mit streitbaren Musikern wie Phil Mogg, Pete Way oder Michael Schenker etliche Höhe- und Tiefpunkte erlebt hat. Wie oft habe ich Alben wie Strangers In The Night, Obsession, Lights Out, The Wild, The Willing And The Innocent oder Walk On Water angehört. Unzählige Male sicherlich, bis heute übt diese britische Band immer noch ihre ungebrochene Faszination auf mich aus. UFO steigen mit einem saulauten und glasklaren Sound in den Gig ein. Als besonderes Gimmick wurde wie in irischen Pubs eine Glocke am Schlagzeug befestigt, an der Drummer Andy Parker kräftig läutet, als seine Kollegen die Bühne betreten. „Mother Mary“ wird einmal mehr als Opener verwendet und funktioniert bestens. Sehr ungewohnt ist für mich die Tatsache, dass Paul Raymond nicht mehr mit an Bord ist. Ich habe die Band so oft zusammen mit ihm gesehen, dass ich mich an den Line-Up-Wechsel erst noch gewöhnen muss. Sein Nachfolger Neil Carter spielt Gitarre und Keyboard präzise wie ein Schweizer Uhrwerk, übernimmt große Teile des Background-Gesangs und wuselt ununterbrochen über die Bühne. Dabei hat er eine derart sympathische Ausstrahlung, die es dem Publikum leicht macht, ihn zu akzeptieren. Er bekommt viel Applaus und rettet mit seinem beherzten Einsatz UFO auf der Zielgeraden ihrer Karriere einmal mehr den Hintern. Musikalisch legen UFO heute alles in Schutt und Asche. Es gibt kaum Pausen zwischen den Songs, die im Stil einer Punk-Band Schlag auf Schlag präsentiert werden. Schlagzeuger Andy Parker sorgt für so viel Druck, dass es für meine Ohrenstöpsel mit der Zeit fast zu viel wird. Zusammen mit Bassist Rob De Luca sorgt er für ein ordentliches Bollwerk im Rhythmusbereich, das seinesgleichen sucht. Für mich ist De Luca der „neue“ Bassist, doch auch er ist bereits seit 2008 Mitglied des britischen Schlachtschiffs. Phil Mogg ist Herr des Geschehens und zweifelsohne Chef im Ring. Seine Augen sind wie immer hellwach, man merkt ihm die hohe Konzentration während des Auftritts an. Er ist sichtlich bestrebt, auf seiner letzten Tour dem Publikum, wie schon die vergangenen 50 Jahre zuvor, alles zu geben. Mogg singt bockstark und legt verdammt viele Emotionen in seine Songs. Seine Ansagen sind sehr schwer zu verstehen, zumindest widmet er den Auftritt seinem langjährigen Mitmusiker Paul Raymond. Ich freue mich wie ein Schneekönig, dass mit „We Belong To The Night“ und „Makin Moves“ zwei Songs aus der Zeit mit Neil Carter gespielt werden. Wie oft wurde diese Phase der Band live sträflich vernachlässigt, was ich nie so richtig begriffen habe. Für mich zählt The Wild, The Willing And The Innocent mit zu den besten UFO-Alben überhaupt. Auch die neuen Stücke gefallen mir hervorragend, das Highlight des Abends ist für mich ganz klar das Stück „Baby Blue“. Die Texte von UFO sind häufig sehr bodenständig und aus dem Alltag gegriffen. „Baby Blue“ wird zu Moggs Paradestück an dem Abend, das mittlerweile auch schon geschlagene 15 Jahre auf dem Buckel hat… Beim feierlaunigen Publikum kommen erwartungsgemäß die Stücke aus den 70er-Jahren am besten an. „Only You Can Rock Me“, „Lights Out“ oder das geniale „Love To Love“ zeigen die musikalische Genialität, die in den beteiligten Musikern steckte. Das sind definitiv Stücke für die Ewigkeit! Bei „Rock Bottom“ tobt sich der hervorragende Gitarrist Vinnie Moore deutlich über Gebühr aus. Der Song kommt brachial rüber, wobei mir ehrlicherweise gerade hier das Solo von Michael Schenker wesentlich besser gefällt. Schenker spielt weniger Töne, legt jedoch mehr Gefühl auf diese. Ansonsten liefert auch er eine tolle Leistung ab. Als Zugaben werden noch „Doctor, Doctor“ und das finale „Shoot Shoot“ vom Stapel gelassen. Nach ca. 100 Minuten entlassen glückliche und auch etwas wehmütige Ingolstädter fünf wackere Musiker, die sich heute Abend in wahrer Topform präsentiert haben. Carter scheint dem Rest der Band eine regelrechte Frischzellenkur verpasst zu haben und fügt sich perfekt in die Truppe ein. Für mich war es eine wunderbare Sache, UFO noch einmal mit einer kompletten Show zu sehen. Ich werde mir die Band noch ein allerletztes Mal auf der Pyraser Classic Rock Night am 27. Juli anschauen, dann war’s das auch für mich. Schon mal jetzt an dieser Stelle vielen Dank an die vielen schönen Konzerte, an die unverwüstlichen und unsterblichen Hits und an die vielen CDs, die ihr gemacht habt und die sich heute auch noch lohnen, immer wieder neu entdeckt zu werden! Setlist: Mother Mary We Belong to the Night Run Boy Run Venus Lights Out Baby Blue Only You Can Rock Me Burn Your House Down Cherry Love to Love Makin' Moves Too Hot to Handle Rock Bottom --- Doctor Doctor Shoot Shoot Stefan Graßl |
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