Nothing Compares 2 Dirty Diana’s Master Blaster: Prince-/Stevie-Wonder-/Michael-Jackson-Revue in Leipzig




Info
Songs in the Key of Life – A Tribute to Stevie Wonder, Michael Jackson and Prince

Zeit: 23.06.2017

Ort: Leipzig, Hochschule für Musik und Theater

Internet:
http://www.hmt-leipzig.de

Dass man an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater (und auch vielen gleichgearteten Einrichtungen) keineswegs nur „klassische“ Musik studieren kann, mag den Uneingeweihten überraschen – aber der Kenner weiß natürlich schon lange um die Existenz der Fachrichtung Jazz/Popularmusik, deren Studenten prinzipiell ähnlich intensiv in das Konzertangebot der Hochschule involviert sind wie diejenigen anderer Fachrichtungen, nur mit dem Unterschied, dass die Jazzkonzerte zumeist nicht in der Hochschule, sondern in Clubs der Messestadt über die Bühne gehen. Die Popularmusiker einzubinden erweist sich bisweilen als etwas schwieriger – aber zum Glück gibt es einfallsreiche Menschen wie den Regisseur Frank Leo Schröder, der im letzten Jahrzehnt bereits etliche Projekte auf die Beine gestellt hat, etwa das Musical Akte Romeo (auf www.crossover-agm.de rezensiert) oder eine Beatles-Show. Der jüngste Einfall nun widmet sich dem Schaffen dreier Herren, die summiert für ein paar hundert Millionen Plattenverkäufe verantwortlich zeichnen, und geht am letzten Juniwochenende 2017 dreimal über die Bühne des Großen Saals der Hochschule – der Rezensent ist beim ersten der drei Abende anwesend, welchselbiger ein gut gefülltes Auditorium sieht, was angesichts sehr zahlreicher Konkurrenzveranstaltungen sehr achtbar ist und über den Nicht-ganz-ausverkauft-Status locker hinwegtröstet.

Schröder und seine Mitdenker haben das Projekt revueartig konzipiert, und die Akteure firmieren unter der Bezeichnung Sänger und Band der Fachrichtung Jazz/Popularmusik: Acht Herren sind als Instrumentalisten die ganze Zeit im Einsatz (wir verzeichnen von links nach rechts einen Keyboarder, einen Gitarristen, einen Bassisten, einen Drummer, einen Percussionisten, einen Saxer, einen Trompeter und einen Posaunisten), und vor denen teilen sich acht Sängerinnen und vier Sänger in die vokalen Parts, so dass jeder mal Leadaufgaben übernimmt, auch die Backingstrukturen immer wechseln und schließlich auch noch einige „stumme Rollen“ zu spielen sind. Das Ganze besitzt keine durchgehende Handlung, aber es gibt doch einige Nummern, die mit einer Art Geschichte verbunden sind, etwa nach dem Auftakt „So What The Fuzz“ gleich der folgende Viererblock, bei dem Anna-Lena Panten im Mittelpunkt steht, zunächst als Sehnsuchtsobjekt gleich zweier Herren in „The Girl Is Mine“, das dann fallen gelassen wird, in „Kiss“ und „Nothing Compares 2 U“ in Tagträume flüchtet (die Bühnenrückwand fungiert als Projektionsfläche für Videoeinspielungen, die sich bisweilen auf reine Stimmungserzeugung beschränken, aber im vorliegenden Fall auch richtig aufwendig inszenierte Handlungen der Marke „Verliebt im Park“ zeigen) und erst am Ende von „Don’t You Worry ‘bout A Thing“ wieder aufgerichtet und ins Leben zurückgeholt wird. Ein solcher Großbogen bleibt aber singulär – zumeist beschränkt sich die Handlung auf einen Song, etwa in „You Are The Sunshine“ die wunderbar traurige Geschichte der zwei schüchternen Verliebten, die sich am Ende dann doch nicht trauen, sich zueinander zu bekennen, oder „Isn’t She Lovely“ mit einem pubertierenden Teenager, die ihrem Vater beim Einkaufen fürchterlich auf die Nerven geht. Das Gros der Einfälle funktioniert auch richtig gut (Ausnahme: die kultig gemeinte, aber einfach nur platt-doofe sächsische Sprecheinlage von Frau Gebhardt in „Thriller“), aber anderseits ist die Musik meist stark genug, auch einfach ohne Handlung starken Eindruck zu machen, wie etwa die gefühlvolle Ballade „Sometimes It Snows In April“ unter Beweis stellt.

Dass die drei tributierten Herren für eine ganze Reihe von Welthits verantwortlich zeichnen und auch die zweite Reihe noch stark genug ist, um für so ein Projekt herangezogen zu werden, ist bekannt. So kann sich die Kreativfraktion aus einem großen Fundus bedienen und es sich beispielsweise auch leisten, auf Jackos Smasher „Beat It“ oder „Heal The World“ zu verzichten oder Stevie Wonders Megahit „I Just Called To Say I Love You“ nicht als Einzelnummer anzusetzen, sondern in das Medley „I Just Can’t Stop Calling You Anotherlover“ zu integrieren, das auf hochgradig geschickte Weise Versatzstücke aller drei Komponisten verschränkt. Die Herangehensweise ist durchaus vielfältig: Umfangreiche Umarrangements stehen recht nahe am Original bleibenden Versionen gegenüber, auch gesangstechnisch ist von stimmlich kompletter Neuinterpretation bis hin zu Martin Lorenz‘ dem Prince-Original erstaunlich nahe kommendem „Kiss“ ein breites Spektrum vertreten. Dass sich unter die Highlights auch manche eher durchrauschende Nummer gemischt hat, ist nur natürlich, und bisweilen ertappt sich der Hörer auch dabei, das Original in bestimmten Aspekten unüberwindlich zu finden, wozu etwa „Nothing Compares 2 U“ zählt. So sehr sich Anna-Lena Panten hier auch müht, zumindest der Rezensent hat dieses von Prince geschriebene Stück so stark mit Sinead O’Connors ätherischer Stimme im Ohr, dass es schwierig bis unmöglich ist, hier vorbeizukommen. Aber dieses Problem liegt in der Natur der Sache bedingt – und dass sich unter den zwölf Sängern viele enorm fähige befinden, das wird schnell klar. Auch als Ensemble funktionieren sie, wie die zauberhafte A-Cappella-Version von Jackos „Man In The Mirror“ kurz vor Toresschluß unter Beweis stellt. Die herausragenden Nummern aber sind die jeweils letzten der beiden Sets. Zunächst liefert Lena Neumann eine sehr expressive, an der Grenze zum Overacting stehende, aber diese eben nicht überschreitende Gesangsleistung in „Purple Rain“, unterstützt zudem durch ein enorm ausladendes Gitarrensolo von Fabian Hentschel, und dann beschließt die Hymne „Earth Song“ das reguläre Programm, wo Christine Fischer gleichfalls alles aus ihrer Stimme herausholt und im besten Sinne an eine etwas kernigere Version von Ex-Nightwish-Fronterin Anette Olzon erinnert. Das begeisterte Publikum erklatscht sich natürlich eine Zugabe, und die fällt mit „Gone Too Soon“ ähnlich hymnisch und ergreifend aus wie der „Earth Song“, damit einen starken, auch soundlich bis auf die bisweilen leicht vorlauten Drums (obwohl Christoph Schütze schon in einen Plexiglaskäfig verbannt wurde) überzeugenden Abend auf sehr hohem Niveau abschließend. Notiz am Rande: Das Programmheft weist eine Spielzeit von ca. 90 Minuten aus – inclusive der eher kurz bemessenen Pause dauert der Gig aber letztlich fast zweieinhalb Stunden, und es dürfte sich niemand über diese „Verlängerung“ beschwert haben ...



Setlist:
So What The Fuzz
The Girl Is Mine
Kiss
Nothing Compares 2 U
Don’t You Worry ‘bout A Thing
Isn’t She Lovely
I Wish
Dirty Diana
As
The Most Beautiful Girl In The World
You Are The Sunshine
Purple Rain
--
I Just Can’t Stop Calling You Anotherlover
They Don’t Care About Us
Sometimes It Snows In April
Master Blaster
Smooth Criminal
You And I
Thriller
Money Don’t Matter 2 Night
Man In The Mirror
Earth Song
--
Gone Too Soon


Roland Ludwig



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