Boris
Attention Please
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Abgesehen von ihrer Kollaboration BXI mit The Cult-Sänger Ian Astbury, war es die letzten drei Jahren seit Smile relativ ruhig um das japanische Freak-Trio Boris. Doch damit ist jetzt Schluss. Kreativ beflügelt veröffentlicht die Band jetzt bei uns nicht nur eine, sondern gleich zwei Platten. In ihrer Heimat gibt es mit New Album sogar noch eine dritte (die allerdings mehr eine Zusammenfassung dieser zwei ist). Aber halten wir uns an die beiden Attention Please und Heavy Rocks betitelten Alben. Da es sich hierbei nicht nur um ein schnödes Doppelalbum, sondern um zwei grundverschiedene Scheiben handelt, schauen wir uns diese auch getrennt an.
Attention Please wartet gleich mit der ersten Überraschung auf, die auf dem Cover bereits ihre Andeutung findet. Die führende Persönlichkeit ist hier Gitarristin Wata, welche nicht nur die Saiten zum Schwingen bringt, sondern erstmals auch den kompletten Gesang übernimmt. Dieser ist erst einmal etwas gewöhnungsbedürftig und sorgt dafür, dass die Platte keine Liebe auf den ersten Blick ist. Mit sanfter, leicht erotischer, aber immer noch japanisch zurückhaltender Stimme haucht sie ihre Texte ins Ohr des Hörers. Dazu webt die Band einen Klangteppich, der ganz anders und regelrecht „unheavy“ ist, selbst wenn Boris hin und wieder etwas Krach aus dem Hut hervorzaubern. Doch im Kern ist die Musik hier sehr melodisch, sogar relativ einfühlsam - auf verschrobene Art und Weise. Und wäre es kein Schimpfwort, könnte man so einige Songs sogar poppig nennen.
So zum Beispiel das noch recht treibende „Hope“. Wobei der Pop hier eher in ein unwiderstehliches Sonic Youth-Klanggewand gezwängt wurde. Etwas mehr in diese Richtung geht man fast noch mehr beim folgenden „Party Boy“, wo sich zum wummernden Bass und der klopfenden Bassdrum eine fluffig leicht und psychedelisch anmutende Gesangslinie gesellt. Diese psychedelische Komponente findet sich im weiteren Verlauf durchaus noch öfter. Vor allem wenn sich zum Grundsound Synthesizer und elektronische Beats und Effekte gesellen. Wie heißt es im Werbezettel so schön: „Gitarrenbasierte Tangerine Dream covern Black Sabbath der Technical Ecstacy-Ära.“ Ähm ja, das trifft bei seltsamen Songs wie „Tokyo Wonder Land“ oder „You“ sogar zu.
Ist Attention Please am Ende nun das feminine Popalbum von Boris? Keineswegs, selbst wenn es gewisse, einschmeichelnde Tendenzen mitbringt. „See You Next Week“ oder „Hand In Hand“ sind zum Beispiel schön ruhige Titel. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Denn glücklicherweise ist das Trio immer noch genauso seltsam wie ehedem. Im Boris'schen Kontext ist diese Ding aber wohl trotzdem so etwas wie ein Entspannungsalbum und insgesamt eine feine Sache, auch wenn sich immer wieder ein paar Längen eingeschlichen haben.
Mario Karl
Trackliste |
1 | Attention please | 5:12 |
2 |
Hope | 3:26 |
3 |
Party boy | 3:51 |
4 |
See you next week | 3:56 |
5 |
Tokyo wonder land | 5:42 |
6 |
You | 6:13 |
7 |
Aileron | 2:01 |
8 |
Les Paul Custom '86 | 2:09 |
9 |
Spoon | 4:16 |
10 |
Hand in hand | 4:30 |
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Besetzung |
Wata (Vocals, Guitar & Keyboards)
Takeshi (Vocals, Bass & Guitar)
Atsuo (Drums & Percussion)
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