Musik an sich


Reviews
Richter, F. X. (Häkkinen)

Six Grandes Symphonies (1744)


Info
Musikrichtung: Barock Orchestermusik

VÖ: 25.05.2009

(Naxos / Naxos / CD / 2007 / Best. Nr. 8.570597)

Gesamtspielzeit: 79:07

Internet:

Helsinki Baroque Orchestra



ZUGABE!

Dass Franz Xaver Richter eigentlich nicht so recht ins Ensemble der Stars am Mannheimer Hofe passen wollte, hat sich schon am ersten Teil der Einspielung seiner zwölf Sinfonien gezeigt (MAS-Review). Der Eindruck bestätigt sich beim nunmehr erschienenen zweiten Teil um so drastischer: Richter erweist sich als würdiger Schüler seines großen Lehrmeisters J.J. Fux. Am Auszieren melodischer Linien und an vordergründigen Effekten ist ihm daher wenig gelegen. Richter orientiert sich auch 1744 noch eindeutig an den Grundwerten des Barock und legt vor allem den schnellen Sätzen seiner Sinfonien konsequent kontrapunktische Strukturen zugrunde. Die gewählten Sequenzen erscheinen dabei immer nur für kurze Zeit eingängig, denn Richter liebte es, die Erwartungen des Hörers zu unterlaufen, unerwartet neue Linien anzuknüpfen oder andere unterschwellig wieder auftauchen zu lassen. Die Musik ist daher für jene Zeit ungewöhnlich dicht gewoben und teils verstörend herb, damit zugleich wesentlich reizvoller und dauerhaft interessanter als die übliche Mannheimer Massenware. Und: Auf einmal wird klar, dass Richters Schüler J.M. Kraus und H.-J. Riegel diese Linie konsequent fortgesetzt haben und sich deshalb ihrerseits wohltuend vom sinfonischen Mainstream späterer Jahrzehnt abheben.
"Mehr Richter, weniger Kleinmeister", möchte man den Produzenten zurufen. Hier wäre gewiß noch so manche Entdeckung zu machen, denn etwa der zweite Satz der Sinfonie X (Fuga non troppo presto) oder der Eingangssatz der Sinfonie XI (Spiritoso) suchen in puncto Originalität und Hintersinn ihresgleichen. Die letztgenannte Sinfonie schließt übrigens auch höchst überraschend mit einem Presto ab, das schon nach 56 Sekunden zu seinem verblüffenden Ende gelangt - der vielleicht kürzeste Schlusssatz in der Sinfonik?

Richters orchestrale Kostbarkeiten sind beim Helsinki Baroque Orchestra in den besten Händen. Das Orchester widerlegt dabei die alte Spruchweisheit "Helsinki is hell". Hier gilt "Helsinki is heaven": Genau die richtige Mischung aus spannungsvollem Spiel und Entspannheit prägen den transparenten, graziösen Klang des Ensembles. Aapo Häkkinen nimmt die Tempi zügig, sieht aber selbst bei der Tempobezeichnung Presto von einem überhasteten Ansatz, der die Strukturen verunklaren würde, ab. Bravo! Zugabe!



Sven Kerkhoff



Trackliste
11-3 Sinfonia VII C-Dur 14:58
2 4-6 Sinfonie VIII B-Dur 8:51
3 7-9 Sinfonia IX A-Dur 13:08
4 10-13 Sinfonia X e-moll 13:05
5 Sinfonia XI g-moll 14:07
6 17-20 Sinfonia XII C-Dur 14:58
Besetzung

Helsinki Baroque Orchestra

Aapo Häkkinen: Leitung


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