Vivaldi, A. (Biondi)
Bajazet
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Info |
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 18.04.2005
Virgin Classics / EMI (2 CD + Bonus-DVD, DDD (AD: 2004) / Best.nr. 7243 5 45676 2 9)
Gesamtspielzeit: 146:26
Internet:
Virgin Classics
Europa Galante
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LUXURIÖS
Man schaue sich die Besetzung an. Man freue sich über das akribisch recherchierte, liebevoll aufgemachte Booklet. Man bestaune die Bonus-DVD, die Einblicke in die inspirierte Atmosphäre bei der Aufzeichnung gibt. Man ergötze sich an dem überaus plastischen, gehaltvollen Klangbild. Ja, auch wenn mittlerweile fast jeden Monat eine neue Vivaldi-Oper auf CD erscheint, liegt hier aus vielerlei Gründen eine Ausnahmeproduktion vor. Dabei ist der "Bajazet" v.a. im ersten Akt nach Dramaturgie und musikalischem Gehalt nicht unbedingt Vivaldis stärkstes Bühenwerk. Geschrieben am Ende seiner Karriere, als bereits der neapolitanische Stil das venezianische Musiktheater an den Rand der Bedeutungslosigkeit gedrängt hatte, handelt es sich zudem um eine Pasticcio. Vivaldi verwandte eine ganze Reihe von Arien aus eigenen anderen Opern und zudem auch solche aus Opern der Konkurrenz, v.a. von Hasse und Giacomelli. Dass er deren Musik den machtgierigen, teils bösartigen Figuren zuschrieb, ist ein schöner Nebenaspekt der Musikgeschichte. Dieser Flickenteppich fügt sich aber völlig organisch zusammen. Nur selten wohl ist ein Pasticcio so sorgfältig und ausgewogen gestaltet worden, wie der "Bajazet". Daran ändert es nichts, dass Biondi zusätzlich "flicken" mußte, weil auch dem überlieferten Pasticcio einige Nummern fehlen. Inhaltlich beruht die Oper auf dem vielfach vertonten Tamerlano-Stoff und damit auf einem der damals so beliebten orientalischen Sujets: Sultan Bajazet I. wird vom Tartarenfürsten Tamerlano gefangengenommen. Dieser grausame, selbstgefällige Feldherr demütigt den Gegner, wie er nur kann. Rund um diese historisch fundierte Grundkonstellation ranken sich die üblichen Verwirrspiele um Liebe, Eifersucht und Verrat.
Fabio Biondi läßt die Musik mit silbrigem Brio erstrahlen. Zwar spitzt auch er gerne zu, akzentuiert deutlich und achtet auf einen schlanken Ton, jedoch treibt er seinen Vivaldi nicht so unbarmherzig und nervig voran, wie beispielsweise Jean-Christophe Spinosi (Orlando furioso, naive/opus 111). Was den durchgehenden Weltrang der Sängerriege angeht, erinnert die Produktion an die gute alte Zeit, in der jemand wie Karajan noch sämtliche Opernstars für eine Aufnahme zu versammeln vermochte. Ildebrando D´Arcangelo gibt einen virilen, glutvollen Bajazet - in den Tiefen sonor, in den Höhen sogar mit tenoralem Glanz. Patrizia Ciofi brilliert mit nachtigallgleichen Koloraturen und Vivica Genaux glänzt endlich mit einer von jedem gutturalen Beiklang befreiten, geschmeidigen Mezzostimme und dramatischem Gespür. Marian Mijanovic begibt sich auf die Spur ihres historischen Vorbild in der Uraufführung (Anna Giró), von der es hieß, dass sie den schmachtenden Gesang verschmähte und lieber "voller Ausdruck und Bewegung" mit verschiedensten stimmlichem Mitteln arbeitete; Mijanovic eifert diesem Vorbild erfolg- und facettenreich nach. Auch Elina Garancas Andronico überzeugt ohne Abstriche. Zweifeln mag man lediglich, ob David Daniels die bestmöglich Bestezung für die Partie des Tamerlano ist. Rätselhaft schon, warum ausgerechnet für diese Rolle, die Vivaldi einer Altistin, nicht einem Kastraten anvertraute, ein Countertenor herangezogen wurde. Bei Daniels kommt hinzu, dass der stets frühzeitige Alterungsprozess dieses Stimmtypus sich mittlerweile bemerkbar macht, indem die Höhen nicht mehr die Kraft früherer Jahre haben und eng wirken. Ungeachtet dessen beeindruckt unverändert Daniels´ Gestaltungskraft.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Bajazet: Ildebrando D´Arcangelo (Bassbariton) Tamerlano: David Daniel (Countertenor) Asteria: Marijana Mijanovic (Mezzosopran) Andronico: Elina Garanca (Mezzosopran) Irene: Vivica Genaux (Mezzosopran) Idaspe: Patrizia Ciofi (Sopran)
Europa Galante
Ltg. Fabio Biondi
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