Die eisenharte Verbindung zwischen Himmel und Erde
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Gesprächspartner: Marc Dobat
Zeit: 6. 2.5.20
Ort: Faust, Hannover, beim Kirchentag
Interview: Face 2 Face
Stil: Mosh-Metal
Internet: http://www.earthlink.de.vu
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Nachdem mich die mir bislang unbekannten [Earth:link] bei ihrem Kirchentags-Konzert im Faust in Hannover Linden völlig umgehauen hatten, habe ich den Sänger und Gitarristen Marc Dobat ohne jede Vorbereitung in den anliegenden Biergarten gezerrt, um ihm diverse Pistolen auf die Brust zu setzen. Merke: Wer mir keine CD zum rezensieren mitgeben kann, muss die Wahrheit sagen.
MAS: Ihr seid die Fortsetzung von Cherubim. Wie ist es von Cherubim zu [Earth:link] gekommen?
Marc Dobat: Wir haben mit Cherubim 13 Jahre Musik gemacht und es ist in der heutigen Zeit immer schwieriger vier, fünf Leute, die zusammen Musik machen, an einem Ort über Jahre hinweg zu versammeln. Unser Bassist ist nach Hermannsburg gegangen, hat dort Theologie studiert; unser Drummer nach Gießen um Psychologie zu studieren. Nach dreizehn Jahren war dadurch ein Punkt erreicht, wo man keinen Mut mehr hatte, wo man gesagt hat, es müsste entweder richtig doll nach vorne rucken oder wir sind nicht mehr motiviert. Und so haben alle nach und nach gesagt, wir hören auf. Bis auf mich! Ich war der Letzte, der von Cherubim übrig geblieben war. Ich wollte nicht aufhören. Ich habe mir aber gesagt, unter dem Namen Cherubim kann ich keinesfalls weiter machen. Das ist nicht möglich. Und dann habe ich ungefähr ein dreiviertel Jahr gewartet, gebetet, geschaut und meine Fühler nach Leuten ausgestreckt. Dann habe ich bei mir in der Stadt, wo ich wohne, drei sehr fähige Musiker gefunden, bei denen ich eigentlich gar nicht damit gerechnet hätte, jemals etwas mit ihnen machen zu dürfen, weil ich mich selber gar nicht für so gut einschätze. Aber die haben gleich gesagt, ja, wir machen mit. Und so ist es zu [Earth:link] gekommen.
MAS: Was bedeutet der Name?
Marc Dobat: [Earth:link] – Erd-Verbindung. Wir wollen gerne Menschen miteinander und mit Gott verbinden. Das drückt sich durch die Texte aus.
MAS (grinsend): Vielleicht überrascht es dich. Ich habe die Texte jetzt nicht auf Anhieb verstanden. Wovon handeln sie? Von der Liebe Gottes wahrscheinlich nicht, oder?
Marc Dobat: Doch auch. Aber es ist auch eine Menge Zorn und Wut drin. Das ist ja auch Christen nicht fremd. In einer Textzeile heißt es zum Beispiel. “Ihr segnet Bomben. Kann das richtig sein?“ Es müsste eigentlich verkehrt sein. Es ist also auch sehr viel kritische Weltbetrachtung drin in den Texten.
MAS: Du hat während des Auftritts einige sehr deutlich missionarische Ansagen gemacht. Aus welcher kirchlichen Ecke kommt Ihr?
Marc Dobat: Ich komme aus der evangelischen Landeskirche, fühle mich den Jesus Freaks verbunden und habe von Charismatikern bis Baptisten eine Menge kennen gelernt. Ich gehe selbst als evangelischer Jugenddiakon in eine Baptistengemeinde .
MAS: Du hast gesagt, du hast mit Cherubim aufgehört, weil es einen richtigen Ruck geben müsste. Erwartest du den „richtigen Ruck“ jetzt mit [Earth:link]?
Marc Dobat: Nicht unbedingt. Musik ist einfach meine Passion. Ich habe gemerkt, wenn ich sie lasse, fehlt ein Teil von mir, von meiner Persönlichkeit. Das ist der erste Grund, warum ich’s nicht lasse. Ich definiere mich, mein Menschsein und mein Ich, auch über diese Musik.
MAS: Wie lange gibt es euch jetzt als [Earth:link]?
Marc Dobat: Vielleicht ein dreiviertel Jahr.
MAS: Was für Perspektiven hast Du für die Zukunft?
Marc Dobat: Unser Gitarrist hat ein Tonstudio. Da werden wir demnächst auch was aufnehmen. Aber heutzutage über Perspektiven von Bands zu sprechen, ist schwer. Plattenverträge werden nicht auf die Straße geworfen. Wir werden mit Sicherheit ein Album produzieren und es von der Bühne her verkaufen, damit die Konzertbesucher was zum Hören haben. Aber wenn sich Verleger finden, natürlich gerne.
MAS: Wo würdest Du hingehen - zu einem christlichen Verlag, oder zu einem weltlichen, einem säkularen?
Marc Dobat: Das Zweite.
MAS: Warum?
Marc Dobat: Ich fühle mich in der säkularen Szene sehr wohl. Die ist sehr ehrlich, manchmal auch sehr rau. Ich habe manchmal den Eindruck, in der christlichen Szene werden so schnell Stars gebacken; werden die Leute so schnell hoch gepusht und verehrt. Das finde ich manchmal zu früh, vermessen.
MAS: Während Eures Auftritts - Du hast das ja auch ein bisschen kommentiert. – haben einige Leute im Publikum plötzlich die Teufelskralle hoch gereckt. Wie gehst du mit so was um?
Marc Dobat: Das war ganz am Anfang. Da habe ich gesagt, macht nicht die Pommes-Gabel, sondern zeigt mit dem Finger nach oben. Das ist aber schwierig zu verstehen, weil das ist ein Zeichen, das aus der Jesus People-Bewegung noch stammt: “One Way to Heaven““! Aber das kann von dem Publikum heute hier keiner einordnen. Es ist schwierig.
MAS: Ich glaube auch nicht, dass hier sozusagen das falsche Publikum da gewesen ist. Ich nehme einfach an, dass die das von der Titelseite der Rock Hard kennen, oder aus ähnlichen Quellen, und dass das wahrscheinlich von dieser negativen Bedeutung völlig entleert ist.
Marc Dobat: Irgendjemand hat auch mal gesagt, wenn man den Daumen noch spreizt, ist das in irgendeiner Gehörlosensprache,…
MAS: Da brauchst du gar nicht den Daumen zu spreizen. Genau dieses Satanszeichen ist in der Gehörlosensprache das Zeichen für Liebe. Aber zurück zu Euch. Der Schlagzeuger heute war nicht euer richtiger Schlagzeuger. Marc Dobat: Nee, das war der Matze von Ten Sing. Der macht bei uns in der Jungendgruppe seit sieben, acht Jahren Musik. Er ist über die Ten Sing-Arbeit zur Musik gekommen und ist kurzfristig eingesprungen.
MAS: Dafür hat er seine Sache aber sehr gut gemacht.
Marc Dobat: Fand ich auch.
Norbert von Fransecky
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