Ogre
Thrice As Strong
|
|
|
Nach dem 2014 erschienenen Viertling The Last Neanderthal fielen Ogre erneut in einen Zustand der Inaktivität, wie das schon nach dem 2008er Drittling Plague Of The Planet der Fall gewesen war, damals sogar mit einer offiziellen Auflösung der Band. Die gab es diesmal nicht, und ein in Aleksey Evdokimovs „Doom Metal Lexicanum“ abgedrucktes Zitat von Drummer Will Broadbent aus dem Jahr 2016 lautete wie folgt: „Ogre has always been a slow-moving animal, and it only seems to get slower with age. Right now, the beast has gone back to its cave, but on the slim chance that it arises again, you can bet its strength would be as strong as before, if not stronger!“
Nun, das Trio hat Wort gehalten, denn das fünfte Album trägt den Titel „Thrice As Strong. Auf dem Cover findet sich noch ein „Vorspruch“ für den Titel, der da „In a doomed world, they must remain...“ lautet, aber weder auf der Seitenbedruckung noch in den gängigen Nachschlagewerken auftaucht und offensichtlich nicht offiziell zum Titel gehört, sondern, da das Artwork im Stil eines Filmplakats gehalten ist, in analoger Weise zur Praxis auf solchen Plakaten eine Art Werbeslogan darstellt. Das Wort „doomed“ gibt zugleich dem bisherigen Nichtkenner der Band einen Fingerzeig, in welchem Genre sich die Band aufhalten könnte.
Das tut sie freilich nur phasenweise. Wir hören hier vielmehr einen Mix aus Doom und anderen Spielarten des Siebziger-Proto-Metals, bisweilen etwas psychedelisch angehaucht und einerseits alte Pentagram verehrend (Bobby Liebling taucht nicht von ungefähr in der Thankslist auf), andererseits aber auch mit diversen Artgenossen der US-Ostküsten-Szene vertraut, die vor 30 Jahren auf Hellhound Records publizierten – und dann sind da natürlich noch Black Sabbath als Überväter gleich mehrerer Genres. Auch wenn Ross Markonish sein Riffing nicht so markant anlegt wie Tony Iommi, so ist dessen Einfluß doch deutlich hörbar. Für reinen Doom gestaltet sich aber besonders die A-Seite deutlich zu flott: Der Opener „The Future“ bahnt sich unaufhaltsam in zügigem Midtempo seinen Weg in die namensgebende Zukunft, auch der „Big Man“ ist auf ziemlich flinken Füßen unterwegs und kommt als einziger seiner insgesamt sieben Brüder vor der Vierminutenmarke ins Ziel, wobei seine Paten eher Combos vom Schlage Montrose zu sein scheinen. Zwischen diesen beiden Songs steht „Hive Mind“, ebenfalls schnelle Außenteile auffahrend und den Drummer sogar mal kurz Doublebass spielen lassend (das hatte Bill Ward nie getan), im Mittelteil allerdings tatsächlich in tempovariablen und rhythmisch recht verschachtelten Doom herunterschaltend. „Judgement Day“ als letzter Song der A-Seite bleibt lange Zeit wieder in soliden Midtempolagen mit nur gelegentlichen Verschleppungen, die Sänger Ed Cunningham bisweilen etwas kratziger agieren lassen, während er ansonsten die klaren hohen Ozzy-Lagen präferiert, allerdings mit weniger flächiger Anlage, sondern ein wenig „zusammengedrückter“ wirkend, in manchen Passagen (höre etwa die Strophen von „King Of The Wood“) gar an Bon Scott erinnernd. Nur im Hauptsolo dieses Songs gibt es wieder reinrassigen Doom zu hören.
Die Seiteneinteilung in A und B findet sich im (textlosen) Booklet tatsächlich vermerkt. Zu Seite B gehören demnach die Songs 5 bis 7, darunter mit „Blood Of Winter“ und „Cyber-Czar“ zwei Achtminüter, von denen erstgenannter bluesig anhebt, dann tatsächlich klassischen Doom bietet, im Hauptsolo aber in speedige Raserei verfällt. Der refrainartige Part gerät zum bisher eingängigsten der Platte, die sich trotz gar nicht so stark ausgeprägter Komplexität doch relativ sperrig gebärdet. Die bisweilen eigentümlich verschränkten Instrumentalpassagen von „King Of The Wood“ stehen dieser Einschätzung nicht entgegen, zumal die Grundanlage hier auch relativ geradlinigen Doom auffährt, trotz abermaliger Ausflüge in Richtung Blues und eines bluesrockigen Tempoausbruchs zum Ende hin, der leider etwas einfallslos ausgeblendet wird. Der Closer „Cyber-Czar“ baut etwas mehr Psychedelic ein, gebärdet sich im ersten Hauptteil auch recht speedig und wirft einen groß gedachten, aber klein realisierten „Ahaha“-Chor ein, verfällt im zweiten Hauptteil aber wieder in behäbiges Midtempo und im dritten in klassischen Doom, damit die Eckpunkte des Ogre-Sounds noch einmal markierend, wobei der Doom hier wieder mit Psychedelik und einigen wenigen Cyber-Elementen angereichert wird. Der stark in die Instrumente eingebettet anmutende Gesang verhindert, dass die Passage „All hail the Cyber-Czar!“ aus dem zweiten Teil ihre volle appellierende Wirkung entfalten kann.
Irgendwie läßt einen Thrice As Strong unschlüssig zurück – die Platte fällt durchaus in das Beuteschema des Rezensenten, und sie ist objektiv auch wirklich gut und ideenreich, aber so richtige Begeisterung will hier in der knappen Dreiviertelstunde nicht aufkommen. Da es die erste akustische Begegnung des Rezensenten mit dem immer noch in der 1999er Gründungsbesetzung werkelnden Trio ist, kann an dieser Stelle kein Urteil über eventuelle Entwicklungen gefällt werden. Genrefreunde bilden sich am besten ihr eigenes Urteil, wobei der Mix aus Doom mit einer Bon-Scott-Stimme wirklich noch als einigermaßen originell durchgeht.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | The Future | 5:57 |
2 | Hive Mind | 5:30 |
3 | Big Man | 3:55 |
4 | Judgement Day | 5:38 |
5 | Blood Of Winter | 8:38 |
6 | King Of The Wood | 5:42 |
7 | Cyber-Czar | 8:24 |
|
|
|
|
|
Besetzung |
Ed Cunningham (Voc, B)
Ross Markonish (Git)
Will Broadbent (Dr)
|
|
|
|