Ossian

30 Év Legszebb Balladái


Info
Musikrichtung: Hardrock

VÖ: 10.08.2016

(Hammer)

Gesamtspielzeit: 78:07

Internet:

http://www.ossian.hu


Eine „klassische“ Balladenband, also eine, die ihre Popularität hauptsächlich ihrem Schaffen für kuschlige Zweisamkeit verdankt, waren Ossian nie und werden es sicherlich auch nicht mehr werden – in ihrer ungarischen Heimat sind sie sowieso seit langem Superstars, und außerhalb derselben bedürfte es schon eines mittelschweren Wunders, um sie außerhalb hardrockender respektive metallischer Gourmetkreise weitreichend zu popularisieren. Nichtsdestotrotz haben Endre Paksi und seine Spießgesellen auch mancherlei etwas ruhigere Songs im Repertoire, wobei allerdings vorm Einlegen der CD zu klären ist, dass die Definition des Terminus „Ballade“ hier keineswegs dem Klangbild „sanfter Gesang zur Akustikgitarre über säuselndem Keyboardteppich mit dezenter perkussiver Begleitung“ entspricht, der Kuschelfaktor der knapp 80 Minuten also durchaus Schwankungen unterworfen ist. Ignoriert man diese Definitionsfrage, wird man schon im Opener „Ha Te Ott Leszel Velem“ nach einem in der Tat der im Rockkontext „klassischen“ Balladendefinition huldigenden Einleitungsteil von einem doch recht harten und temposeitig weit oben liegenden Part unsanft vom Sofa geschubst, und kaum hat man sich wieder aufgerappelt, wiederholt sich dieses Szenario in „Ahányszor Látlak“ gleich nochmal, wenngleich diesmal mit etwas weniger Tempo im harten Teil.
Wir halten also fest: Eine Ballade im Ossian-Kontext ist alles, was ruhigere Passagen (bevorzugt mit Akustikgitarren) enthält, unabhängig davon, ob diese Passagen den Löwenanteil dieses Songs ausmachen bzw. was er sonst noch so auffährt. Blindwütiges Geprügel würde in diesem Falle zwar vermutlich doch zum Ausschluß führen, aber solches ist im Schaffen von Ossian, die bekanntlich gediegenen Melodic Metal an der Grenze zum Hardrock spielen, sowieso nicht vorhanden (hört man solches, hat man die CD verwechselt und vielleicht die türkischen Ossian, die sich im Black/Death-Bereich bewegen, im Player). Im bezogen auf den Releasezeitpunkt 30 Jahre umspannenden Schaffen der Band (wobei es in den Neunzigern einige Jahre der Inaktivität gab) hat sich naturgemäß einiges an Songmaterial für die gegebene Definition angesammelt, und somit führen die 19 Songs die vorliegende CD fast bis an ihre Kapazitätsgrenze. Schaut man auf die detailliertere Trackliste auf der Bookletrückseite, stellt man allerdings fest, dass das älteste dort angegebene Entstehungsjahr des jeweiligen Originalalbums 2002 ist (in besagtem Jahr erschien Árnyékból A Fénybe, das für diese Zusammenstellung das zweitkürzeste Stück, das nur reichlich zweieinhalbminütige „A Hosszú Álom“ mit Streichern und einer dramatikandeutenden Glocke, hergibt) – und dennoch blieben die ersten 16 Jahre nicht ausgespart: „Éjféli Lány“ und „Nincs Menekvés“, beide der ersten Schaffensphase entstammend, stehen nicht als die originalen Studiofassungen auf der Balladensammlung, sondern in Livefassungen vom 2011er 25-Jahres-Jubiläums-Livealbum, „Magányos Angyal“ wurde dem 2006er Livealbum Létünk A Bizonyíték entnommen, und im gleichen Jahr gab es auch noch eine Platte namens A Lélek Hangja mit akustikdominierten, teils mit Streichern ergänzten Neueinspielungen älterer Songs, von denen hier „Társ A Bajban“, „Még Egy Nap“ und „Hüség“ übernommen wurden, wobei besonders letztgenannte Nummer enorm hoch zu punkten weiß. Die dreizehn weiteren Songs stammen dann tatsächlich von den regulären Studioalben der Jahre 2002 (das genannte Árnyékból A Fénybe) bis 2016 (das Album dieses Jahres hieß Fényárban És Félhomályban), wobei man selbst bei genauem Hinhören nur marginale Unterschiede bzw. Stilentwicklungen feststellen kann. Gut, Endre Paksis Stimme wird nicht jünger, aber er zieht sich immer noch mit der Routine eines erfahrenen Könners aus der Affäre, und den Unterschied nach dem Wechsel von zwei Gitarristen (das war der Standard bei Ossian seit der Gründung) auf nur noch einen (das ist die Lage seit dem 2015er Lélekerö-Album) bemerkt man hier auch nahezu gar nicht. Dass Ossian qualitativ nahezu immer Hochwertiges abgeliefert haben, ist dem metallischen Gourmet geläufig und führt dazu, dass auch auf dieser Compilation ein guter Standard nirgendwo unterschritten wird, wenngleich das Niveau naturgemäß doch kleineren Schwankungen unterlegen ist. Zu den absoluten Highlights zählen die beiden Beiträge vom als Ganzes bärenstarken 2004er Tüzkeresztség-Album: „Többet Ér Mindennél“ gerät zu nahezu klassischem entspanntem Melodic Rock, „A Bátrakért“ hingegen ist schleppender Power Metal mit Keyboarduntermalung und enorm dramatischer Grundanlage, die nach hinten heraus gerne noch hätte fortgesetzt werden dürfen, obwohl der Song mit seinen 5:24 Minuten auch so schon der längste der Compilation ist. So weit lehnen sich Ossian sonst kaum aus dem Fenster – der wie aus einem alten Radio oder einem Telefonhörer kommende Vokaleffekt in „A Tüz Jegyében“ geht da schon fast als experimentell durch, und auch das Baßsolo in „Csendesen“ ist ebenso ungewöhnlich wie genial. Aber von Ossian erwartet eigentlich niemand Progressivität – sie machen das, was sie können, und das machen sie richtig gut, auch im ruhigeren Bereich. Den recht homogenen Eindruck der knapp 80 Minuten verdankt der Hörer Zoltán Varga, der fürs Remastering zuständig war und es geschafft hat, die Vorlagen so gut aneinander anzupassen, dass die Individualität immer noch erhalten bleibt, aber trotzdem der Eindruck eines Gesamtwerkes entsteht und man zudem auch nicht dauernd die Lautstärke nachregulieren muß, auch nicht bei den Livestücken, die zudem den Status der Band in ihrem Heimatland klarmachen: Das offenkundig recht vielköpfige Auditorium singt bestimmte Zeilen lautstark und begeistert mit.
Exklusives Material gibt es auf der CD offenbar nicht, sieht man mal von den remasterten Fassungen ab. So wird der Ossian-Gesamtkatalogbesitzer nicht gezwungen, sich das bereits in seiner Kollektion befindende Material nochmals zu kaufen, sondern behält die Option, sich einen analogen Sampler selber zu brennen. Wer das nicht mag und nicht dem erwähnten Trugschluß unterliegt, zu einem Balladensampler müsse man durchgehend ungestört kuscheln können, der macht mit dem Digipack (das Booklet enthält alle Texte und die erwähnte ausführliche Tracklist, aber sonst keine weiteren Informationen) nichts verkehrt.



Roland Ludwig



Trackliste
1Ha Te Ott Leszel Velem5:03
2 Ahányszor Látlak3:31
3 Éjféli Lány4:38
4 Többet Ér Mindennél4:20
5 Magányos Angyal5:11
6 Társ A Bajban3:19
7 Még Egy Nap4:27
8 A Régi Láng3:38
9 Bilincs Vagy Ékszer3:13
10 Hüség4:03
11 A Bátrakért5:24
12 A Tüz Jegyében5:14
13 Nincs Menekvés4:30
14 A Hosszú Álom2:33
15 Küldetés3:59
16 Asszony Feketében4:02
17 Visszajövök4:29
18 Álmod Legyen2:25
19 Csendesen4:00
Besetzung

Endre Paksi (Voc)
Richárd Rubscics (Git)
sowie wechselnde Mitmusiker



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>