Keep-it-true XXI: Von Heiden aus dem Norden, Dämonen und Schwindlern
Yeah, endlich wieder letztes April-Wochenende, endlich wieder KEEP IT TRUE! Unser Lieblingsfestival ging 2018 bereits in die 21. Runde und wir freuten uns mal wieder im Vorfeld darauf, davon berichten zu dürfen. Die ganz großen Headliner-Hämmer hatte man mit Fates Warning mit Sänger John Arch und der Reunion von Cirith Ungol bereits ausgepackt. Die Rückkehr der Schweden Heavy Load war da schon eine Nummer kleiner, obwohl doch auch eine Sensation. Meist sind es aber die Acts, die man nicht so ganz auf dem Zettel hat, die am Ende am meisten überzeugen können. Stichwort: Überraschungseffekt. Das gab es auch dieses Jahr und am Ende hatten Olli und Tarek mal wieder ein schönes Programm zusammengestellt, das auf dem Papier nicht für solche Begeisterungsstürme sorgte, aber dann doch ziemlich stark war. Und auch dieses Wochenende war wieder eine schwermetallische Vollbedienung. Ein paar bemerkenswerte Änderungen gab es in Sachen Organisation. Der Metalmarkt im Zelt außerhalb der Halle wird immer mehr zum geselligen Treffpunkt und hat sich so zum dritten Mal in Folge als gute Sache entpuppt. Dem Bargeld sagte man dieses Mal ziemlich ab. In Sachen Verpflegung musste man sich eine aufladbare Geldkarte besorgen, um sich Getränke in der Halle oder Essen davor (das gab es in erweiterter Form mittlerweile ausschließlich dort) zu besorgen. Funktionierte eigentlich gut, wenn man ehrlich ist. Natürlich ging das Aufladen, der Kauf am offiziellen Merch-Stand und der Erwerb von Tickets fürs nächste Jahr auch bargeldfrei. Und da wären wir schon beim letzten wichtigen Punkt: dem Kartenvorverkauf für 2019. Dieses Mal bekam man pro Person bzw. Karte für 2018 nur ein Exemplar fürs nächste Jahr. Zudem hatte man den Kartenpreis um 30,- auf 99,- € erhöht. Beides sorgte dafür, dass man gemütlich an beiden Tagen eine Karte für Ausgabe Nr. 22 bekommen konnte. Das war die letzten Jahre ja nicht so. So, genug geschwafelt, schauen wir mal, was in Sachen Bands los war: Die Eröffnung des Festivals obliegt in der Regel den jungen, heißen Newcomern. Das ist auch dieses Mal so. Die Opening-Band kommt vom anderen Ende der Welt (genau genommen: Neuseeland) und hört auf den Namen STÄLKER. Das Trio spielt ziemlich hyperaktiven Speedmetal, wie er gerade hip zu sein scheint (also so Richtung Evil Invaders, Ranger) und fackelt nicht lange. Da der schreihalisige Bassist und Sänger Daif recht an seinem Mikrofonständer hängt / hängen muss, ist fürs Stageacting vor allem der wuschelige Gitarrist Chris zuständig. Die Energie der Truppe gefällt. Man drückt mächtig aufs Gas und gibt auch so schnell nicht nach. Die Chose wird sauber aufs Parkett gelegt. Aber da alle Songs irgendwie gleich klingen, zieht sich das Ganze schon etwas. Aber nicht so wild. Für den Start ins Wochenende hat das schon getaugt. Für die zweite Band hat man gleich mal wieder in der Obskuritätenkiste gewühlt. TAIST OF IRON aus Tacoma, Washington sind mal wieder so ein typisches Keep-it-true-Ding. Ein Album (+ eine EP) Mitte der 80er veröffentlicht, danach wieder in der Versenkung verschwunden und dank ein paar unermüdlichen Trüffelsuchern wieder aufgetaucht. Vor ein paar Jahren kam ihre Platte neu auf den Markt, was wohl die Initialzündung war, die Truppe um Frontfrau Lorraine Gill heute auf die Bühne zu stellen. Musikalisch war das Ganze gar nicht so verkehrt – schöner altmodischer Ami-Metal mit leichter Power-Schlagseite. Die Performance war etwas hölzern, aber Frau Gill versuchte das Publikum mit ihren lasziven Bewegungen auf ihre Seite zu ziehen. Die mittlerweile ganz gut gefühlte Halle (die meisten Interessierten hatten wohl mittlerweile ihre Karte fürs nächste Jahr) schaute zumindest interessiert zu. Ein kleines Kuriosum war Gitarrist Steve Stefanowicz, der blind ist und damit umso mehr mit seinen selbstsicheren Gitarrenläufen gefiel, bzw. sogar beeindruckte. Der letzte Funke sprang nicht zwar nicht ganz über, aber das ist nicht so schlimm. Ihre Liebhaber hat die Band. Bei der Autogrammstunde später nämlich war schon was los. Metalbands aus Dänemark hatten in den 80ern Seltenheitswert – wenn sie nicht gerade Pretty Maids heißen. ALIEN FORCE nicht viel später nach ebenjenen gestartet, sind aber auf halbem Weg nach zwei Alben wieder liegen geblieben. Das merkte man den vier Herren aber gar nicht wirklich an, denn man präsentierte sich körperlich wie spielerisch in guter Form. Musikalisch hatte der straighte Sound eine leichte Saxon-Schlagseite, war also wie für die Bühne gemacht. Anscheinend war ich einer der wenigen Unwissenden im ersten Drittel der Halle. Denn es wurde kräftig gefeiert und mitgesungen. Davon ließ sich die Band, und vor allem Sänger Peter Svale Andersen, anstacheln und gab mit jeder Note selbstsicherer Gas. Die wie nette Kumpels aus der Nachbarschaft wirkende Band hat Spaß gemacht. Auf Platte braucht man das aber wohl trotzdem nicht wirklich. Auch unser anderes Nachbarland Frankreich war nicht gerade als Heavy-Metal-Hochburg bekannt, hatte aber zumindest ein paar interessante Bands zu bieten, die (wie selbstverständlich) in ihrer Muttersprache singen. BLASPHEME ist eine davon. Eigentlich sogar ein ziemliches Urgestein neben Sortilege und ADX (beide bzw. Teile davon haben hier schon gespielt!). Zwei Gründungsmitglieder (Gitarrist Pierre Holzhaeuser und Bassist Phillippe Guadagnino) sind sogar noch mit an Bord. Mittlerweile hat man sich gleich mit zwei Sängern verstärkt: Olivier Del Valle von Shannon und dem jüngeren Alexis Roy-Petit von Hürlement. Und das gibt dem Auftritt die besondere Würze, da sich beide Männer optisch, in Sachen Stageacting und auch stimmlich stark unterscheiden. Was einem besser gefällt, ist dabei einfach nur Geschmacksache. Auf die Bühne gebracht werden die alten Gassenhauer mit viel Schmackes. Neben den beiden Sängern fällt besonders Bassist Guadagnino auf, der optisch stark gealtert scheinen mag, aber immer noch ziemlich Feuer unterm Hintern hat. Das überzeugt auch das Publikum, das die Franzosen ordentlich abfeiert. Positive Stimmung verbreitender Heavy Metal und eine gut gelaunte Band. Metallerherz, was willst Du mehr? Das kam irgendwie sogar etwas überraschend und hat deswegen umso mehr gefallen! Achtung, jetzt wird’s kultig! SIREN waren schon in den 80ern eine etwas kauzige Band und so präsentierte man sich auch heute. Vor allem in Person von Originalsänger Doug Lee. Ein charismatischer, aber etwas schräger Typ, der gerne mal Gebrauch von dem einen oder anderen Requisit macht. Ein Schwert, eine Maske – so Zeug eben. Gewünscht hatten sich die ganz alten KIT-Gänger die Reunion schon lange. Und umso größer war die Freude, als endlich ihr Name auf dem Plakat stand. Schon bevor das Festival angepiffen wurde, fanden der aktuelle Siren-ReRelease im Händlerzelt reißenden Absatz. Alte Gassenhauer wie der Opener „Metro-Mercenary“, „Black Death“, „Over The Rainbow“ oder „Iron Coffins“ wurden abgefeiert, auch wenn nicht gerade jeder so einfach Zugang zu der Mucke fand, der nicht schon früher damit vertraut war. Schade, dass Frontmann Lee immer wieder etwas neben der Spur lag. Aber so ist der Typ wohl. Passte auch zur Performance. Die Freude die Mucke mal live zu hören überwog auf jeden Fall und so waren danach nicht allzu viele kritische Stimmen zu hören. Ob dem Ganzen noch mehr folgen wird, weiß die Band wohl selbst nicht zu genau. Ist auch egal. Die Freude an ihren Debüt No Place Like Home (am besten in der aktuellen Doppel-Album-Version Up From The Depths – Early Anthology And More abgreifen) kann einem ja eh niemand mehr nehmen. Wer hätte gedacht, dass Steve Grimmett noch einmal so zurückkommt, als ihm im Januar 2017 aufgrund einer lebensgefährlichen Infektion der rechte Unterschenkel abgenommen werden musste. Ein verdammtes Stehaufmännchen, dieser Typ! Er lässt sich dadurch nicht das Rocken abnehmen und steht jetzt eben mit einer Prothese, Stock und hin und wieder sitzend im Rollstuhl, auf der Bühne. Der Respekt der Keep-it-true-Gemeinde ist ihm damit allemal gewiss. Und so wurde der Auftritt seiner Version von GRIM REAPER zu einem regelrechten Triumphzug. Das altbekannte Songmaterial ist ja eh schon ein Stimmungsgarant und von diesen vier wahnsinnig ausgelassenen Musikern, die jede Sekunde auf den Brettern mit jeder Pore ihrer Körper genoss, ließ man sich umso mehr mitreißen. Die Stimmung auf der Bühne war schon prächtig und davor sah es natürlich nicht gerade schlechter aus. Kein Wunder bei rockigen Simpel-Krachern wie „Rock You To Hell“, „Waysted Love“ oder „Fear No Evil“. Die Laune wurde dabei auch keineswegs von neueren Songs getrübt. Etwas Besonderes war trotzdem das Dio-Cover „Don't Talk To Strangers“, das Grimmett ziemlich beeindruckend sang. Echt stark. Der Jubellevel war durchgehend ziemlich hoch und ging beim abschließenden „See You In Hell“ (erwartungsgemäß) durch die Decke. Man, das war echt gut. Da hatten die Briten ordentlich vorgelegt. Den Faden nahmen die Ex-Briten und mittlerweile Wahl-Amerikaner RAVEN nur allzu gerne auf. Ich erinnere mich nur allzu gerne an ihren letzten KIT-Auftritt (Ausgabe Nr. 5, 2005 – verdammt lange her!) und die Erwartungen waren da natürlich hoch. Aber die Gallagher-Brüder enttäuschten natürlich nicht. Angekündigt war eine Show, die sich auf die ersten drei Alben konzentriert und so kam es auch. Sind ja eh die Nummern, die man eigentlich am liebsten von der verrückten Truppe hört. Und verdammt, wie sich die Band ihre Verrücktheit der jungen Jahre immer noch erhalten hat! Raven legen eine Energie an den Tag, die nur noch offene Münder hinterlässt. Wo nehmen Mark und John mit ihren knapp 60 Jahren nur diese Power her?! Besonders auffällig mal wieder Gitarrist Mark, der sich wild Grimassen ziehend in die Songs stürzte. Nicht besonders filigran, aber äußerst mitreißend. An Highlights war das Set ja nicht besonders arm (wählt einen Song des frühen Repertoires aus, sie haben ihn sicher gespielt...). Lediglich die Soloeinlagen nahmen etwas den Fluss aus dem äußerst wilden Set. Aber geschenkt. Zum Ende hin gesellte sich Steve Grimmett für ein Cover von „Born To Be Wild“ mit auf die Bühne. Man muss es der Band hoch anrechnen, dass dieser doch mehr aus ausgelutschte Song unterhaltsam rüberkam. Mit „Crash Band Wallop“ ging eine sehr vergnügliche Stunde zu Ende, wie sie sie hier gerne mal wieder stattfinden darf. So, im Anschluss wird einem auch keine Pause gegönnt. Dass FLOTSAM AND JETSAM live eine Wucht sind, ist auch nichts Neues. Das bewies die Truppe bereits zweimal in dieser schönen Veranstaltungsreihe (einmal allerdings in der einmaligen Ausgabe in Würzburg). Beim letzten Gastspiel versteifte man sich auf sein zweites Studioalbum No Place For Disgrace. Heute stand dafür das Wunder-Debüt Doomsday For The Deciever auf dem Programm. Trotzdem eröffnete man den Auftritt erstmal zünftig mit dem Titelsong der Nachfolgerplatte. Was danach mit „Hammerhead“ folgte war ein wahrer Speed-Thrash-Metal-Orkan. Wo die originalen Vorlagen mit ihrer Rumpeligkeit Spaß machen, riss man an diesem Abend umso mehr mit einer spieltechnisch präzisen Wucht mit, die einen glatt schwindelig werden ließ. Verdammte Kacke, haben die fünf Herren gerockt! Schlagartig wurde einem auch wieder bewusst, warum die Platte bis heute als Genreklassiker gilt. Was gespielt wurde, war keine Überraschung. Dafür umso mehr, mit wie viel Adrenalin im Blut. Kein Wunder, dass Flotsam and Jetsam der eigentliche Headliner der Herzen waren. Mit den Zugaben „Dreams Of Death“ und „I Live You Die“ machten die Amis den Sack zu und hinterließen zahlreiche begeisterte Fans. Da bleibt nur ein Wort: Tagessieger! Klar, in Sachen Energie können DEMON da nicht mithalten. Dafür bespielt man mit seinem angedüstertem Hardrock auch eine etwas andere Schiene. Und Demon wären an diesem Abend wohl auch nicht Headliner, wenn man nicht etwas Besonderes auf Lager hätten. Unter dem Motto „Night Of The Unexpected Guest“ standen die frühen Jahre der britischen Truppe im Fokus – und eine entsprechend trashige Show dazu. Zwei weiße Kreuze und ein bisschen Blumendeko sollten Friedhofsatmosphäre erzeugen (nur soviel: das tat es natürlich nicht). Dazu hatte Sänger Dave Hill sich bleich geschminkt, in eine Ghost-mäßige Robe geschmissen und seine alte Maske ausgegraben. Irgendwie lustig. So wirklich ernst nahm der stets gut gelaunte Mann das wohl selbst nicht, genoss das Theater aber trotzdem sichtlich. Alte Rocker wie „Night Of The Demon“, „Total Possession“, „The Spell“, „Into The Nigthmare“ oder das düstere „Have We Been Here Before“ haben nach wie vor ihren Charme, auch wenn man sie die letzten zehn Jahre verdammt oft gehört hat. Zwar ist Hills Backingband in Sachen Ausstrahlung nach wie vor ziemlich blass, dafür beeindruckte der mittlerweile 70-jährige (!). Wahnsinn, wie gut der Mann nicht nur körperlich, sondern vor allem stimmlich noch gut in Form ist. Leider hatte der Auftritt in der Mitte eine ziemliche Länge, nachdem man die Hits der beiden Platten schon ganz am Anfang verbraten hatte. Der Rest hat einfach nicht diese Strahlkraft und man freute sich, als Demon das „etwas neuere“ „Live On The Wire“ ins Set schmuggelten. Dann ging es zum Ende noch einmal ziemlich aufwärts. „Don't Break The Circle“ (eine der Überhymne der Festivalgeschichte!) war der erwartbare Stimmungsbrecher. Mit der Zugabe „One Helluva Night“ machte man den Sack dann zu. Besonderes hin oder her: Mit einem ausgewogeneren Programm wäre das sicher mitreißender gewesen – aber eben auch nur ein normaler Demon-Gig. Trotzdem ein ganz netter Abschluss des ersten Tages. Im Gegensatz zum letzten Jahr, als ein paar Vollspacken durch den Zeltplatz vandalierten, verlief die Nacht von Freitag auf Samstag dieses Mal ziemlich ruhig. Man konnte sich dafür etwas länger als sonst entspannen, da bei der 2018er Ausgabe nur 18 statt 20 Bands spielten und so das Geschehen erst um 13 statt um 12 Uhr seinen Lauf nahm. Umso mehr Zeit, um ins gut bestückte Händlerzelt zu schauen und alte und neue Kontakte zu knüpfen. Als IRONFLAME den Wachmacher spielten, war die Halle dann doch schon ganz gut gefüllt. Eigentlich ist es das alleinige Produkt des vielfältigen Andrew D’Cagna. Allerdings hält er es mit diesem Projekt so, wie Chris Black mit seinen High Spirits und beschränkt sich rein aufs Mikro und engagierte ein paar befreundete Musiker für Liveauftritte. Allerdings verbreiteten Ironflame keineswegs Projektcharakter und man kam als richtige, eingeschworene Band rüber. Sogar als ziemlich gute. Ehrlich gesagt, war das sogar einer der besten Samstags-Opener der KIT-Geschichte! Hier wurde herrlich altmodischer US-Metal aus den Lautsprechern geknallt, dass die Schwarte nur so krachte. Stimmungsaufhellender Sound mit viel Schmackes, nicht allzu kompliziert und massiv mitreißend. Die 45 Minuten waren ein einziger Hitreigen zum Fäustrecken. Da schmeckte das erste Bierchen des Tages gar vorzüglich (selbst wenn es eben nur ein Distelhäuser ist…). Das Album der hochmotivierten Band war am Merch-Stand danach ziemlich schnell ausverkauft. Wundert mich auch nicht. So, die Hype-Sau hat man in der Szene in letzter Zeit bei GATEKEEPER und ihrem einen Tag vorher veröffentlichtem Debütalbum East Of Sun ganz schön durchs Dorf getrieben. Was letztes Jahr Visigoth waren, sind in diesem eben die Kanadier um Jeff Black. Epischer Stoff steht auf dem Programm – im Herzen aber doch irgendwie stinknormaler Metal. Im Mittelpunkt des Geschehens stand der etwas kauzige Sänger Jean-Pierre Abboud, der vor einigen Jahren diese Bühne mit seiner alten Band Borrowed Time besang. Mit viel Engagement und leicht übertrieben wirkender Leidenschaft (diese weit aufgerissen Augen – etwas am Schnee geschnüffelt?) sang er sich durch die Songs. Die Instrumentalisten boten einen passenden Nährboden, dass er sich austoben konnte. Doch restlos sprang der Funke leider nicht über. Den Vorschusslorbeeren wurde man keineswegs gerecht. Und warum man sich gerade mit Kiss‘ „Detroit Rock City“ verabschiedete, erschloss sich mir auch nicht ganz. Von den Newcomern zurück zu ein paar alten Hasen. Von der Existenz von CEREBUS dürften auch nur die wenigsten während ihrer (kurzen?) aktiven Zeit während der 80er mitbekommen haben. Nur ein echtes Album (letztes Jahr von High Roller neu aufgelegt) geht auf das Konto der stark verjüngten Gruppe. Immerhin der frisch blondierte Originalsänger Scott Board stand mit auf der Bühne. Und alle Achtung: Er war immer noch ziemlich fit, leistete sich gesanglich absolut keine Patzer und klang dabei wie 1986 – vielleicht sogar ein bisschen besser. Bei der restlichen Band waren die Rollen klar verteilt. Die beiden jungen Herren an Bass und Gitarre gaben die wild Posenden, die sich voller Genuss in die Songs stürzen, der ältere Gitarrist den Coolen. Natürlich gab man die Hits seines Debütalbums wie „Distant Eyes“, „Rock The House Down“ oder „Running Out Of Time“ zum Besten und machte gar nicht erst den Fehler etwas anderes zu probieren. Deswegen haute man wohl auch etwas früher als geplant in den Sack. Dafür hat die Zeit davor ziemlich Spaß gemacht. Daumen nach oben. BLIND ILLUSION haftet einfach immer der Ruf an, die Ex-Band der beiden Primus-Leute Les Claypool und Larry LaLonde zu sein. Dabei sind sie einfach das Baby von Mark Biedermann, diesem kalifornischem Kauz, der hier Gitarre spielt und singt. Schräger, technischer Thrash Metal steht auf dem Programm. Das Debütalbum The Sanity Asylum ist auf seine Art irgendwie legendär und das gab man an diesem Nachmittag in voller Länge zum Besten (aber in der Reihenfolge etwas durcheinander gewürfelt). Das Spielerische war echt topp, alle Musiker (u.a. Doug Piercy von Heathen / Anvil Chorus) wahre Könner an ihren Instrumenten. Die Stage-Performance war dafür umso kauziger. Gerade der vom Leben gezeichnete Biedermann, der kaum noch Zähne im Mund hat, kaum reichlich seltsam rüber. Das alleine zauberte einem ein Lächeln aufs Gesicht. Auch wenn ein ziemlich spitzbübisches. Denn die Mucke der Band kann man wohl nur hassen oder lieben. Heute waren allerdings überwiegend Liebhaber vor der Bühne. Ein großer Teil hatte die Halle nämlich verlassen, um sich nicht davon stressen zu lassen, und/oder um die Sonne zu genießen. Zurück blieb dadurch ein recht begeistertes Publikum. Das war schon ein ziemlich lässiger Farbtupfer. Für den Rest waren SARACEN ein wahrer Stimmungsaufheller. Bei ihrem ersten Gastspiel 2011 waren die Briten schon eine große Überraschung. Umso schöner, einem ihrer seltenen Liveauftritt beiwohnen zu können. Stilistisch hob man sich natürlich ein Stück von der Konkurrenz ab. Statt Metal ist das doch dann mehr bombastischer, progressiv angehauchter Hard Rock mit schönen Gitarrenmelodien, Keyboardklängen und hymnischen Refrains. Das Feeling von damals war gleich mit dem ersten, programmatischen Song „We Have Arrived“ wieder da. Die Musik an sich verbreitet ja schon wohlige, positive Laune. Sänger Steve Bettney unterstützte das noch zusätzlich. Stimmlich unglaublich sicher, war er der große Anheizer der Show. Er suchte ständig den Kontakt zum Publikum und sein Charisma strahlte noch bis in den letzten Winkel der Halle. Auf seine Backingband konnte er sich verlassen. Man wunderte sich nur, wo Gitarrist und Bandgründer Rob Bendelow abgeblieben war. Darüber dachte man aber nicht allzu lange nach und genoss vielmehr melodische Wundertüten der Marke „Meet Me At Midnight“, „Heroes, Saints And Fools“ und „Crusader“. Eigentlich schade, dass man sich so sehr auf die Oldies konzentriert hat. Der Katalog der Truppe hat schließlich noch viel mehr Gutes zu bieten. Aber vielleicht bekommt man wieder die Gelegenheit sich hier zu präsentieren? Zu befürworten wäre es den euphorischen Publikumsreaktionen nach zu urteilen auf jeden Fall! Stilistisch noch mehr aus der Reihe schlugen im Anschluss WINTERHAWK. Nachdem die KIT-Szene vor ein paar Jahren die feinen Hardrocker Ashbury für sich entdeckt hatte, ist jetzt die stilistisch ähnlich gelagerte Band um Gitarrist Jordan Macarus dran, die 1981 das wunderbare Revival in kleiner Auflage veröffentlichte. Leicht epische, stark verpielte Musik im Spannungsfeld zwischen Wishbone Ash, Bluesrock und ganz jungen Rush (vor allem wegen dem Gesang). Im Mittelpunkt der reaktivierten Gruppe stand auch ganz eindeutig Herr Macarus, der sich als leidenschaftlicher Gitarrenfreak präsentierte. Irgendwie hippiemäßig daher kommend, stets vertieft in seine sechs Saiten, haute er seine Licks und Soli raus. Die drei Mitmusiker waren dabei nur blasses Beiwerk. Ein echtes, etwas jammiges, äußerst altmodisches Gitarrenfest, bei dem die Songs irgendwann gar nicht mehr so wichtig waren, auch wenn man ein paar wirklich feine mit im Gepäck hatte (die im Original von der genannten Studioplatte stammen). Stimmlich wurde Abwechslung geboten. Einmal sang mit angerauter Stimme der Meister selbst, dann mal wieder sein Bassist und als speziellen Gast hatte man sich einen jungen Herrn eingeladen, der sich mit den hellen Tönen abmühte. Für das, dass Band und Gast wenig bis gar nicht geprobt hatten, klappte das ganz gut, auch wenn man über den Ton an sich geteilter Meinung sein konnte. Am Ende durfte man sich freuen, so etwas mal zu Gesicht zu bekommen. Denn am Ende war es wirklich schön, wenn auch alles andere als Metal und auch wenn andere wirklich die besseren Songs haben. So, zum Endspurt kehrte man nun aber wieder ins schwermetallische Fach zurück, das man für zwei Stunden etwas vernachlässigte. HITTMAN waren vor ein paar Jahren schon einmal angekündigt worden. Beim zweiten Anlauf hat es nun auch geklappt, dass die Amis ihren starken US-Metal auf die KIT-Bühne hieven. Bei dieser speziellen Reunion-Show konzentrierte man sich überwiegend auf Material seines starken, selbstsbetitelten Debüts. Dessen Opener (und irgendwie auch Hit der Band) „Metal Sport“ eröffnete dann auch gleich den munteren Songreigen. Die Band gab sich äußerst professionell und besonders hervorzuheben ist Sänger Dirk Kennedy, der die alten Schoten 1:1 wie früher zum Besten gab und unfassbar gut klang. Dieser leicht melancholische Schmelz ist selbst in den höchsten Tönen noch vorhanden. Echt super. Ich war nicht der einzige, der das so sah. Und so waren die fünf Musiker auch ziemlich überwältigt von den euphorischen Publikumsreaktionen, die ihnen sichtlich zu Herz gingen. Emotional wurde es auch, als Kennedy einen Song Hittmans ehemaligem Bassisten und Songwriter Mike Buccel widmete, der 2013 bei einem Autounfall verstarb. Zwischen lieb gewonnen Titeln wie „Will You Be There“, „Breakout“ und „Dead On Arrival“ hatte die Truppe sogar zwei komplette neue Songs versteckt. Der eine („No Time To Die“) klang etwas moderner, grooviger, der zweite („The Ledge“) war klassisches Hittman-Material und allemal spannender. Nach einer Dreiviertelstunde und dem laut mitgesungenen „Backstreet Rebels“ spielte man zweimal das alte Zugabenspielchen, bevor man mit „Caught In The Crossfire“ und „Secret Angent Man“ den Sack zumachte. Diese Show-Trödelei war auch der einzige negative Aspekt des mitreißenden Auftritts. Aber mei, das sind halt Amis, da muss das wohl so sein… Was es beim diesjährigen KIT nicht so oft gab, war ein harter, unbarmherziger Schlag in die Fresse. Das sollte sich zum Ende hin aber ändern. Denn EXHORDER waren nichts anderes als das. Ein wirklich fieser Soundklumpen, der alles niederwalzte. Noch gewalttätiger und wütender geht Thrash Metal wohl nicht. Die Band, von der mittlerweile nur noch zwei Ur-Mitglieder an Bord sind (Sänger Kyle Thomas und Gitarrist Vinnie LaBelle) machte ordentlich Rabatz und es beeindruckte, mit welcher Kraft und Präzision das Geballer in die Halle gehauen wurde. Dass die Band dabei doch irgendwie sympathisch wirkte, war fast etwas verwunderlich. Vielleicht war es aber auch nur die Freude, hier vor einem solch begeisterungsfähigen Publikum spielen zu können. Vor allem Frontmann Thomas brüllte wie ein angestochenes Wildschwein und gab den Beserker, nur um ein paar Takte später mit einem breiten Grinsen auf der Bühne zu stehen. Klarkommen musste man mit den Songs der Band natürlich schon. Denn irgendwie sind die mit der Zeit doch etwas eintönig. Warum Exhorder aber immer wieder als Stichwortgeber für Pantera in den Ring geworfen werden, wurde einem bei den etwas groovigeren mit einem knallharten Gitarrensound gespielten Songs doch klar. Am Ende war das aber doch ein ziemlich überragender Abriss, nach dem eigentlich gar nicht mehr so viel hätte kommen müssen. Tat es aber natürlich. Schließlich standen die Schweden HEAVY LOAD noch auf der Liste, die sich viele über die Jahre hinweg immer wieder gewünscht hatten, auch wenn der Rezensent die Faszination ihrer Alben nicht so recht nachvollziehen kann. Gedacht, dass es zur Reunion kommt, hatte wohl keiner wirklich. Aber das war auch schon mit Cirith Ungol oder Fates Warning mit John Arch so. Irgendwann werden sie Veranstalter Oliver Weinsheimer wohl noch eine Statue in Lauda-Königshofen dafür stiften… Aber ich schweife ab. Zurück zum Programm. Die Umbaupause gestaltete sich etwas länger. Schließlich wurde die Burgdeko entfernt und die Bühne komplett auf das alte Bühnenbild der 80er umgestellt. Das heißt: zwei große Marshall-Türme, ein erhöhter Drumriser mit einem schön übertriebenem Schlagzeug, viel Nebel und zwei Spot-Scheinwerfer, welche das Wichtigste ins rechte Licht rückten. Und das war vor allem Sänger/Gitarrist Ragne Wahlquist. Dieser verschafft sich mit einem Headset Bewegungsfreiheit und war damit der Dreh- und Angelpunkt der Show, neben seinem ebenfalls singenden, dafür Schlagzeug spielenden Bruder Styrbjörn. Der Start mit der Hymne „Heavy Metal Angels (In Metal And Leather)“, „Run With The Devil“ und „Heavy Metal Heaven“ kam schon mal gut rüber. Aber mit der Zeit stellte sich doch etwas Ernüchterung ein. Denn besonders gut eingespielt schien die Band nicht. Oder man war einfach noch eingerostet. Schließlich stand man schon drei Jahrzehnte nicht mehr auf der Bühne. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Dazu kommen lange Pausen mit etwas seltsam wirkenden, zu langen Ansagen, überflüssigem Sologedudel (lächerlich langweiliges Gitarrensolo auf einer Achtseitigen – irgendwie lustig…) – na gut, für die technisches Probleme kann die Band nix. Zwischendurch wurde Originalbassist Torbjörn Ragnesjö gegen sein Pedant der griechischen Tribute-Band Heathens Of The North ausgetauscht und auch der alte Weggefährte, Gitarrist und Sänger Eddy Malm, durfte immer wieder mal mitmachen. Er gab den gut gelaunten Onkel von nebenan (mit anscheinend zum Spaß umgehängter Gitarre). Irgendwie etwas obskur und mit einem Hauch von Spinal Tap versehen, hatte der 105-minütige Auftritt ziemliche Längen und die anfangs fast komplett gefüllte Halle wurde immer lichter. Nur zum Schluss kam mit „Swinging Sword“ nochmals richtig Stimmung auf. So sehr, dass man ungeplant zum Schluss „Heavy Metal Angels“ noch einmal spielte. Nun gut, ein echter Triumphzug war das jetzt nicht. Aber vielleicht legte man das Niveau aufgrund der Vorjahre gedanklich einfach etwas zu hoch an. Einige lächelnde Gesichter gab es doch. Hier überwog die Freude dieser speziellen Sache beigewohnt zu haben. Tja, und dann war das Keep It True für dieses Jahr schon wieder vorbei. Welches Fazit soll man nun ziehen? Im Großen und Ganzen war es schon wieder eine tolle Sause. Spaßige Konzerte, tolle Leute (wieder) getroffen. Ein schöner Szene-Treff wie immer. Allerdings muss man auch sehen, wie sich das Festival über die Jahre verändert hat. Viele Stammgäste kommen nicht mehr, die Stimmung geht immer mehr Richtung Event, auch wenn ich das ganz subjektiv im letzten Jahr in dieser Richtung als stärker empfand. Seinen Zenit hat die Veranstaltung wohl überschritten, was man auch daran erkennen kann, dass nicht alle zur Verfügung gestellten Karten ihren Abnehmer fanden. Ob das am gestiegenen Preis oder am relativ dünnen, bisher angekündigten Programm 2019 liegt, darüber lässt sich streiten. Es bleibt interessant, in welche Richtung es gehen wird. Ach ja, Bands: als Co-Headliner fungieren die Briten Satan, dazu kommt mit Texas Metal Legion eine spezielle All-Star-Band (u.a. Leute von Watchtower, S.A. Slayer, Militia), Solstice, Savage Master, Culprit, Cities und Juggernaut. Dazu werden noch ein weiterer Co-Headliner sowie zwei Headliner kommen. Da wird es spannend, was man aus dem Hut zaubert. Schließlich hat man langsam die größten Kultacts schon hier gehabt, was es schwer machen wird. Aber für eine Überraschung war man hier immer wieder gut. Wir freuen uns drauf! P.S.: Wer an Setlisten der einzelnen Auftritte interessiert ist, der wird über diesen Link zu Setlist.fm fündig: https://www.setlist.fm/search?query=keep+it+true+2018. Mario Karl |
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