Lubomyr Melnyk
Illirion
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Sony Classical veröffentlicht diese neue Platte des ukrainisch-kanadischen Komponisten und Pianisten, der am 22.Dezember 1948 in einem Flüchtlingscamp in der Ukraine geboren wurde und mit seinen Eltern 1950 nach Kanada auswanderte. Heute lebt er in Schweden und Kanada.
Und schon bin ich mittendrin, in einer Flut von Tönen, die mich beim Hören der Platte überschwemmen. Nun, Piano solo – als Jazzfreund bin ich da sicher in einem artfremden Genre unterwegs, denke aber, dass ich meine Meinung werde abgeben können.
Aber letztlich gibt es ja eine Plattform bei Musikliebhabern verschiedener Genres, seitdem Keith Jarrett sein Album “The Köln Concert“ im Jahre 1975 veröffentlichte, eine Platte, die in fast jedem Haushalt stehen dürfte. Insofern mag man der Musik Melnyk’s ein wenig offener entgegenkommen.
So eilen dem Pianisten einige Superlative voraus, zum Beispiel der Umstand, dass er 1985 zwei Weltrekorde aufstellte, die an der Sigtuna Stiftelsen in Schweden filmisch und akustisch dokumentiert wurden. Seitdem gilt er als „schnellster Pianist der Welt“, weil er bewies, 19,5 Noten pro Sekunde zu spielen zu können. Das ist mehr, als das menschliche Ohr überhaupt wahrnehmen kann. Das ist gut, so brauche ich auch nicht zu lauschen, ob ich das nachvollziehen kann.
Das Besondere an dem Komponisten und Pianisten ist sicher, dass er eine eigene Art zu musizieren schuf, von ihm selbst als “Continuous Music“ bezeichnet. Diese neue Klang- und Klaviersprache erzeugt mit den Kompositionen Musik, die sich mit ihren Klangwellen in einem ständigen Fluss befindet. Einflüsse der Minimal Music haben hier Einzug gehalten, verbunden mit spätromantischen Harmonien und Melodien und ein wenig Jazz dazu.
So scheint der Musiker irgendwie zwischen den Stühlen zu stehen, möglicherweise wird er in der oft steifen Welt von Klassik-Liebhabern nicht unbedingt akzeptiert, er wird sicher auch nicht anderweitig einzuordnen sein in gängige Schubladen.
Auf dem neuen Album, seinem Debüt für Sony Classical, gibt es fünf Kompositionen, darunter eine Liveaufnahme(#2). Die meist langen Stücke wirken mitunter hypnotisch und tranceartig, Noten scheinen nicht fassbar zu sein, alles scheint sich aufzulösen und zu verschmelzen zu einem flirrenden Klangkosmos.
So fühlt man sich überflutet von einem gewaltigen Schwall von Tönen, Töne, die nicht klar und eindeutig akzentuiert einwirken, sondern eher einem Wasserfall gleichen, aber ohne dessen mitunter harten und scharfen Klang. Es ist mehr ein sanftes und weiches Rauschen, wenn die Musik über einen Felsen zu stürzen scheint, es klingt, als wären die Töne in Watte getaucht
Doch vergleicht man die Musik dieser Platte mit früheren Veröffentlichungen, dürfte es den meisten Hörern/innen schwer fallen, nun noch Unterscheidungen treffen zu können. Welche Weiterentwicklung soll es auch geben?
Auf der Vorjahresplatte “Rivers and Streams“ waren Gäste beteiligt, ein Gedanke, der wohl für die Zukunft weitergesponnen werden könnte. So sollte sich Melnyk öffnen und annähern. Denn seine spezielle Art der “Continuous Music“ ist immerhin in fast gleicher Ausrichtung seit dem 1979er Album “KMH: Piano Music in the Continuous Mode“ gegenwärtig.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Beyond Romance (16:12)
2 Solitude No. 1 (7:36)
3 Sunset (3:49)
4 Cloud No. 81 (16:02)
5 Illirion (14:12)
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Besetzung |
Lubomyr Melnyk (piano)
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