Lescurel, J. de (Bündgen, P.)
Sämtliche Liebeslieder
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Info |
Musikrichtung:
Mittelalter Ensemble
VÖ: 08.04.2016
(Riccercar / CD / DDD / 2015/ Best. Nr. Ric 366)
Gesamtspielzeit: 76:30
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VERFÜHRERISCH!
700 Jahre alt sind diese Liebeslieder von Jehan de Lescurel (gest. um 1304?) - und doch klingen sie in keiner Weise antiquiert. Lescurel komponierte seine Musik in einer Übergangszeit: Er entwickelt die Tradition der einstimmigen Trouvères weiter zur Mehrstimmigkeit der Ars Nova. Und so werden die einstimmigen Abschnitte in seinen Stücken immer wieder von bis zu dreistimmigen Abschnitten eingefasst oder refrainartig unterbrochen. Erlesen ist die durchsichtige Harmonik dieser meist homophon gesetzten Teile, die sich nicht weniger geschmeidig als die Melodien bewegen. Immer wieder besticht die Eleganz, mit der die reichen "Verzierungen" organisch mit der melodischen Linie verschmelzen. Wiegende und pulsierende Rhythmen verleihen der Lyrik überdies einen unwiderstehlichen tänzerischen Schwung. Die Musik fließt mit Leichtigkeit und verströmt sich wahrhaft verführerisch. Das ist höfische Hochkunst, die einerseits unmittelbar eingängig, andererseits subtil verfeinert ist und das beste der verschiedenen musikalischen Welten ihrer Zeit vereint.
Unterstrichen wird der betörende Eindruck von Lescurels Vorlage durch die Interpretation des Ensemble Céladon, das von dem Countertenor Paulin Bündgen geleitet wird. Bündgen, der eine faszinierend ambigue und zugleich natürlich wirkende Stimme hat, singt auch selbst mit, wobei er jene Stücke übernimmt, deren lyrisches "Ich" männlich ist; die Lieder, die wohl eher von einer "Sie" gesungen werden oder "neutral" sind, hat er mit den unterschiedlichen Sopranen von Anne Delafosse und Clara Coutouly nicht weniger trefflich besetzt; die mehrstimmigen Abschnitte werden von dem Trio gemeinsam bestritten. Die durchgängige Besetzung mit hohen Stimmen führt indes nie zur Eintönigkeit, sondern betont sehr stimmig den lyrischen, duftig-schwebenden Charakter der Musik, die mitunter in den 7. Himmel abzuheben scheint. Es bleibt an den Zuhörenden zu entscheiden, ob sie einem Konzert von Jünger/innen es Liebesgottes oder berauschten Engeln lauschen ...
Auf der Höhe des vokalen Vortrags bewegt sich die improvisierte instrumentale Begleitung aus Fiedel, Harfe, Laute, Flöten, Maultrommel, Schlagzeug. Sie wechselt von Stück zu Stück und verleiht jedem eine zusätzliche, individuelle Farbe, ohne es gleich wieder mit Effekten zu übertreiben. Denn Lescurels Musik benötigt keine massiven Zusätze, um auch die Ohren der heutigen Zuhörer zu erreichen.
Getragen wird die Musik schließlich noch von der dezenten Kirchenakustik des Aufnahmeortes. Auch das Booklet ist tadellos und informativ, allerdings gibt es im Libretto nur eine englische und keine deutsche Übersetzung der Liedtexte.
Kurz: Eine im Ganzen schlichtweg unwiderstehliche Produktion.
Georg Henkel
Besetzung |
Ensemble Céladon
Paulin Bündgen: Countertenor & Leitung
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