Musik an sich


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Bach, J. S. (Haas)

Goldbergvariationen BWV 988


Info
Musikrichtung: Barock Cembalo

VÖ: 20.04.2012

(La dolce volta / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2011 / Best. Nr. LDV 01)

Gesamtspielzeit: 77:08



AKZENTFREI

Der heimliche Star dieser Aufnahme ist das exquisite Original-Cembalo von Henri Hemsch aus dem Jahr 1751. Hemsch war ein Deutscher, der als Cembalobauer in Frankreich reüssierte und von dessen vollkommener Meisterschaft fünf noch erhaltene Instrumente Zeugnis ablegen, darunter dieses auch optisch eindrucksvolle Schmuckstück, auf dem einst vielleicht Jean-Philippe Rameau musiziert hat ...
Frédérick Haas spielt auf diesem Instrument J. S. Bachs Goldbergvariationen und beschwört in seinem Begleittext die inspirierende Wirkung, die von den vielen klanglichen Schattierungsmöglichkeiten des Instruments ausgegangen sei. In der Tat klingt das Hemsch-Cembalo in allen Registern wunderbar ausgewogen, gebietet über eine profunde und zugleich samtige Tiefe, sonore Mittelregister und brillante, aber nicht aufdringliche Höhen. Ein Instrumente, das zu singen vermag – wenn es denn entsprechend gehandhabt wird.
Haas hat schon bei seinem Querschnitt durch das Oeuvre von François Couperin (Alpha) gezeigt, dass er auf den delikaten Barockinstrumenten ebenso kraftvoll wie feinnervig zu musizieren vermag. Bei Bach hat er versucht, das französische Instrument „fehlerfreies Deutsch“ sprechen zu lassen. Was auch immer Haas darunter versteht: Sein Bach klingt klar, präzise, elegant, objektiv – die Musik funkelt und glitzert, die Polyphonie erscheint in feiner Durchzeichnung. Mehr aber, das muss leider gesagt werden, geschieht eigentlich nicht. Die Goldbergvariationen bleiben hier im Ganzen eine recht kühle, beherrschte Angelegenheit. Die Oberfläche der Musik wird gerade einmal leicht aufgeraut; größere interpretatorische Wagnisse, die letztlich dazu dienen, die Komposition auch musikantisch zu beseelen, geht Haas dagegen nicht ein. Dass jede der 30 Variationen nicht nur eine kontrapunktische Miniatur, sondern ein eigene Ausdruckswelt darstellt und das Ganze ein Kaleidoskop der Affekte, das hört man hier einfach zu wenig. Und darüber können auch der schöne Klang des Instruments, die gute Aufnahmetechnik und das schicke Layout des Booklets nicht wirklich hinwegtrösten.



Georg Henkel



Besetzung

Frédérick Haas: Cembalo Henri Hemsch, 1751


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